Sämtliche Dramen
dir! –
Er ersticht sie.
Quiek, quiek! So schreit das Ferkel, das man spießt.
Demetrius
.
Was meinst du, Aaron? Warum tatst du dies?
Aaron
.
Nun, meiner Treu, aus weiser Politik;
Ließ’ ich sie gehn, verriet’ sie unser Spiel,
Die schwatzende Gevatt’rin! Nein, ihr Herrn;
Und nun erfahrt den Plan, den ich ersann:
Mein Landsmann Muliteus lebt nah von hier,
Des Weib erst gestern in die Wochen kam;
Der gleicht das Kind und ist so weiß wie ihr.
Geht, kartet’s ab und gebt der Mutter Gold,
Und beiden sagt den Hergang recht genau,
Und wie ihr Kind hiedurch zu Ehren kommt,
Und als des Kaisers Erbe gelten wird,
Und an die Stelle tritt des meinigen,
Den Sturm zu sänft’gen, der am Hofe droht;
Der Kaiser mög’ es herzen dann als seins.
Hört nun: Ihr seht, ich gab ihr Arzenei,
Und ihr müßt jetzt ihr Totengräber sein.
Das Feld ist nah, ihr seid ein rüstig Paar;
Dies wohl besorgt, verliert mir keine Zeit,
Schickt die Hebamme mir im Augenblick:
Hebamm’ und Wärterin beiseit geschafft,
Dann laßt die Weiber schwatzen, wie’s beliebt!
Chiron
.
Aaron, ich merke, nicht einmal der Luft
Vertraust du.
Demetrius
.
Daß du so der Mutter schonst,
Muß sie, wie ihre Söhne, herzlich danken.
Chiron und Demetrius gehn ab.
Aaron
.
Nun zu den Goten schnell wie Schwalbenflug!
Dort bring’ ich diesen Schatz in Sicherheit
Und grüß’ der Kais’rin Freunde insgeheim. –
Komm, du breitmäul’ger Schelm, ich trag’ dich fort,
Denn du hast uns in all die Not gebracht.
Mit Wurzeln füttr’ ich dich und wilden Beeren,
Mit Rahm und Molken; Ziegen sollst du saugen,
In Höhlen wohnen; so zieh’ ich dich auf
Zum tapfern Kriegesmann und General.
Ab.
¶
Dritte Szene
Straße.
Titus, der alte Marcus, der Knabe Lucius und andre treten auf mit Bogen; Titus trägt die Pfeile, an deren Enden Briefe befestigt sind.
Titus
.
Komm, Marcus, komm; Vettern, hier ist der Ort.
Nun, Kleiner, zeig’ mir deine Bogenkunst;
Seht, daß ihr wacker spannt, so trefft ihr’s wohl.
Terras Astraea reliquit; –
Denk’ dran, mein Marcus, sie ist fort, entflohn;
Du nimm dir dein Gerät; ihr, Vettern, müßt
Das Meer ergründen und die Netze werfen,
Ihr findet sie vielleicht dann in der See.
Doch da wohnt Recht so wenig als am Land! –
Nein, Publius und Sempronius, ihr müßt’s tun;
Ihr grabt mir mit dem Spaten, mit dem Karst,
Dringt vor bis zu der tiefsten Erde Kern;
Dann, wenn ihr kamt in Plutos Region,
Ich bitt’ euch, reicht ihm diese Bittschrift ein;
Sagt ihm, Gerechtigkeit und Hülfe fehlen,
Und daß euch sandte Greis Andronicus,
Von Gram gebeugt im undankbaren Rom.
Ah, Rom! Ja, ja, ich führte dich ins Elend,
Damals, als ich des Volkes Stimme warb
Für ihn, der jetzt mich heimsucht als Tyrann.
Geht, geht! Ich bitt’ euch, habt mir acht und forscht,
Und laßt mir ja kein Kriegsschiff undurchsucht: –
Falls sie der Kaiser über Meer geschifft,
Dann, Vettern, pfeift nur nach Gerechtigkeit!
Marcus
.
O Publius! Ist das nicht ein Trauerfall,
Den edlen Oheim so im Wahnsinn sehn?
Publius
.
Deshalb, o Herr, ist unsre nächste Pflicht,
Ihm Tag und Nacht getreulich nah zu sein
Und seiner Laune freundlich nachzugeben,
Bis Zeit ein heilsam Mittel ihm gewährt. –
Marcus
.
Kein heilsam Mittel hilft für solchen Gram! –
Stoßt zu den Goten, und ein Rachekrieg
Bringe Ruin dem undankbaren Rom,
Und Rache am Verräter Saturnin!
Titus
.
Nun, Publius? Nun, liebe Herrn,
Sagt mir, traft ihr sie schon?
Publius
.
Nein, teurer Herr! Doch Pluto läßt erwidern,
Wollt Ihr von ihm die Rache, schickt er sie;
Gerechtigkeit sei in Geschäften oben,
Er meint, beim Jupiter, – vielleicht wo anders –,
So daß Ihr Euch durchaus gedulden müßt. –
Titus
.
Er kränkt mich, hält er mich mit Zögern hin!
Ich tauche selbst in jenen Flammensee,
Und zieh’ sie bei den Fersen aus dem Styx.
Marcus, wir sind nur Sträuche, Zedern nicht,
Nicht Riesen nach Zyklopenart geformt;
Zwar Erz, mein Marcus, Stahl bis an den Nacken,
Doch leidgebeugt, mehr als der Nacken trägt.
Und weil kein Recht auf Erden, noch im Orkus,
Woll’n wir zum Himmel, zu den Göttern flehn,
Uns Recht herab zu senden, uns zum Trost.
Kommt, Hand ans Werk! Hier, Marcus, wackrer Schütz,
Er verteilt die Pfeile.
Ad Jovem, den nimm du; hier ad Apollinem, –
Ad Martem, diesen nehm’ ich selbst. –
Hier, Knab’, an Pallas; – der hier an Merkur,
Saturn und Coelus: nicht an Saturnin, –
Das wär’, als
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