Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Schwiegertochter einmal pro Woche und bringt sie schrankfertig zurück. „Wir haben es nicht gewagt, hier eine Waschmaschine zu installieren“, erklärte sie. „Omi würde womöglich rangehen und an allen Knöpfen drehen und das Ding kaputtmachen. Das Kochen ist kein Problem“, versicherte Frau Felsdorf junior. „Unsere Omi weiß nie, was sie am vorhergehenden Tag gegessen hat, Sie können seelenruhig am Dienstag die Reste vom Montag auftischen.“
Also nur ganz leichte Arbeit. Das wichtigste war, daß ich immer da war und immer aufpaßte, vor allem, daß meine liebenswürdige kleine Brötchengeberin nicht allein auf die Straße ging.
Wieder mußte ich lächeln. Meinen Namen hatte ich schon weg. Frau Felsdorf würde mich bestimmt nur „Spatz“ nennen.
Falls sie es nicht inzwischen vergessen hatte!
Jetzt war ich also beim Kofferpacken. Da kam Mutti mit einem Stoß Wäsche auf dem Arm.
„Hier, Kindchen, sind deine Küchenschürzen, frisch geplättet. Hast du deine Strumpfhosen durchgesehen? Alle heil? Den roten Pulli habe ich dir gewaschen, nimm ihn lieber mit, es können noch kühle Tage kommen.“
„Ach, Mutti, ich fahre doch nicht zum Südpol! Sollte mir etwas fehlen, kann ich es doch an meinen freien Tagen holen.“
„Ja, Gott sei Dank“, sagte Mutti, „daß du hier in der Stadt bleibst, meine ich. Aber trotzdem, es wird leer werden im Haus. Alle vier Kinder weg - ich werde ja direkt arbeitslos!“
Ja, meine Brüder waren schon seit Jahren selbständig und aus dem Hause. Oscar wohnte mit Frau und zwei Töchtern in Aachen, wo er an der Technischen Hochschule unterrichtete. Siegwart war im Rahmen der Entwicklungshilfe in Afrika tätig, und Detlef hatte die Fotofachschule besucht, eine Kollegin geheiratet, und jetzt hatten die beiden die Fotodrogerie seines Schwiegervaters in Frankfurt übernommen. Die Erbfolge war auch gesichert, der werdende Fotodrogist hatte es allerdings bis jetzt nicht weiter als zum Kindergarten gebracht und teilte immer mit, daß er Busfahrer werden wollte. Aber seine Zukunftspläne konnten sich ja noch ändern.
Die Nutznießer waren wir. Mein guter Bruder versorgte uns großzügig mit Waschmitteln, Toilettenartikeln und Filmen. Nichts geht über einen guten Drogisten in der Familie! Aber zurück zu Mutti und mir.
„Weißt du, Alli, eigentlich habe ich nur eine Sorge, was deine neue Aufgabe betrifft“, sagte Mutti.
„Welche denn? Meinst du, daß die Tütterigkeit von Frau Felsdorf
mich anstecken könnte?“ Mutti lächelte.
„Nicht gerade das. Aber ich denke daran, daß du in der letzten Zeit nur mit alten Menschen zusammengekommen bist, Kind. Du warst immer so fröhlich, als Schulmädchen hattest du unzählige Freundinnen, du machtest Ausflüge und gingst zu Partys - und jetzt? Jetzt hockst du hier zu Hause bei deinen alten Eltern, und wenn nun endlich eine Veränderung eintritt, ist es keine Veränderung. Du kommst wieder zu einer uralten Frau.“
„Es ist etwas dran, Mutti“, gab ich zu. „Aber weißt du, ich glaube, daß all die Monate bei Momo eine große Rolle spielen, ich habe mich wohl geändert, vielleicht bin ich ernster geworden? Und das mit den Freundinnen - du weißt, nach der Schule kommt man auseinander. Alle kriegen neue Interessen, ein paar von ihnen haben auswärts Arbeit bekommen, und die, die ich am liebsten als Herzensfreundin behalten hätte.“
„Du meinst die Käthe?“
„Ja, klar. Aber sie kam in diese höhere Töchterschule in der Schweiz, weißt du - nur in der ersten Zeit haben wir einander geschrieben, dann wurde es immer seltener - nun ja, wie es so ist -dann kam die Zeit bei Momo, und damals dachte ich an nichts anderes als an sie. Aber weißt du, ich werde Käthe wieder schreiben, vielleicht kommt sie bald nach Hause, es wäre schön, wenn wir uns wiederfänden.“
„Jedenfalls wünsche ich sehr, daß du wieder Kontakt mit jungen Menschen kriegst“, sagte Mutti. „Siehst du, alles ist ein bißchen verrückt gewesen mit dir. Deine Eltern sind alt, doch, mein Kind, das sind wir, ich war achtunddreißig und Vati fünfundvierzig, als du geboren wurdest. Deine Brüder sind viel älter als du - immer warst du mit Menschen zusammen, die eigentlich zu alt für dich waren. Dann Momo, und jetzt, wo du dich selbständig machst, kriegst du eine achtzigjährige Chefin!“
„Nur halb so schlimm, Mutti“, tröstete ich. „In einem Jahr werde ich andauernd mit sehr jungen Menschen zu tun haben, außerordentlich jung sogar - von
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