Sämtliche Dramen
Aaron! Alles ist vorbei! –
Nun hilf, sonst komme Fluch auf dich hinab!
Aaron
.
Was gibt’s? Was soll der Zeter, das Geschrei?
Was wickelst und verhüllst du in dein Tuch?
Wärterin
.
Oh, was ich vor der Sonne gern versteckt’,
Der Kais’rin Schmach, des großen Roms Entehrung!
Sie ist entbunden, Herrn, sie ist entbunden.
Aaron
.
Von welchem Eid?
Wärterin
.
Sie kam ins Wochenbett.
Aaron
.
Nun denn, der Himmel
Geb’ ihr ’ne gute Nacht! Was schickt’ er ihr?
Wärterin
.
Einen Teufel.
Aaron
.
Eines Teufels Mutter? Welch erwünschter Sproß!
Wärterin
.
Verwünschter, schnöder, schwarzer, wüster Sproß!
Hier ist das Kind, so widrig wie ein Molch
Bei weißen Kreaturen unsres Lands.
Dein Siegel, deinen Abdruck schickt sie dir,
Und mit des Dolches Spitze tauf’ ihn jetzt!
Aaron
.
Geh mir, du Hur’! Ist Schwarz so schlimme Farbe?
Du Dickkopf bist ’ne schöne Blüte, gelt?
Demetrius
.
Schurk’, was hast du gemacht?
Aaron
.
Gemacht, was du
Nicht kannst zunichte machen.
Chiron
.
Unsre Mutter
Hast du vernichtet!
Aaron
.
Nein, verpflichtet, Schurke!
Demetrius
.
Und eben dadurch, Höllenhund; vernichtet! –
Fluch dieser Tat! Fluch ihrer ekeln Wahl!
Verflucht der Sprößling solches schnöden Teufels! –
Chiron
.
Er soll nicht leben!
Aaron
.
Sterben soll er nicht.
Wärterin
.
Aaron, er muß, und seine Mutter will’s.
Aaron
.
Was muß er? Nun, so soll kein Mann als ich
An meinem Fleisch und Blut den Spruch vollziehn.
Demetrius
.
Auf meinen Degen spieß’ ich gleich den Molch:
Gib mir ihn her, so ist es abgetan.
Aaron
.
Eh’ wühlt dies Schwert in Euern Eingeweiden! –
Halt, Mörder! Euern Bruder schont ihr nicht?
Nun bei dem Sternenglanz des Firmaments,
Der lustig schien, als ich den Schelm gezeugt, –
Der stirbt durch meines Säbels scharfen Stahl,
Der meinem ältsten Sohn und Erben naht.
Ich sag’ euch, Burschen, nicht Enceladus
Mit seiner droh’nden Schar aus Typhons Brut,
Noch Herkules, noch selbst der Gott des Kriegs,
Raubt diese Beut’ aus seines Vaters Hand.
Was? Ihr blutdürst’gen Buben, schalen Geistes,
Weißkalk’ge Wände, bunte Bierhauszeichen:
Kohlschwarz gilt mehr als jede andre Farbe;
Denn alle Wasserflut im weiten Meer
Wäscht nicht des Schwanes schwarze Füße weiß,
Obschon er stündlich sie im Meere spült. –
Sag du der Kais’rin, ich sei alt genug,
Was mein, zu schützen; trag’ sie’s, wie sie mag! –
Demetrius
.
So willst du deine Herrin frech verraten?
Aaron
.
Herrin ist meine Herrin; dies ich selbst,
Das Mark und Abbild meiner Jugendkraft;
Dies ist mir teurer als die ganze Welt,
Dies will ich retten trotz der ganzen Welt,
Sonst glaubt noch mancher dran von euch in Rom.
Demetrius
.
Dies bringt auf unsre Mutter ew’gen Schimpf!
Chiron
.
Rom wird sie schmähn um diese Mißgeburt! –
Wärterin
.
Des Kaisers Wut wird sie dem Tode weihn!
Chiron
.
Ich muß erröten, denk’ ich diese Schmach! –
Chiron
.
Da seht das Vorrecht, das euch Schönheit bringt!
Pfui, feiges Weiß, das durch Erröten meldet,
Was in geheim das Herz beschließt und fühlt! –
Hier ist ein Bursch, geprägt aus anderm Ton:
Seht, wie der schwarze Schelm anlacht den Vater,
Als wollt’ er sagen: »Alter, ich bin dein!«
Der ist eu’r Bruder, Prinzen: frisch genährt
Vom selben Blut, das euch das Leben gab;
Aus jenem Schoß, wo ihr gefangen wart,
Ist er entfesselt und ans Licht gebracht:
Eu’r Bruder von der sichern Seite, traun,
Obgleich sein Antlitz meinen Stempel trägt.
Wärterin
.
Aaron, was meld’ ich nun der Kaiserin?
Demetrius
.
Bedenk’ dich, Aaron, wie zu helfen sei,
Und wir sind alle deinem Rat geneigt:
Rette das Kind, wenn du uns all’ errett’st!
Aaron
.
Setzen wir uns, und überlegt mit mir!
Mein Sohn und ich, wir sind hier außerm Schuß,
Bleibt dort; nun, wie’s euch gut dünkt, sprecht von Rettung!
Sie setzen sich auf die Erde nieder.
Demetrius
.
Wie viele Frauen sahn dies Kind von ihm?
Aaron
.
Seht, liebe Herrn, wenn wir uns einig sind,
Bin ich ein Lamm: doch bietet Trotz dem Mohren,
Und Aaron stürmt, wie das empörte Meer,
Wie Eber wild und Löwen im Gebirg’. –
Nun sag noch einmal, wie viel Frauen sahn’s?
Wärterin
.
Cornelia, die Hebamme, und ich selbst;
Sonst kein’ als die entbundne Kaiserin.
Aaron
.
Die Kais’rin, – die Hebamme, – und du selbst?
Zwei schweigen wohl, ist nur die Dritte fort:
Geh hin zur Kais’rin, sprich, dies sagt’ ich
Weitere Kostenlose Bücher