Sämtliche Dramen
werde.
Arzt
. Mir könnt Ihr’s vertrauen; und es ist notwendig, daß Ihr es tut.
Kammerfrau
. Weder Euch noch irgend jemand, da ich kein Zeugen habe, meine Aussage zu bekräftigen.
Lady Macbeth kommt, eine Kerze in der Hand.
Seht, da kommt sie! So ist ihre Art und Weise! und, bei meinem Leben, fest im Schlaf! Beobachtet sie; steht ruhig!
Arzt
. Wie kam sie zu dem Licht?
Kammerfrau
. Das brennt neben ihrem Bett. Sie hat immer Licht: es ist ihr Befehl.
Arzt
. Seht, ihre Augen sind offen.
Kammerfrau
. Ja, aber ihre Sinne geschlossen.
Arzt
. Was macht sie nun? Schaut, wie sie sich die Hände reibt!
Kammerfrau
. Das ist ihre gewöhnliche Gebärde, daß sie tut, als wüsche sie sich die Hände; ich habe wohl gesehen, daß sie es eine Viertelstunde hintereinander tat.
Lady Macbeth
. Da ist noch ein Fleck.
Arzt
. Horch, sie spricht! Ich will aufschreiben, was sie sagt, um hernach meine Erinnerung daraus zu ergänzen.
Lady Macbeth
. Fort, verdammter Fleck! fort, sag’ ich! – Eins, zwei! Nun, dann ist es Zeit, es zu tun. – Die Hölle ist finster! – Pfui, mein Gemahl, pfui! ein Soldat und furchtsam! Was haben wir zu fürchten, wer es weiß, da niemand unsre Gewalt zur Rechenschaft ziehen darf? – Aber wer hätte gedacht, daß der alte Mann noch so viel Blut in sich hätte?
Arzt
. Hört Ihr wohl?
Lady Macbeth
. Der Than von Fife hatte ein Weib: Wo ist sie nun? – Wie, wollen diese Hände denn nie rein werden? –Nichts mehr davon, mein Gemahl, nichts mehr davon: du verdirbst alles mit diesem Auffahren.
Arzt
. Ei, ei! Ihr habt erfahren, was Ihr nicht solltet!
Kammerfrau
. Gesprochen hat sie, was sie nicht sollte, das ist gewiß. Gott weiß, was sie erfahren hat.
Lady Macbeth
. Noch immer riecht es hier nach Blut; alle Wohlgerüche Arabiens würden diese kleine Hand nicht wohlriechend machen. Oh! oh! oh!
Arzt
. Was das für ein Seufzer war! Ihr Herz ist schmerzlich beladen.
Kammerfrau
. Ich möchte nicht ein solches Herz im Busen tragen, nicht für den Königsschmuck des ganzen Leibes!
Arzt
. Gut. gut! –
Kammerfrau
. Gebe Gott, daß es gut sei!
Arzt
. Diese Krankheit liegt außer dem Gebiete meiner Kunst; aber ich habe Menschen gekannt, die im Schlaf umher wandelten, und doch fromm in ihrem Bett starben.
Lady Macbeth
. Wasch’ deine Hände, leg’ dein Nachtkleid an; sieh doch nicht so blaß aus! – Ich sage es dir noch einmal.
Banquo ist begraben, er kann aus seiner Gruft nicht heraus kommen.
Arzt
. Wirklich?
Lady Macbeth
. Zu Bett, zu Bett! Es wird ans Tor geklopft. Komm, komm, komm, komm, gib mir die Hand! – Was geschehn ist, kann man nicht ungeschehn machen. – Zu Bett zu Bett, zu Bett! Sie geht ab.
Arzt
. Geht sie nun zu Bett?
Kammerfrau
. Unverzüglich.
Arzt
.
Von Greueln flüstert man, – und Taten unnatürlich
Erzeugen unnatürliche Zerrüttung:
Die kranke Seele will ins taube Kissen
Entladen ihr Geheimnis. Sie bedarf
Des Beicht’gers mehr noch als des Arztes. – Gott,
Vergib uns allen! Seht nach ihr; entfernt,
Womit sie sich verletzen könnt’, und habt
Ein Auge stets auf sie! – So, gute Nacht!
Der Anblick hat mir Schreck und Grau’n gemacht.
Ich denk’, und darf nichts sagen.
Kammerfrau
.
Nun, schlaft wohl!
Sie gehen ab.
¶
Zweite Szene
Feld, in der Nähe von Dunsinan.
Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Menteth, Cathness, Angus, Lenox, Soldaten.
Menteth
.
Das Heer von England naht, geführt von Malcolm,
Seinem Ohm Siward und dem guten Macduff:
Von Rache glühn sie; denn ihr herbes Leid
Erregte wohl den abgestorbnen Greis
Zu blutig grimmem Kampf.
Angus
.
Bei Birnams Wald,
Von dort her nahn sie, treffen wir sie wohl.
Cathness
.
Ob Donalbain bei seinem Bruder ist?
Lenox
.
Gewiß nicht, Herr; denn eine Liste hab’ ich
Vom ganzen Adel. Dort ist Siwards Sohn,
Und mancher glatte Jüngling, der zuerst
Die Mannheit prüft.
Menteth
.
Und was tut der Tyrann?
Cathness
.
Das mächt’ge Dunsinan befestigt er.
Toll heißt ihn mancher; wer ihn minder haßt,
Nennt’s tapfre Wut; doch ist’s gewiß, er kann
Den wild empörten Zustand nicht mehr schnallen
In den Gurt der Ordnung.
Angus
.
Jetzt empfindet er
Geheimen Mord, an seinen Händen klebend;
Jetzt straft Empörung stündlich seinen Treubruch;
Die er befehligt, handeln auf Befehl,
Aus Liebe nicht. Jetzt fühlt er seine Würde
Zu weit und lose, wie des Riesen Rock
Hängt um den dieb’schen Zwerg.
Menteth
.
Ist es ein Wunder,
Wenn sein gequälter Sinn auffährt und
Weitere Kostenlose Bücher