Sämtliche Dramen
ihr funkelnd Auge
Und schmäht, worauf sie blickt: so hoch im Preise
Stellt sie den eignen Witz, daß alles andre
Ihr nur gering erscheint: sie kann nicht lieben,
Noch Bild und Form der Neigung in sich prägen,
So ist sie in sich selbst vergafft.
Ursula
.
Gewiß,
Und darum wär’s nicht gut, erführe sie’s,
Wie er sie liebt; sie würd’ ihn nur verspotten.
Hero
.
Da sagst du wahr. Ich sah noch keinen Mann,
So klug, so jung und brav, so schön gebildet,
Sie münzt ihn um ins Gegenteil. Wenn blond,
So schwur sie, sollt’ er ihre Schwester heißen.
Wenn schwarz, hatt’ einen Harlekin Natur
Sich zeichnend, einen Tintenfleck gemacht:
Schlank, war’s ein Lanzenschaft mit schlechtem Kopf,
Klein, ein Agatbild, ungeschickt geschnitzt:
Sprach er, ein Wetterhahn für alle Winde,
Schwieg er, ein Block, den keiner je bewegt.
So kehrt sie stets die falsche Seit’ hervor,
Und gibt der Tugend und der Wahrheit nie,
Was Einfalt und Verdienst erwarten dürfen.
Ursula
.
Gewiß, so scharfer Witz macht nicht beliebt.
Hero
.
O nein! So schroff, so außer aller Form,
Wie’s Beatrice liebt, empfiehlt wohl nie.
Wer aber darf ihr’s sagen? Wollt’ ich reden,
Ich müßt’ an ihrem Spott vergehn: sie lachte
Mich aus mir selbst, erdrückte mich mit Witz.
Mag Benedikt drum wie verdecktes Feuer
In Seufzern sterben, innen sich verzehren:
Das ist ein beßrer Tod, als tot gespottet,
Was schlimmer ist, als tot gekitzelt werden.
Ursula
.
Erzählt’s ihr doch: hört, was sie dazu sagt!
Hero
.
Nein, lieber geh’ ich selbst zu Benedikt
Und rat’ ihm, seine Leidenschaft zu zähmen.
Und wahrlich, ein’ge ehrliche Verleumdung
Auf meine Muhm’ ersinn’ ich. Niemand glaubt,
Wie leicht ein böses Wort die Gunst vergiftet.
Ursula
.
Tut Eurer Muhme nicht so großes Unrecht!
Sie kann nicht alles Urteil so verleugnen,
Mit so viel schnellem, scharfem Witz begabt
(Als man sie dessen rühmt), zurück zu weisen
Solch seltnen Kavalier als Signor Benedikt.
Hero
.
In ganz Italien sucht er seines Gleichen:
Versteht sich, meinen Claudio ausgenommen.
Ursula
.
Ich bitt’ Euch, zürnt mir deshalb nicht, mein Fräulein:
Nach meiner Ansicht glaub’ ich, Signor Benedikt
Zählt an Gestalt und Haltung, Geist und Mut
In unserm Welschland zu den ersten Männern.
Hero
.
Gewiß, er ist von hochbewährtem Ruf.
Ursula
.
Den ihm sein Wert verdient, eh’ er ihn hatte.
Wann macht Ihr Hochzeit, Fräulein?
Hero
.
Nun, allernächstens; morgen wohl. Jetzt komm,
Ich will dir Kleider zeigen; rate mir,
Was morgen mich am besten schmücken wird.
Ursula
.
Die klebt am Leim: Ihr fingt sie, dafür steh’ ich.
[
Hero
.
] So bringt ein Zufall Amorn oft Gelingen:
Den trifft sein Pfeil, den fängt er sich mit Schlingen.
Beide ab.
Beatrice
kommt hervor.
Welch Feu’r durchströmt mein Ohr. Ist’s wirklich wahr?
Wollt ihr mir Spott und Hohn so scharf verweisen?
Leb wohl denn, Mädchenstolz, auf immerdar,
Mich lüstet nimmermehr nach solchem Preisen.
Und, Benedikt, lieb’ immer: so gewöhn’ ich
Mein wildes Herz an deine teure Hand:
Sei treu, und, Liebster, deine Treue krön’ ich,
Und unsre Herzen bind’ ein heil’ges Band!
Man sagt, du bist es wert, und ich kann schwören,
Ich wußt’ es schon, und besser, als vom Hören.
Ab.
¶
Zweite Szene
[Zimmer in Leonatos Hause.]
Don Pedro, Claudio, Benedikt und Leonato.
Don Pedro
. Ich bleibe nur noch, bis Eure Hochzeit vorüber ist, und gehe dann nach Aragon zurück.
Claudio
. Ich will Euch dahin begleiten, mein Fürst, wenn Ihr mir’s vergönnen wollt.
Don Pedro
. Nein, das hieße, den neuen Glanz Eures Ehestands eben so verderben, als einem Kinde sein neues Kleid zeigen und ihm verbieten, es zu tragen. Ich will mir nur Benedikts Gesellschaft erbitten, denn der ist von der Spitze seines Scheitels bis zur Sohle seines Fußes lauter Fröhlichkeit. Er hat Cupidos Bogensenne zwei- oder dreimal durchgeschnitten, und der kleine Henker wagt seitdem nicht mehr, auf ihn zu schießen. Er hat ein Herz, so gesund und ganz wie eine Glocke, und seine Zunge ist der Klöpfel, denn was sein Herz denkt, spricht seine Zunge aus.
Benedikt
. Ihr Herrn, ich bin nicht mehr, der ich war.
Leonato
. Das sag’ ich auch: mir scheint, Ihr seid ernster.
Claudio
. Ich hoffe, er ist verliebt.
Don Pedro
. Fort mit dem unnützen Menschen! – Es ist kein so wahrer Blutstropfen in ihm, daß er durch eine Liebe wahrhaft gerührt werden könnte; ist er ernst, so fehlt’s ihm
Weitere Kostenlose Bücher