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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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zur Jagd noch jung, drum laß es gut sein!
    Wart’ nur! ein Täflein hol’ ich her von Erz,
    Und grabe drauf mit scharfem Stahl die Namen,
    Und berg’ es: sonst verweht der tück’sche Nord
    Wie der Sibylle Blätter diesen Sand,
    Und dann, wie ständ’s um unsre Lektion?
    Was sagst du, Knabe?
    Knabe
.
    Ich sage, teurer Herr, wär’ ich ein Mann,
    Nicht ihrer Mutter Schlafgemach beschützte
    Dies Knechtsgezücht, das röm’sche Ketten trug.
    Marcus
.
    Recht, wackrer Knab’! Oft tat dein Vater schon
    Das Gleiche für sein undankbares Volk.
    Knabe
.
    Und leb’ ich, Oheim, tu’ ich so wie er.
    Titus
.
    Komm, geh mit mir in meinen Waffensaal:
    Lucius wird ausgestattet; und mein Knabe
    Soll gleich von mir den Söhnen Tamoras
    Geschenke bringen, die ich senden will.
    Komm, du bestellst die Botschaft; willst du nicht?
    Knabe
.
    Großvater, ja; mein Dolch für ihre Brust!
    Titus
.
    Nein, Kind, nicht so; ich lehr’ dich andern Weg.
    Lavinia, komm; Marcus, geh in mein Haus!
    Lucius und ich, wir setzen’s durch bei Hof,
    Ja traun, das tun wir, und wir finden Gunst.
    Sie gehn ab bis auf Marcus.
    Marcus
.
    Götter! Könnt ihr den Guten weinen sehn,
    Und lenkt nicht ein, und hegt kein Mitgefühl?
    Marcus, verlass’ ihn nicht in diesem Wahnwitz;
    Mehr Narben trägt sein gramverwundet Herz,
    Als Feindesscharten sein zerstoßner Schild;
    Und doch so treu, daß er nicht Rache sucht;
    Rächt, Götter, denn den Greis Andronicus!
    Ab.
    ¶

Zweite Szene
    Ein Zimmer im kaiserlichen Palast.
    Von der einen Seite treten auf Aaron, Chiron und Demetrius; von der andern der junge Lucius und ein Knabe, der ein Bündel Waffen trägt, um welches Verse geschrieben stehn.
    Chiron
.
    Demetrius, hier ist des Lucius Sohn,
    Der eine Botschaft uns bestellen soll.
    Aaron
.
    ’ne tolle Botschaft wohl vom tollen Alten!
    Knabe
.
    Ihr Herrn, mit aller schuld’gen Demut meld’ ich
    Titus Andro nicus’ ergebnen Gruß; –
    Beiseit.
    Und fleh’ die Götter Roms, euch zu verderben.
    Demetrius
.
    Hab’ Dank, mein art’ges Kind! Was Neues gibt’s?
    Knabe
beiseit:
    Daß wir euch beid’ entlarvt, das Neue gibt’s,
    Als räuberische Schurken. –
    Laut.
    Edle Herrn,
    Mit Vorbedacht schickt mein Großvater euch
    Die schönsten Klingen seines Waffensaals
    Als eurer würd’gen Jugend Lust und Schmuck,
    Der Hoffnung Roms: denn also sagt’ er’s mir,
    Und so bestell’ ich’s jetzt, und liefr’ euch ab
    Sein Gastgeschenk: daß, wenn ihr’s einst bedürft,
    Ihr stattlich seid gerüstet und bewehrt. –
    Und somit lass’ ich euch,
    beiseit
    als blut’ge Schurken.
    Ab.
    Demetrius
.
    Nun, was ist dies? Ein Blatt, rundum beschrieben?
    Laßt sehn:
    Integer vitae, scelerisque purus,
    Non eget Mauri jaculis, neque arcu.
    Chiron
.
    Der Vers steht im Horaz, ich kenn’ ihn wohl;
    Ich las ihn in der Schul’ als Knabe schon.
    Aaron
.
    Jawohl, das schreibt Horaz, Ihr traft es gut.
    Beiseit.
    Nun sieht man doch, ein Esel hat kein Arg!
    Dies ist kein Scherz; der Alte hat’s entdeckt,
    Und schickt mit solcher Aufschrift sein Geschoß,
    Die, ohne daß sie’s ahnen, trifft ins Herz.
    Wär’ unsre witz’ge Kaiserin wohlauf,
    Sie klatschte Beifall Titus’ spitzem Wort:
    Doch mag sie ruhn, unruhig wie sie ist. –
    Laut.
    Nun, junge Herrn, war’s nicht ein gut Gestirn,
    Das uns als Fremde hergeführt nach Rom,
    Ja als Gefangne, zu so hohem Glück?
    Es tat mir wohl, als ich am Burgtor trotzte
    Im Beisein seines Bruders dem Tribun.
    Demetrius
.
    Und mich ergötzt noch mehr, daß solch ein Held
    Uns fröhnt in Demut und Geschenke beut.
    Aaron
.
    Hatt’ er’s nicht Ursach’, Prinz Demetrius?
    Gingt ihr nicht freundlich mit der Tochter um?
    Demetrius
.
    Ich wollt’, wir hätten tausend röm’sche Frau’n,
    Auf gleichen Kauf uns wechselnd zu erfreun.
    Chiron
.
    Ein liebevoller Wunsch! Ein fromm Gebet!
    Aaron
.
    Wär’ eure Mutter hier, sie spräche Amen.
    Chiron
.
    Das täte sie für zwanzigtausend mehr.
    Demetrius
.
    Kommt, gehn wir; und zu allen Göttern fleht
    Für unsre Mutter, die in Wehen liegt.
    Aaron
beiseit.
    Zu Teufeln fleht; kein Gott will von uns wissen.
    Man hört Trompeten im Palast.
    Demetrius
.
    Was blasen die Trompeten im Palast?
    Chiron
.
    Vielleicht erfreut den Kaiser jetzt ein Sohn.
    Demetrius
.
    Still da! Wer kommt? –
    Eine Wärterin kommt mit einem schwarzen Kinde.
    Wärterin
.
    Gott grüß’ euch, liebe Herrn!
    O sagt mir an, wo Aaron ist, der Mohr?
    Aaron
.
    Aaron ist hier; was soll’s mit Aaron sein?
    Wärterin
.
    O lieber

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