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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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solchem Sünder sein Gedächtnis macht,
    Daß es der eignen Lüge traut – er glaubte,
    Er sei der Herzog selbst, durch seine Stellvertretung
    Und freies Walten mit der Hoheit äußerm Schein
    Samt jedem Vorrecht; dadurch wuchs sein Ehrgeiz –
    Hörst du?
    Miranda
.
    Herr, die Geschichte könnte Taubheit heilen.
    Prospero
.
    Um keine Scheid’wand zwischen dieser Rolle
    Und dem zu sehn, für welchen er sie spielte,
    Nimmt er sich vor, der unumschränkte Mailand
    Durchaus zu sein. Mich armen Mann – mein Büchersaal
    War Herzogtums genug –, für weltlich Regiment
    Hält er mich ungeschickt; verbündet sich
    (So lechzt’ er nach Gewalt) mit Napels König,
    Tribut zu zahlen, Huldigung zu tun,
    Den Fürstenhut der Krone zu verpflichten,
    Sein freies Herzogtum – ach, armes Mailand! –
    Zu schnödem Dienst zu beugen.
    Miranda
.
    Guter Himmel!
    Prospero
.
    Hör’, was er sich bedungen, und den Ausgang:
    Dann sag mir, ob das wohl ein Bruder war.
    Miranda
.
    Ich sündigte, wenn ich von Eurer Mutter
    Nicht würdig dächte: mancher edle Schoß
    Trug schlechte Söhne schon.
    Prospero
.
    Nun die Bedingung.
    Der König Napels, mein geschworner Feind,
    Horcht dem Gesuche meines Bruders: nämlich
    Er sollte, gegen die versprochnen Punkte
    Von Lehnspflicht, und ich weiß nicht wie viel Zins,
    Mich und die Meinen gleich vom Herzogtum
    Austilgen und zu Lehn das schöne Mailand
    Samt allen Würden meinem Bruder geben.
    Drauf, als man ein Verräterheer geworben,
    In einer Nacht, erkoren zu der Tat,
    Schloß nun Antonio Mailands Tore auf,
    Und in der mitternächt’gen Stille rissen
    Die Diener seines Anschlags uns hinweg,
    Mich und dich weinend Kind.
    Miranda
.
    Ach, welch ein Jammer!
    Ich, die vergessen, wie ich damals weinte,
    Bewein’ es jetzt aufs neu’; es ist ein Wink,
    Der Tränen mir erpreßt.
    Prospero
.
    Hör’ noch ein wenig,
    Dann bring’ ich dich auf das Geschäft, das jetzt
    Uns vorliegt, ohne welches die Geschichte
    Sehr unnütz wär’.
    Miranda
.
    Warum nicht brachten sie
    Zur Stund’ uns um?
    Prospero
.
    Ja, Mädchen, gut gefragt!
    Das Vor’ge heischt den Zweifel. Kind, sie wagten’s nicht
    (So treue Liebe trug das Volk zu mir),
    Der Tat solch blutig Siegel aufzudrücken,
    Und schminkten schöner den verruchten Zweck.
    Sie rissen uns an eines Schiffleins Bord,
    Dann ein paar Meilen seewärts; nahmen dort
    Ein faul Geripp’ von Boot, ganz abgetakelt,
    Kein Mast noch Segel; selbst die Ratzen hatten’s
    Aus Furcht geräumt: da laden sie uns aus,
    Zu weinen ins Gebrüll der See, zu seufzen
    Den Winden, deren Mitleid, wieder seufzend,
    Nur liebend weh uns tat.
    Miranda
.
    Ach, welche Not
    Macht’ ich Euch damals!
    Prospero
.
    Oh, ein Cherubim
    Warst du, der mich erhielt! Du lächeltest,
    Beseelt mit Unerschrockenheit vom Himmel,
    Wann ich, die See mit salzen Tropfen füllend,
    Ächzt’ unter meiner Last; und das verlieh
    Mir widersteh’nde Kraft, um auszuhalten,
    Was auch mir widerführ’.
    Miranda
.
    Wie kamen wir an Land?
    Prospero
.
    Durch Gottes Lenkung.
    Wir hatten etwas Speis’ und frisches Wasser,
    Das uns ein edler Neapolitaner,
    Gonzalo, zum Vollbringer dieses Plans
    Ernannt, aus Mitleid gab, nebst reichen Kleidern,
    Auch Leinwand, Zeug und allerlei Gerät,
    Das viel seitdem genützt: so, aus Leutseligkeit,
    Da ihm bekannt, ich liebe meine Bücher,
    Gab er mir Bänd’ aus meinem Büchersaal,
    Mehr wert mir als mein Herzogtum.
    Miranda
.
    O könnt’ ich
    Den Mann je sehen!
    Prospero
.
    Jetzt erheb’ ich mich.
    Bleib’ still und hör’ das Ende unsrer Seenot:
    Zu diesem Eiland kamen wir, und hier
    Hab’ ich, dein Meister, weiter dich gebracht,
    Als andre Fürsten können, bei mehr Muße
    Zu eitler Lust und minder treuen Lehrern.
    Miranda
.
    Der Himmel lohn’ Euch das! Und nun, ich bitt’ Euch
    (Denn stets noch tobt mir’s im Gemüt): Warum
    Erregtet Ihr den Sturm?
    Prospero
.
    So viel noch wisse:
    Durch seltne Schickung hat das güt’ge Glück,
    Jetzt meine werte Herrin, meine Feinde
    An diesen Strand gebracht; mir zeigt die Kunde
    Der Zukunft an, es hänge mein Zenit
    An einem günst’gen Stern: versäum’ ich’s jetzt
    Und buhl’ um dessen Einfluß nicht, so richtet
    Mein Glück sich nie mehr auf. – Hier laß dein Fragen.
    Dich schläfert: diese Müdigkeit ist gut,
    Und gib ihr nach! – Ich weiß, du kannst nicht anders.
    Miranda schläft.
    Herbei, mein Diener! Komm! Ich bin bereit.
    Nah’ dich, mein Ariel! Komm!
    Ariel kommt.
    Ariel
.
    Heil, großer Meister! Heil dir,

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