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Mörder
.
Er
Ist ein Verräter.
Sohn
.
Du lügst, strupfköpf’ger Schurke!
Mörder
.
Was! du Ei,
Verräterbrut!
Ersticht das Kind.
Sohn
.
Er hat mich umgebracht!
Mutter, ich bitte dich, lauf fort!
Lady Macduff entflieht und schreit »Mord!«.
Die Mörder verfolgen sie.
¶
Dritte Szene
England. Park beim königlichen Schloß.
Malcolm und Macduff treten auf.
Malcolm
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Laß uns ’nen stillen Schatten suchen und
Durch Tränen unser Herz erleichtern!
Macduff
.
Lieber
Laß uns, das Todesschwert ergreifend, wacker
Aufstehn für unser hingestürztes Recht!
An jedem Morgen heulen neue Witwen,
Und neue Waisen wimmern; neuer Jammer
Schlägt an des Himmels Wölbung, daß er tönt,
Als fühlt’ er Schottlands Schmerz und hallte gellend
Den Klagelaut zurück.
Malcolm
.
Das, was ich glaube,
Will ich betrauern; glauben, was Ihr sagt,
Und helfen will ich, wo ich kann, wenn Zeit
Und Freund’ ich finde. Was Ihr mir erzählt,
Kann wohl sich so erhalten. Der Tyrann,
Des Name schon die Zung’ uns schwären macht,
Galt einst für ehrlich: Ihr habt ihn geliebt,
Noch kränkt’ er Euch nicht. Ich bin jung, doch näher
Könnt Ihr durch mich ihn prüfen; Weisheit ist’s,
Ein arm, unschuldig, schwaches Lamm zu opfern,
Um einen zorn’gen Gott zu sühnen.
Macduff
.
Ich
Bin kein Verräter.
Malcolm
.
Aber Macbeth ist’s.
Auch strenge Tugend kann sich schrecken lassen
Durch königliches Machtwort – doch verzeiht!
Mein Denken kann das, was Ihr seid, nicht wandeln:
Stets sind die Engel hell, fiel auch der hellste;
Borgt’ alles Schlechte auch den Schein der Gnade,
Doch müßte Gnade wie sie selbst erscheinen.
Macduff
.
So hab’ ich meine Hoffnung denn verloren!
Malcolm
.
Vielleicht da, wo ich meinen Zweifel fand.
Wie! in der Hast verließt Ihr Weib und Kind,
So teure Pfänder, mächt’ge Liebesknoten,
Selbst ohne Abschiednehmen? – Ich ersuch’ Euch –
Mein Mißtraun spricht nicht so, Euch zu entehren,
Nur, mich zu sichern. Ihr könnt rein und treu sein,
Was ich von Euch auch denke.
Macduff
.
Blute, blute,
Du armes Vaterland!
So lege festen Grund denn, Tyrannei,
Rechtmäßigkeit wagt nicht; dich anzugreifen!
Trage dein Leid, dein echter Herrscher zittert!
Prinz, lebe wohl! Nicht möcht’ ich sein der Schurke,
Den du mich achtest, für den weiten Raum,
Den der Tyrann in seinen Klauen hält,
Zusamt dem reichen Ost.
Malcolm
.
Sei nicht beleidigt!
Nicht unbedingter Argwohn sprach aus mir.
Ich glaub’ es, unser Land erliegt dem Joch;
Es weint und blutet; jeder neue Tag
Schlägt neue Wunden ihm; auch glaub’ ich wohl,
Daß Hände sich erhöben für mein Recht;
So bietet der huldreiche England mir
Manch wackres Tausend. Doch, bei alle dem,
Wenn ich nun tret’ auf des Tyrannen Haupt,
Es trag’ auf meinem Schwert, wird größre Laster
Mein armes Land noch tragen als zuvor,
Mehr dulden und auf schlimmre Art als je,
Durch den, der folgen wird.
Macduff
.
Wer wäre dieser?
Malcolm
.
Mich selber mein’ ich, in dem, wie ich weiß,
Die Keime aller Laster so geimpft sind,
Daß, brechen sie nun auf, der schwarze Macbeth
Rein scheint wie Schnee, und er dem armen Staat
Lammartig dünkt, vergleicht er ihn mit meiner
Maßlosen Sündlichkeit.
Macduff
.
Nicht in Legionen
Der grausen Höll’ ist ein verrucht’rer Teufel,
Der Macbeth überragt.
Malcolm
.
Wohl ist er blutig,
Wollüstig, geizig, falsch, betrügerisch,
Jähzornig, hämisch; schmeckt nach jeder Sünde,
Die Namen hat. Doch völlig bodenlos
Ist meine Wollust: eure Weiber, Töchter,
Jungfrau’n, Matronen könnten aus nicht füllen
Den Abgrund meiner Lust; und meine Gier
Würd’ überspringen jede feste Schranke,
Die meine Willkür hemmte. Besser Macbeth,
Als daß ein solcher herrscht!
Macduff
.
Unmäß’ge Wollust
Ist wohl auch Tyrannei, und hat schon oft
Manchen beglückten Thron zu früh verwaist,
Viel Könige gestürzt. Allein deshalb
Zagt nicht, zu nehmen, was Eu’r Eigen ist:
Ihr mögt der Lust ein weites Feld gewähren
Und kalt erscheinen, Euch der Welt verhüllend:
Der will’gen Frauen gibt’s genug; unmöglich
Kann solch ein Geier in Euch sein, der alle
Verschlänge, die der Hoheit gern sich opfern,
Zeigt sie ein solch Gelüst.
Malcolm
.
Daneben wuchert
In meinem tief verderbten Sinn der Geiz,
So unersättlich, daß, wär’ ich der König,
Räumt’ ich die Edeln weg um ihre Güter;
Dem raubt’ ich die Juwelen, dem das Haus;
Mehr haben wäre
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