Sämtliche Dramen
Menschen, der nur einige Redlichkeit im Leibe hat.
Schlehwein
. Wenn Ihr ein Kind in der Nacht weinen hört, so müßt Ihr der Amme rufen, daß sie’s stillt.
Zweite Wache
. Wenn aber die Amme schläft und uns nicht hört?
Holzapfel
. Nun, so zieht in Frieden weiter und laßt das Kind sie mit dem Schreien wecken. Denn wenn das Schaf sein Lamm nicht hören will, das da bäh schreit, so wird’s auch keinem Kalbe antworten, wenn’s blökt.
Schlehwein
. Das ist sehr wahr.
Holzapfel
. Dies ist das Ende Eurer Destruktion: Ihr, Konstabel, sollt jetzt den Prinzen in eigner Person presentieren: wenn Ihr dem Prinzen in der Nacht begegnet, könnt Ihr ihn stehen heißen.
Schlehwein
. Nein, mein’ Seel’, das kann er doch wohl nicht.
Holzapfel
. Fünf Schillinge gegen einen: jedermann, der die Konstipation dieser Bürgerwache kennt, muß sagen, er kann ihn stehn heißen: aber zum Henker, versteht sich, wenn der Prinz Lust hat: denn freilich, die Wache darf niemand beleidigen, und es ist doch eine Beleidigung, jemand gegen seinen Willen stehn zu heißen.
Schlehwein
. Sapperment, das denk’ ich auch.
Holzapfel
. Ha, ha, ha! – Nun, Leute, gute Nacht! Sollte irgendeine Sache von Wichtigkeit passieren, so ruft nach mir. Nehmt Euren und Eures Kameraden Verstand zusammen, und so schlaft wohl! Kommt, Nachbar!
Zweite Wache
. Nun, Leute, wir wissen jetzt, was unsres Amtes ist: kommt und setzt euch mit auf die Kirchenbank bis um zwei Uhr, und dann zu Bett!
Holzapfel
. Noch ein Wort, ehrliche Nachbarn! Ich bitte euch, wacht doch vor Signor Leonatos Türe, denn weil’s da morgen eine Hochzeit gibt, so wird heut abend viel Spektakel sein. Gott befohlen! Nun, gute Addition! das bitte ich euch.
Holzapfel und Schlehwein ab.
Borachio und Konrad kommen.
Borachio
. He, Konrad!
Erste Wache
. Still! Rührt Euch nicht! –
Borachio
. Konrad, sag’ ich!
Konrad
. Hier, Mensch! ich bin an deinem Ellbogen.
Borachio
. Zum Henker, mein Ellbogen juckte mir auch, ich wußte wohl, daß das die Krätze bedeuten würde.
Konrad
. Die Antwort darauf will ich dir schuldig bleiben; nun nur weiter in deiner Geschichte.
Borachio
. Stelle dich nur hart unter dieses Vordach, denn es fängt an zu regnen; und nun will ich dir, wie ein redlicher Trunkenbold, alles offenbaren.
Erste Wache
. Irgendeine Verräterei, Leute! Steht aber stockstill!
Borachio
. Wisse also, ich habe tausend Dukaten von Don Juan verdient.
Konrad
. Ist’s möglich, daß eine Schurkerei so teuer sein kann?
Borachio
. Du solltest lieber fragen, ob’s möglich sei, daß ein Schurke so reich sein könne: denn wenn die reichen Schurken der armen bedürfen, so können die armen fodern, was sie wollen.
Konrad
. Das wundert mich.
Borachio
. Man sieht wohl, du bist noch kein Eingeweihter, du solltest doch wissen, daß die Mode eines Mantels, eines Wamses oder eines Huts für einen Mann so viel als nichts ist.
Konrad
. Nun ja, es ist die Kleidung.
Borachio
. Ich meine aber die Mode.
Konrad
. Ja doch, die Mode ist die Mode.
Borachio
. Ach was, das heißt ebenso viel als ein Narr ist ein Narr. Aber siehst du denn nicht, was für ein mißgestalter Schelm diese Mode ist?
Erste Wache
. Ei! den Herrn Mißgestalt kenne ich: der hat nun an die sieben Jahr das Schelmenhandwerk mitgemacht und geht jetzt herum wie ein vornehmer Herr; ich besinne mich auf seinen Namen.
Borachio
. Hörtest du nicht eben jemand?
Konrad
. Nein, es war die Fahne auf dem Hause.
Borachio
. Siehst du nicht, sag’ ich, was für ein mißgestalter Schelm diese Mode ist? Wie schwindligt er alle das hitzige, junge Blut zwischen vierzehn und fünfunddreißig herumdreht? Bald stutzt er sie dir zu, wie Pharaos Soldaten auf den schwarzgeräucherten Bildern, bald wie die Priester des Bel zu Babel auf den alten Kirchenfenstern, bald wie den kahl geschornen Herkules auf den braunen, wurmstichigen Tapeten, wo sein Hosenlatz so groß ist als seine Keule.
Konrad
. Kann sein, ich sehe auch, daß die Mode mehr Kleider aufträgt als der Mensch. Aber hat sie dich denn nicht auch schwindligt gemacht, daß du von deiner Erzählung abgekommen bist, um mir von der Mode vorzufaseln?
Borachio
. Nicht so sehr, als du denkst. Wisse also, daß ich diese Nacht mit Margareten, Fräulein Heros Kammermädchen, unter Heros Namen ein Liebesgespräch geführt; daß sie sich aus ihres Fräuleins Fenster zu mir heruntergeneigt und mir tausendmal gute Nacht gewünscht hat: oh, ich erzähle dir die Geschichte erbärmlich: – ich hätte
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