Sämtliche Dramen
ich habe jetzt große Eil’.
Frau Hurtig
. Viel Glück, Eu’r Gnaden. –
Fenton geht.
Wahrhaftig ein nobler Herr! aber Annchen kann ihn nicht leiden; ich weiß, wie Annchen denkt, besser als irgend jemand. – Potz tausend! Was habe ich vergessen! – Sie geht ab.
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ZWEITER AUFZUG
Erste Szene
Straße.
Frau Page tritt auf mit einem Brief.
Frau Page
. Was! War ich in den Feiertagen meiner Schönheit Liebesbriefen entgangen, und bin jetzt ein Inhalt für sie? Laßt doch sehn: – Sie liest. »Fodert keine Vernunftgründe von mir, warum ich Euch liebe: denn wenn gleich Liebe die Vernunft als verdammenden Inquisitor zuläßt, kann sie sie doch nicht als Ratgeber brauchen. Ihr seid nicht jung; ich ebenso wenig; wohlan denn, hier ist Sympathie. Ihr seid munter, das bin ich auch: haha! darin liegt noch mehr Sympathie. Ihr liebt den Sekt, ich auch: gibt’s wohl noch beßre Sympathie? Laß dir’s genügen, Frau Page (wenn anders die Liebe eines Soldaten dir genügen kann), daß ich dich liebe. Ich will nicht sagen, bedaure mich; das ist keine soldatenhafte Phrase; aber ich sage, liebe mich:
Der für dich wacht,
Bei Tag und Nacht,
Aus aller Macht
Auf Kampf und Schlacht
Für dich bedacht,
John Falstaff.«
Welch ein Herodes von Judäa das ist! O gottlose, gottlose Welt! – Ist er doch schon vom Alter fast ganz aufgetragen und gebärdet sich wie ein junger Liebhaber! Welch unbedachtes Betragen hat denn mit des Teufels Beistand dieser flämische Trunkenbold aus meinem Gespräch aufgeschnappt, daß er sich auf diese Weise an mich wagen darf? Wahrhaftig, er ist kaum dreimal in meiner Gesellschaft gewesen! – Was sollt’ ich ihm sagen? Ich war doch damals sparsam mit meiner Lustigkeit; der Himmel verzeihe mir’s! – Wahrhaftig, ich will auf eine Akte im Parlament antragen, um alle Männer abzuschaffen. Wie soll ich mich an ihm rächen? Denn rächen will ich mich, so gewiß seine Eingeweide aus lauter Pudding zusammengesetzt sind.
Frau Fluth kommt.
Frau Fluth
. Frau Page! Wahrhaftig, ich wollte eben zu Euch.
Frau Page
. Und wahrhaftig, ich zu Euch. Ihr seht recht übel aus!
Frau Fluth
. Ei, das glaub’ ich nimmermehr; ich kann das Gegenteil beweisen.
Frau Page
. Mir kommt’s aber doch so vor.
Frau Fluth
. Nun gut, so mag’s denn sein; aber wie ich sage, ich könnte Euch das Gegenteil beweisen. Oh, Frau Page, gebt mir einen guten Rat!
Frau Page
. Wovon ist die Rede, Schatz?
Frau Fluth
. Oh, Schatz, wenn sich’s nicht an einer Kleinigkeit stieße, so könnte ich zu großer Ehre kommen! –
Frau Page
. Schade was für die Kleinigkeit, Schatz; schlag’ die Ehre nicht aus: was ist’s denn? Kümmre dich nicht um die Kleinigkeit; nun, was ist’s?
Frau Fluth
. Wenn ich nur für eine kurze Ewigkeit zur Hölle fahren wollte, so könnte ich zur Ritterwürde kommen.
Frau Page
. Was, du lügst, Sir Alix Fluth! Nun, um solche Ritterschaft steht’s oft nur flitterhaft; und ich dächte, im Punkte deiner Hausehre ließest du’s beim alten.
Frau Fluth
. Ich sehe, wir verstehn uns nicht, liebes Kind; da hier, lies, lies: sieh nur, wie! – Ich werde um so schlechter von den fetten Mannsleuten denken, solange ich noch ein Auge habe, der Mannsbilder Gestalt zu unterscheiden. Und doch fluchte er nicht; lobte die Sittsamkeit der Frauen, und sprach so anständige und wohlgesetzte Verachtung alles Unschicklichen aus, daß ich drauf geschworen hätte, seine Gesinnung stimmte zum Ausdruck seiner Worte: aber die haben nicht mehr Zusammenhang und passen nicht besser zu einander, als der hundertste Psalm und die Melodie vom grünen Ärmel. Welcher Sturmwind mußte uns diesen Walfisch mit so viel Tonnen Öl im Bauch an die Küste von Windsor werfen? Wie soll ich mich an ihm rächen? Ich denke, das beste wäre, ihn mit Hoffnung hinzuhalten, bis das gottlose Feuer der bösen Lust ihn in seinem eignen Fett zerschmolzen hätte. Hast du je so etwas gehört?
Frau Page
. Bin Brief wie der andre, nur daß die Namen Fluth und Page verschieden sind. Zu deinem größten Trost in diesem Labyrinth von Leichtfertigkeiten ist hier der Zwillingsbruder deines Briefs: aber laß nur deinen zuerst erben, denn auf meine Ehre, der meinige soll es nie. Ich wette, er hat ein ganzes Tausend solcher Briefe mit leeren Plätzen für die verschiednen Namen; und gewiß noch mehr; und diese sind von der zweiten Auflage. Er wird sie ohne Zweifel noch drucken lassen, denn es ist ihm einerlei, was er unter die Presse bringt, da er uns beide darunter
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