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Minuszeit

Minuszeit

Titel: Minuszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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1.
     
    Das Feuer war während der frühen Morgenstunden in einem angeblich feuersicheren Lagerraum ausgebrochen, und ein Haufen Abfälle war fast ganz verbrannt. Der Schaden war minimal – einer der Eisenträger, die das Wellblechdach stützten, war rauchgeschwärzt, desgleichen einige Quadratmeter Betonboden. An sich war der Vorfall unbedeutend, aber es gehörte zu Carsons Aufgaben als Hart-Ewings Werkschutzleiter, herauszufinden, wie und warum Brände entstanden, selbst wenn sie keinen Schaden anrichteten.
    Als er fröstelnd und mißmutig an Ort und Stelle erschien, versicherten ihm alle, es sei unwichtig und nicht der Mühe wert. Carson ignorierte sie ebenso höflich wie fest. Wie gewöhnlich wurde seine Höflichkeit als Schwäche ausgelegt und seine Festigkeit als ein sturer Zug in einer sonst unfähigen Persönlichkeit. Man nannte ihn einen kleinkarierten Schnüffler, nicht selten in seiner Hörweite.
    Dies bekümmerte ihn nicht sehr, denn nach seiner Meinung war ein Mensch, der sich nicht für alles interessierte, was um ihn vorging, eine Anomalie.
    Das Feuer war kurz nach halb zwei Uhr früh von Wachmann Sands entdeckt worden. Um diese Zeit war es fast niedergebrannt, und Sands hatte die schwelenden Reste der Glut mit einem Schaumlöscher erstickt. Dann hatte er den Werkschutzleiter angerufen. Obwohl es keinen wirklichen Grund gegeben hatte, seinen Nachtschlaf zu opfern, war Carson sofort ins Werk gekommen; er wollte sich vergewissern, ob der Vorfall so unbedeutend war, wie es den Anschein hatte. Nach einem kurzen Blick in die Lagerhalle hatte er die Tür abgesperrt, Sands draußen postiert und angefangen, Fragen zu stellen.
    Er erfuhr, daß der Lagerraum seit langer Zeit leer stand. Der Schichtführer der benachbarten Werkhalle erklärte, daß jemand aus einer anderen Abteilung – er wußte nicht, wer – den Lagerraum vor zwei oder drei Jahren hatte räumen lassen, um irgendwelche Dinge darin unterzubringen, und obwohl nichts geschehen sei, habe man offenbar immer noch die Absicht, es zu tun, denn wenn er fragte, ob er den Raum für seine eigene Abteilung haben könne, hieße es immer, der Raum werde in Kürze anderen Zwecken zugeführt. Er fügte hinzu, daß er nicht wisse, wer die Abfälle hineingeschafft habe, doch es müsse vor dem Beginn der Nachtschicht geschehen sein, sonst hätten er oder seine Arbeiter etwas gemerkt – trotzdem wolle er herumfragen und Carson verständigen, falls etwas dabei herauskäme. Es gebe für niemand einen Grund, in die leere Lagerhalle zu gehen; es sei kalt dort, die Beleuchtung funktioniere nicht, und wenn jemand rauchen wolle, könne er es am Arbeitsplatz tun, weil es in der Abteilung keine Feuergefahr gebe. Der Schichtführer ließ durchblicken, daß er nicht verstehe, warum Carson soviel Aufhebens um einen Haufen verbrannter Einwickelpapiere, leerer Zigarettenpackungen, gebrauchter Papiertaschentücher und dergleichen mache.
    Die Abfälle waren offensichtlich wertlos, weil man sie verbrannt hatte. Aber das Verbrennen – nun, das war eine andere Sache. Ein Feuer konnte für alle möglichen Zwecke verwendet werden …
    An diesem Punkt angelangt, beschloß Carson, sich die Reste des Feuers genau anzusehen. Wieder im Lagerraum, bemerkte er als erstes, daß die drei kleinen Fenster des Lagerraums mit Stücken von dicker Sackleinwand verhängt waren. Wäre eines von ihnen nicht von einem der Haken gerutscht, hätte Sands das Feuer überhaupt nicht bemerkt. Die geschwärzte Fläche in der Mitte des Bodens war größer als erwartet, und eine genauere Untersuchung ergab, daß an derselben Stelle schon früher mehrmals Feuer gebrannt haben mußte. Diese Brände waren natürlich nicht gemeldet worden, weil die Sackleinwand damals noch nicht vom Haken gerutscht war. Vermutlich hatte man die Asche genauso verstohlen entfernt, wie man die Abfälle hereingebracht hatte.
    Carson glaubte einen schwachen Geruch von Benzin auszumachen, als er zwischen den verbrannten Resten herumstocherte, und dann entdeckte er zwei nicht ganz verkohlte Stücke Papier, die unverkennbar nach Benzin rochen und anscheinend nur dem Feuer entgangen waren, weil Sands beim Löschen mit dem Stiefel daraufgetreten hatte. Sie waren aus leichtem Durchschlagpapier, mit Schreibmaschinenschrift bedeckt und in einer Größe erhalten, die ziemlich genau einer Stiefelsohle entsprach, deren Abdruck noch erkennbar war. Die Schrift enthielt viele Tippfehler und durchgestrichene und überschriebene Wörter, als ob der

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