Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Packung zu überreichen, war sie weg, mit einem Rivalen ohne Sommersprossen und mit elterlichem Trauschein und mit Geld in der Tasche. Nach vier Monaten heiratete er sie und nach weiteren fünf kam ein Baby. Ende der Geschichte.“ „Und dann bist du ausgerückt?“
„Dann bin ich ausgerückt, ja.“
„Und warum eigentlich in ein Reisebüro?“
„Na, ich habe wohl eine gewisse Unruhe im Blut. Von meinem seefahrenden Vater geerbt, vielleicht. Es hat mir immer Spaß gemacht, auf dem Globus zu reisen und Pläne über all die Reisen zu machen, die ich unternehmen möchte. Ich war immer die große Leuchte in Geographie in der Schule, Sprachen lagen mir auch, und beides ist gut, wenn man in einem Reisebüro arbeitet.“
„Und jetzt stehst du da und verhilfst anderen Menschen zu den Reisen, die du selbst nicht unternehmen kannst.“
„Ja, vorläufig. Aber eines Tages fahre ich selbst auch, darauf kannst du dich verlassen. Übrigens macht es mir Spaß, mit so vielen verschiedenen Menschen zu sprechen, ihnen zu helfen - angefangen mit den wohlhabenden Ehepaaren, die Flugreisen nach Australien machen wollen, bis zu den alten Omas, die mit Seniorenkarte nach Hannover fahren und die das als ein enormes Ereignis empfinden.“ „Und welche Kunden ziehst du vor?“
Hartmut lächelte.
„Vorziehen tu ich eigentlich junge Damen, die alte Omas betreuen und mit ihnen nach Norwegen fahren.“
Dann mußte ich lachen.
„Und wie viele Kundinnen aus dieser Kategorie hast du?“
„Bis jetzt nur eine. Übrigens eine, die jetzt auf meinem Luxusfahrzeug Platz nehmen muß, um einigermaßen rechtzeitig zu ihren. Eltern zu kommen.“
Dann saß ich wieder hinter Hartmut und hielt mich an seinen Schultern fest, und dachte über all das nach, was er mir erzählt hatte. Mein eigenes Dasein kam mir so geordnet, so unkompliziert vor. Eigentlich hatte ich es unglaublich gut. So liebe Eltern, und eine schöne Anstellung in Aussicht, und meine jetzige Arbeit gefiel mir eigentlich auch. Verstehe es, wer kann!
„Wir müssen jetzt die nächste Straße rechts abbiegen, Hartmut.“ Gleich darauf waren wir wieder auf der Hauptstraße, fuhren an einer
Bushaltestelle vorbei, und ich bat Hartmut, wieder rechts abzubiegen, dann rief ich: „Halt, da ist ja Vati!“
Hartmut brachte sein „Luxusgefährt“ zum Stehen.
„Hallo, Vati! Hier bin ich! Wolltest du nach mir Ausschau halten?“
„Gerade das wollte ich, wir hatten dich eigentlich mit dem vorigen Bus erwartet.“
„Ich habe heute Privatbeförderung. Dies ist Hartmut Glinde, ein Freund von mir - Hartmut, dies ist mein Vater.“
Händedruck, ein paar freundliche Worte. Ich weiß genau, was Vati dachte: Na, endlich sehe ich meine Alli mit einem jungen Menschen zusammen, Gott sei Dank!
„Ja, dann gehst du wohl mit deinem Vater nach Hause - ich werde also.“
„Kommen Sie doch mit, Herr Glinde“, sagte Vati freundlich. „Der Frühstückstisch ist gedeckt, wir haben reichlich Platz für noch einen.“
Er brauchte Hartmut nicht zweimal zu bitten. Falls Mutti über die Männerbegleitung ihrer Tochter erstaunt war, zeigte sie es jedenfalls nicht. Sie stellte noch einen Teller auf den Tisch, holte noch ein Ei aus dem Kühlschrank und schnitt noch ein paar Scheiben Brot. Dann hatten wir ein sehr gemütliches Sonntagsfrühstück, und Hartmut erzählte, wie wir durch meine vierbeinige Namensschwester uns kennengelernt hatten.
Meine Eltern mochten ihn leiden, das merkte ich. Er war auch so herrlich geradeaus und unkompliziert, immer für einen Scherz zu haben - und gleichzeitig so höflich, wie die ältere Generation es bei der Jugend schätzt. Ob er diese Höflichkeit wohl in seinem Beruf gelernt hatte? In der kurzen Lehrzeit beim Großvater und nachher im Reisebüro?
Er blieb den ganzen Tag bei uns.
Er ging mit Vati in den Garten, und die beiden Männer pflückten Erdbeeren zum Nachtisch, während Mutti und ich uns über meine bevorstehende Reise unterhielten. Er trocknete ab beim Abwaschen, während ich in Vatis Zimmer gute Ratschläge über mich ergehen ließ.
Er half, den Kaffeetisch im Garten zu decken und zeigte sich hoch begeistert über Muttis selbstgebackenen Kuchen. Ein durch und durch schöner Tag.
Beim Abschied baten meine Eltern ihn wiederzukommen, er sei immer willkommen. Und dann rollten wir zurück in die Stadt, und ich wurde zehn Minuten vor der verabredeten Zeit - Frau Felsdorf wurde um halb zehn nach Hause gebracht, dann mußte ich da sein -plangemäß vor dem
Weitere Kostenlose Bücher