Sämtliche Dramen
dahin ist. Faßt Euch in Geduld;
So sag’ ich nichts mehr.
Leontes
.
Nein, du sprachst nur gut,
Als du die Wahrheit sprachst, und lieber ist mir’s
Als dies dein Mitleid. Bitte, führe mich
Hin zu der Kön’gin Leich’ und meines Sohnes:
Ein Grab vereine beid’; auf ihm erscheine
Die Ursach’ ihres Todes, uns zur Schmach
Für alle Zeiten; einmal Tags besuch’ ich
Die Gruft, die sie verschließt, und Tränen, dort vergossen.
Sind dann mein einz’ges Labsal: und so lange
Natur ertragen kann die heil’ge Feier,
Gelob’ ich, täglich sie zu halten. Komm
Und führe mich zu diesen bittem Schmerzen!
Alle ab.
¶
Dritte Szene
Böhmen, eine wüste Gegend am Meer.
Antigonus tritt auf mit dem Kinde und ein Matrose.
Antigonus
.
Bist du gewiß, daß unser Schiff gelandet
An Böhmens Wüstenei’n?
Matrose
.
Ja, Herr, doch fürcht’ ich,
Zur schlimmen Stunde: düster wird die Luft
Und droht mit bald’gem Sturm. Auf mein Gewissen,
Der Himmel zürnt auf das, was wir hier tun,
Und blickt uns drohend an.
Antigonus
.
Geschen’ sein heil’ger Wille! – Geh an Bord,
Sieh nach dem Boot: nicht lange soll es währen,
So bin ich dort.
Matrose
.
Eilt, was Ihr könnt, und geht nicht
Zu weit ins Land: gewiß kommt bald ein Wetter,
Auch ist die Gegend hier herum verrufen,
Der wilden Tiere wegen.
Antigonus
.
Geh du fort:
Ich folge gleich.
Matrose
.
Ich bin von Herzen froh,
Daß dies nicht mein Geschäft.
Er geht ab.
Antigonus
.
Komm, armes Kind: –
Ich hörte wohl, doch glaubt’ ich’s nicht, die Geister
Verstorbner gingen um: wenn’s wahr, erschien mir
Heut nacht wohl deine Mutter, denn kein Traum
Gleicht so dem Wachen. Zu mir kommt ein Wesen,
Das Haupt bald rechts, bald links hinab gesenkt;
Nie sah ich ein Gefäß so voll von Gram,
Und lieblich doch; in glänzend weißen Kleidern,
Wie Reinheit selbst, trat sie in die Kajüte,
Worin ich schlief. Dreimal sich vor mir neigend,
Wie um zu sprechen, seufzt’ sie tief, da wurden
Zwei Quellen ihre Augen: als erschöpft
Der inn’ge Schmerz, sieh, da vernehm’ ich dies:
»Mein Freund Antigonus,
Da dich das Schicksal, gegen bessern Willen,
Erwählt hat, daß durch dich mein armes Kind,
So wie du schwurst, hinaus geworfen werde, –
Einsamer Stellen gibt’s in Böhmen viel,
Dort klag’, und lass’ es weinend; und da jeder
Das Kind verloren gibt für immer, nenne
Sie Perdita; für diese Grausamkeit,
Die dir mein Gatte auftrug, siehst du nie
Dein Weib Paulina wieder.« – So, mit Wimmern
Zerschmolz in Luft sie. Das Entsetzen wich,
Ich fand mich langsam wieder, dachte, wirklich
Sei alles und nicht Schlaf; Tand sind die Träume:
Doch für dies eine Mal, ja, abergläubig
Tu’ ich, was dieser mir befahl. Ich glaube,
Den Tod erlitt Hermione, und daß
Apoll gebeut, weil wirklich dies ein Sprößling
Polyxenes’, daß ich hieher ihn lege,
Zum Leben oder Tod, auf diesen Boden
Des wahren Vaters. – Kindchen, geh’ dir’s gut!
Er legt das Kind hin.
Hier lieg’, und hier dein Name; hier auch dies,
Er legt ein Paket hin.
Das, will’s das Glück, dich wohl mag auferziehn
Und dein verbleiben. – Der Sturm beginnt: – du Ärmstes.
So ausgesetzt für deiner Mutter Sünde,
Dem Tod und jedem Leid! – Ich kann nicht weinen,
Doch blutet mir das Herz; wie schlimm, daß mich
Ein Eid hiezu verdammt hat. – Fahre wohl!
Der Tag wird trüb und trüber: du kriegst wahrlich
Ein rauhes Wiegenlied; ich sah noch nie
Die Luft so schwarz am Tag. Welch wild Geschrei!
Wär’ ich am Bord! – Das Tier, ha, das sie jagen!
Weh mir, ich bin verloren!
Er entflieht, von einem Bären verfolgt.
Ein alter Schäfer tritt auf.
Der alte Schäfer
. Ich wollte, es gäbe gar kein Alter zwischen zehn und dreiundzwanzig, oder die jungen Leute verschliefen die ganze Zeit: denn dazwischen ist nichts, als den Dirnen Kinder schaffen, die Alten ärgern, stehlen, balgen. – Hört nur! – Wer anders als solche Brauseköpfe zwischen neunzehn und zweiundzwanzig würden wohl in dem Wetter jagen? Sie haben mir zwei von meinen besten Schafen weggescheucht, und ich fürchte, die wird der Wolf eher wieder finden als der Herr; sind sie irgendwo, so ist es nach der Küste hin, wo sie den Efeu abweiden. Gutes Glück, so es dein Wille ist – aber was haben wir hier? Er findet das Kind. Gott sei uns gnädig, ein Kind, ein sehr hübsches Kind! Ob es wohl ein Bube oder ein Mädel ist? Ein hübsches, ein sehr hübsches Ding, gewiß so ein heimlich
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