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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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noch bleibt, kann kaum den Riß verstopfen
    Des jetz’gen Drangs: Termin folgt auf Termin:
    Was nun vertritt die Zwischenzeit? und endlich,
    Wie steht’s um unsre Rechnung?
    Timon
.
    Bis Lacedämon reichten meine Güter.
    Flavius
.
    Oh, teurer Herr, die Welt ist nur ein Wort:
    Und wär’ sie Eu’r, wie schnell wär’ sie dahin,
    Wenn sie ein Laut verschenkte!
    Timon
.
    Du hast recht.
    Flavius
.
    Mißtraut Ihr meinem Haushalt, meiner Ehre,
    So laßt mich vor den strengsten Richtern stehn,
    Zur Rechenschaft! Die Götter sind mir Zeugen:
    Wenn Vorsaal, Küch’ und Keller voll gedrängt
    Schwelgender Diener, die Gewölbe weinten
    Vom Weinguß Trunkner, und wenn jeder Saal
    Von Kerzen flammt’ und von Musik erbrauste:
    Saß ich beim steten Fluß des Brunnens einsam
    Und ließ mein Auge strömen.
    Timon
.
    Bitte, nichts mehr!
    Flavius
.
    Ihr Götter, rief ich, dieser Herr so mild!
    Wie manchen reichen Bissen Sklaven heut
    Verschluckten! Wer ist Timon nicht ergeben?
    Welch Haupt, Herz, Schwert, Gold, Gut gehört nicht ihm,
    Dem großen, edeln, königlichen Timon?
    Ach! schwand der Reichtum, der dies Lob gekauft,
    So schwand der Atem, der dies Lob gebildet:
    Was Schmaus gewann, verlor das Fasten wieder;
    Ein Wintertag, und tot sind diese Fliegen.
    Timon
.
    Still, pred’ge mir nicht mehr: –
    Doch kennt mein Herz kein lasterhaft Verschwenden;
    Unweis’ und nicht unedel gab ich weg.
    Was weinst du doch? Denkst du, ganz gottlos, denn,
    Ich werde freundlos sein? Beruh’ge dich:
    Wollt’ ich anzapfen allen Wein der Liebe,
    Durch Borg der Herzen Inhalt mir erprüfen,
    Könnt’ ich ihr aller Gut so frei gebrauchen,
    Wie ich dich reden heiße!
    Flavius
.
    Es mög’ Erfüllung Euren Glauben segnen!
    Timon
.
    Und in gewisser Art freut mich mein Mangel,
    Daß ich ihn Segen achte; denn durch ihn
    Prüf ich die Freund’: dann siehst du deinen Irrtum,
    Wie überreich ich in den Freunden bin.
    He, drinnen da! – Flaminius! Servilius!
    Flaminius, Servilius und andre Diener treten auf.
    Die Diener
.
    Mylord, Mylord –
    Timon
.
    Verschicken will ich euch, – dich zu Lord Lucius,
    Zu Lord Lucullus dich; noch heut jagt’ ich
    Mit ihm; – dich zu Sempronius;
    Empfehlt mich ihrer Lieb’, und ich sei stolz,
    Daß die Gelegenheit sich fand, um Darlehn
    An Geld sie anzusprechen; mein Ersuchen:
    Funfzig Talent.
    Flaminius
.
    Wie Ihr befehlt, Mylord.
    Flavius
beiseit.
    Lord Lucius und Lucullus? Hm! –
    Timon
zu einem andern Diener.
    Und du, geh zu den Senatoren flugs,
    Die schon, weil ich dem Staate Dienst getan,
    Gewähren mögen, daß sie gleich mir tausend
    Talente senden.
    Flavius
.
    Ich war schon so kühn
    (Denn dies geschieht ja oft so, wie ich weiß),
    Dein Petschaft dort und Namen zu gebrauchen;
    Doch schütteln sie den Kopf, und ich kam wieder,
    Nicht reicher, als ich ging.
    Timon
.
    Ha! wirklich? kann es sein?
    Flavius
.
    Einstimmig sprechen alle – keiner anders –
    Daß ihre Kassen leer, kein Geld im Schatz,
    Nicht könnten, wie sie wollten, – täte leid, –
    Höchst würdig Ihr, – doch wünschten sie, – nicht wüßten –
    Es konnte manches besser – edler Sinn
    Kann wanken – wär’ nur alles gut – doch schade!
    Und so, zu andern wicht’gen Dingen schreitend,
    Mit scheelem Blick und diesen Redebrocken
    Halb abgezogner Mütz’, kalt trocknem Nicken,
    Vereisten sie das Wort mir auf der Zunge.
    Timon
.
    Gebt’s ihnen heim, ihr Götter! –
    Ich bitte, Mann, blick’ froh; den Altgesellen
    Ist nun der Undank einmal einverleibt;
    Ihr Blut ist Gallert, kalt, und fließt nur dünn,
    Es ist nicht frisch und warm, sie fühlen nichts;
    Und die Natur, der Erd’ entgegen wachsend,
    Ist, wie das Reiseziel, schon dumpf und schwer. –
    Zu einem Diener.
    Geh zu Ventidius.
    Zu Flavius.
    Bitte, sei nicht traurig:
    Treu bist du, redlich; frei und offen sag’ ich’s,
    Kein Tadel trifft dich. –
    Zum Diener.
    Kürzlich erst begrub
    Ventidius seinen Vater; er ward Erbe
    Von großen Schätzen: als er arm noch war,
    Gefangen, und kein Freund ihn anerkannte,
    Löst’ ich ihn aus mit fünf Talenten. Grüß’ ihn:
    Vermuten mög’ er, dringliches Bedürfnis
    Berühre seinen Freund, Erinnerung weckend
    An jene fünf Talent’: –
    Zu Flavius.
    Den Burschen gib sie,
    Die jetzt drauf drängen. Fort mit dem Gedanken,
    Bei Freunden könne Timons Glück erkranken!
    Flavius
.
    Wohl will mein Zweifel mit der Großmut rechten:
    Die Milde hält für milde auch die Schlechten.
    Gehn ab.
    ¶

DRITTER AUFZUG
Erste Szene
    Zimmer

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