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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Narr, komm, mach’ die Probe an deinem Papier.
    Lanz
. Hier, und Sankt Nikolas steh’ dir bei!
    Flink
. Imprimis, sie kann melken.
    Lanz
. Ja, das kann sie.
    Flink
. Item, sie brauet gutes Bier.
    Lanz
. Und daher kommt das Sprichwort: Glück zu, ihr braut gutes Bier.
    Flink
. Item, sie kann nähen und sticken.
    Lanz
. Nun, besser als erwürgen.
    Flink
. Item, sie kann stricken.
    Lanz
. So braucht der Mann nicht um einen Strick zu sorgen, wenn die Frau stricken kann.
    Flink
. Item, sie kann waschen und scheuern.
    Lanz
. Das ist eine besondere Tugend; denn da braucht man sie nicht zu waschen und zu scheuern.
    Flink
. Item, sie kann spinnen.
    Lanz
. So kann ich als Fliege ausfliegen, wenn sie sich mit Spinnen forthilft.
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. Item, sie hat viele namenlose Tugenden.
    Lanz
. Das will sagen, Bastardtugenden; die kennen eben ihre Väter nicht und haben darum keine Namen.
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. Jetzt folgen ihre Fehler.
    Lanz
. Den Tugenden hart auf dem Fuße.
    Flink
. Item, sie ist wegen ihres Atems nüchtern nicht gut zu küssen.
    Lanz
. Nun, der Fehler kann durch ein Frühstück gehoben werden; lies weiter!
    Flink
. Sie hat einen süßen Mund.
    Lanz
. Das ist ein Ersatz für ihren sauern Atem.
    Flink
. Item, sie spricht im Schlaf.
    Lanz
. Das ist besser, als wenn sie im Sprechen schliefe.
    Flink
. Item, sie ist langsam im Reden.
    Lanz
. O Schurke, das unter ihre Fehler zu setzen! Langsam im Reden zu sein, ist eines Weibes einzige Tugend; ich bitte dich, streich’ das aus und stelle es unter ihre Tugenden obenan!
    Flink
. Item, sie ist eitel.
    Lanz
. Weg mit dem dazu; es war Evas Erbteil und kann nicht von ihr genommen werden.
    Flink
. Item, sie hat keine Zähne.
    Lanz
. Daraus mache ich mir auch nichts, denn ich liebe die Rinden.
    Flink
. Item, sie ist zänkisch.
    Lanz
. Gut; das beste ist, sie hat keine Zähne zum Beißen.
    Flink
. Item, sie lobt sich einen guten Schluck.
    Lanz
. Wenn der Schluck gut ist, soll sie’s; wenn sie nicht will, tu’ ich’s; denn was gut ist, muß gelobt werden.
    Flink
. Item, sie ist zu freigebig.
    Lanz
. Mit ihrer Zunge kann sie’s nicht, denn es steht geschrieben, daß sie langsam damit ist; mit ihrem Beutel soll sie’s nicht, denn den will ich verschlossen halten; nun könnte sie es sonst noch mit etwas, und da kann ich nicht helfen. Gut, weiter!
    Flink
. Item, sie hat mehr Haar als Witz, und mehr Fehler als Haare, und mehr Geld als Fehler.
    Lanz
. Halt hier; ich will sie haben: sie war mein und nicht mein, zwei- oder dreimal bei diesem letzten Artikel; wiederhole das noch einmal!
    Flink
. Item, sie hat mehr Haar als Witz –
    Lanz
. Mehr Haar als Witz, – das mag sein; das will ich beweisen: der Deckel des Salzfasses verbirgt das Salz, und darum ist er mehr als das Salz; das Haar, das den Witz bedeckt, ist mehr als der Witz; denn das Größere verbirgt das Kleinere. Was ist das Nächste?
    Flink
. Und mehr Fehler als Haare –
    Lanz
. Das ist schrecklich; wenn das heraus wäre!
    Flink
. Und mehr Geld als Fehler.
    Lanz
. Ach, das Wort macht die Fehler zu Tugenden. Gut, ich will sie haben; und wenn das eine Heirat gibt, wie kein Ding unmöglich ist –
    Flink
. Was denn?
    Lanz
. Nun, dann will ich dir sagen, daß dein Herr am Nordtor auf dich wartet.
    Flink
. Auf mich?
    Lanz
. Auf dich? ja; wer bist du? Er hat schon auf beßre Leute gewartet, als du bist.
    Flink
. Und muß ich zu ihm gehn?
    Lanz
. Du mußt zu ihm laufen; denn du hast so lange hier gewartet, daß Gehen schwerlich hinreicht.
    Flink
. Warum sagtest du mir das nicht früher? Hol’ der Henker deinen Liebesbrief! Geht ab.
    Lanz
. Jetzt kriegt er Prügel, weil er meinen Brief gelesen hat; ein unverschämter Kerl, der sich in Geheimnisse drängen will! – Ich will hinterher und an des Bengels Züchtigung meine Freude haben. Geht ab.
    ¶

Zweite Szene
    Palast.
    Der Herzog und Thurio treten auf. Proteus nach ihnen.
    Herzog
.
    Nichts fürchtet, Thurio: lieben wird sie Euch,
    Nun Valentin aus ihrem Blick verbannt ist.
    Thurio
.
    Seit seiner Flucht hat sie mich ausgehöhnt,
    Verschworen meinen Umgang, mich gescholten,
    Daß ich verzweifeln muß, sie zu gewinnen.
    Herzog
.
    So schwacher Liebeseindruck gleicht dem Bild
    In Eis geschnitten; eine Stunde Wärme
    Löst es zu Wasser auf und tilgt die Form.
    Ein wenig Zeit schmelzt ihren frost’gen Sinn
    Und macht den niedern Valentin vergessen. –
    Wie nun, Herr Proteus? Sagt, ist Euer Landsmann,
    Gemäß des strengen Ausrufs, abgereist?
    Proteus
.
    Ja, gnäd’ger Herr.
    Herzog
.
    Betrübt

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