Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
mir ein Kind zeigen, von deinem Schoß geboren, zu dem ich Vater bin; dann nenne mich Gemahl; aber dieses ›dann‹ ist so viel als ›nie‹.«
    Das ist ein harter Spruch!
    Gräfin
.
    Habt ihr den Brief gebracht, ihr Herrn?
    Erster Edelmann
.
    Ja, Gräfin;
    Um solchen Inhalt reut uns unsre Müh’.
    Gräfin
.
    Ich bitt’ dich, Liebe, fasse bessern Mut!
    Leg’ nicht Beschlag auf alles Leid für dich,
    Sonst raubst du meine Hälfte. Er war mein Sohn;
    Allein ich wasch’ ihn weg aus meinem Blut
    Und nenne dich mein einzig Kind. Nach Florenz
    Ist er gegangen?
    Zweiter Edelmann
.
    Ja.
    Gräfin
.
    Im Feld zu dienen?
    Zweiter Edelmann
.
    Das ist sein edler Vorsatz; und gewiß,
    Der Herzog wird ihm alle Her’ erweisen,
    Die ihm gebührt.
    Gräfin
.
    Kehrt ihr dahin zurück?
    Erster Edelmann
.
    Ja, Gräfin, mit der Eile schnellstem Flug.
    Helena
.
    »Bis ich kein Weib hab’, hab’ ich nichts in Frankreich.«
    ’s ist bitter!
    Gräfin
.
    Schreibt er das?
    Helena
.
    Ja, gnäd’ge Frau.
    Erster Edelmann
.
    Vielleicht ’ne Kühnheit nur der Hand, von der
    Sein Herz nichts weiß.
    Gräfin
.
    Bis er kein Weib hat, hat er nichts in Frankreich?
    Ich weiß in Frankreich nichts zu gut für ihn,
    Als sie allein; und ihr gebührt ein Mann,
    Dem zehn so rohe Knaben dienen sollten,
    Sie stündlich Herrin nennend. Wer war mit ihm?
    Erster Edelmann
.
    Nur ein Bedienter, und ein Kavalier,
    Den ich seit kurzem kenne.
    Gräfin
.
    Ist’s Parolles?
    Erster Edelmann
.
    Ja, gnäd’ge Frau.
    Gräfin
.
    Ein sehr verrufner Bursch, und voller Bosheit;
    Mein Sohn verdirbt sein gut geartet Herz
    Durch seinen schlechten Rat.
    Erster Edelmann
.
    Recht, edle Gräfin.
    Der Bursch hat viel zu viel von dem, was hindert,
    Daß viel aus ihm je werde.
    Gräfin
.
    Seid willkommen,
    Ihr Herrn! Ich bitt’ euch, sagt doch meinem Sohn,
    Es könn’ ihm nie sein Schwert die Her’ erringen,
    Die er verliert; noch Weitres bitt’ ich euch
    Ihm schriftlich einzuhänd’gen.
    Zweiter Edelmann
.
    Zählt auf uns,
    Euch hierin wie im Wichtigsten zu dienen!
    Gräfin
.
    Nicht dienen – wir wollen Freunde sein.
    Wollt ihr nicht näher treten?
    Die Gräfin und die beiden Edelleute gehn ab.
    Helena
.
    »Bis ich kein Weib hab’, hab’ ich nichts in Frankreich.«
    Er hat in Frankreich nichts, bis er kein Weib hat!
    Du sollst keins haben, Bertram, keins in Frankreich:
    Dann hast du wieder alles. Armer Graf!
    Bin ich’s, die dich aus deiner Heimat jagt,
    Der Glieder zarten Bau dem Zufall preis gibt
    Des schonungslosen Kriegs? Bin ich’s, die dich
    Vertreibt vom lust’gen Hof, wo schöne Augen
    Nach dir gezielt, und jetzt im Schuß zu stehn
    Dampfender Feuerschlünd’? O bleir’ne Boten,
    Die auf des Blitzes Hast verwundend fahren,
    Fliegt andre Bahn; teilt die gleichgült’ge Luft,
    Die singt, wenn ihr sie trefft! Nicht ihn berührt!
    Wer nach ihm schießt, den hab’ ich hingestellt.
    Wer anlegt auf sein heldenmütig Herz,
    Den hab’ ich Meuchelmörderin gedungen;
    Und töt’ ich ihn nicht selbst, war ich doch Ursach’,
    Daß solcher Tod ihn traf. Viel besser wär’s,
    Den Löwen fänd’ ich, wenn er schweifend brüllt
    Im scharfen Drang des Hungers; besser wär’s,
    Daß alles Elend, das Natur umfaßt,
    Mein würd’ auf eins . Kehr’ wieder, Roussillon,
    Von dort, wo Her’ aus der Gefahr sich meist
    Nur Narben holt und alles oft verliert.
    Ich geh’: mein Bleiben hält von hier dich fern,
    Und dazu blieb’ ich? Nimmermehr! Ob auch
    Des Paradieses Luft dies Haus umwehte
    Und Engel drin mir dienten. Ich will gehn.
    Meld’ ihm, Gerücht, mitleidig, daß ich floh,
    Und tröst’ ihn! Komm, o Nacht! Mit Tags Entweichen
    Will ich, ein armer Dieb, von hier mich schleichen.
    Ab.
    ¶

Dritte Szene
    Florenz.
    Trompetenstoß. Es treten auf der Herzog von Florenz, Bertram, Parolles, Soldaten mit Trommeln und kriegerischer Musik.
    Herzog
.
    Sei du Anführer unsrer Reiter; wir,
    An Hoffnung reich, vertraun mit gläub’ger Liebe
    Auf dein verheißend Glück.
    Bertram
.
    Mein Fürst, es ist
    ’ne Last, zu schwer für meine Kraft; doch streb’ ich,
    Für Eure würd’ge Sache sie zu tragen
    Bis an der Wagnis fernste Grenze.
    Herzog
.
    Geh dann,
    Und Glück umflattre deinen Siegerhelm
    Als schützende Gebiet’rin!
    Bertram
.
    Großer Mars!
    Noch heut tret’ ich in deine Kriegerreih’n;
    Laß stark mich werden, wie mein Sinn: dann fass’ ich
    Das Schlachtschwert liebend, und die Liebe hass’ ich.
    Alle gehn ab.
    ¶

Vierte Szene
    Roussillon.
    Es treten auf

Weitere Kostenlose Bücher