Sämtliche Werke
scharlatanischen Latinitätswut, wo sie das Latein noch lateinischer klingen lassen wollte, den Namen eines Philtrariums erteilte; den Mann, der den Trank seiner Schönen eingab, nannte sie den Philtrarius, und die Dame hieß dann die Philtrariata.
Es geschah zuweilen, daß das Philtrarium seine Wirkung verfehlte oder gar eine entgegengesetzte hervorbrachte. So hatte z.B. ein ungeliebter Bursche, der seine spröde Schöne beschwatzt hatte, mit ihm eine Flasche Wein zu trinken, ein Philtrarium unversehens in ihr Glas gegossen, und er bemerkte auch in dem Benehmen seiner Philtrariata, sobald sie getrunken hatte, eine seltsame Veränderung, eine gewisse Benautigkeit, die er für den Durchbruch einer Liebesbrunst hielt, und glaubte sich dem großen Momente nahe. Aber ach! als er die Errötende jetzt gewaltsam in seine Arme schloß, drang ihm ein Duft in die Nase, der nicht zu den Parfümerien Amors gehört, er merkte, daß das Philtrarium vielmehr als ein Laxarium agierte, und seine Leidenschaft ward dadurch gar widerwärtig abgekühlt.
Die Meisterin rettete den Ruf ihrer Kunst, indem sie behauptete, den unglücklichen Philtrarius mißverstanden und geglaubt zu haben, er wolle von seiner Liebe geheilt sein.
Besser als ihre Liebestränke waren die Ratschläge, womit die Meisterin ihre Philtrarien begleitete; sie riet nämlich, immer etwas Gold in der Tasche zu tragen, indem Gold sehr gesund sei und besonders dem Liebenden Glück bringe. Wer erinnert sich nicht hier an des ehrlichen Jagos Worte im »Othello«, wenn er dem verliebten Rodrigo sagt: »Take money in your pocket!«
Mit dieser großen Meisterin stand nun unsere Zippel in intimer Bekanntschaft, und wenn es jetzt nicht eben mehr Liebestränke waren, die sie hier kaufte, so nahm sie doch die Kunst der Göchin manchmal in Anspruch, wenn es galt, an einer beglückten Nebenbuhlerin, die ihren eigenen ehemaligen Schatz heuratete, sich zu rächen, indem sie ihr Unfruchtbarkeit oder dem Ungetreuen die schnödeste Entmannung anhexen ließ. Das Unfruchtbarmachen geschah durch Nestelknüpfen. Das ist sehr leicht: man begibt sich in die Kirche, wo die Trauung der Brautleute stattfindet, und in dem Augenblick, wo der Priester über dieselben die Trauungsformel ausspricht, läßt man ein eisernes Schloß, welches man unter der Schürze verborgen hielt, schnell zuklappen; so wie jenes Schloß verschließt sich auch jetzt der Schoß der Neuvermählten.
Die Zeremonien, welche bei der Entmannung beobachtet werden, sind so schmutzig und haarsträubend grauenhaft, daß ich sie unmöglich mitteilen kann. Genug, der Patient wird nicht im gewöhnlichen Sinne unfähig gemacht, sondern in der wahren Bedeutung des Wortes seiner Geschlechtlichkeit beraubt, und die Hexe, welche im Besitze des Raubes bleibt, bewahrt folgendermaßen dieses Corpus delicti, dieses Ding ohne Namen, welches sie auch kurzweg »das Ding« nennt; die lateinsüchtige Göcherin nannte es immer einen Numen Pompilius, wahrscheinlich eine Reminiszenz an König Numa, den weisen Gesetzgeber, den Schüler der Nymphe Egeria, der gewiß nie geahnt, wie schändlich sein ehrlicher Namen einst mißbraucht würde.
Die Hexe verfährt wie folgt. Das Ding, dessen sie sich bemächtigt, legt sie in ein leeres Vogelnest und befestigt dasselbe ganz hoch zwischen den belaubten Zweigen eines Baumes; auch die Dinger, die sie später ihren Eigentümern entwenden konnte, legt sie in dasselbe Vogelnest, doch so, daß nie mehr als ein halb Dutzend darin zu liegen kommen. Im Anfang sind die Dinger sehr kränklich und miserabel, vielleicht durch Emotion und Heimweh, aber die frische Luft stärkt sie, und sie geben Laute von sich wie das Zirpen von Zikaden. Die Vögel, die den Baum umflattern, werden davon getäuscht und meinen, es seien noch unbefiederte Vögel, und aus Barmherzigkeit kommen sie mit Speise in ihren Schnäblein, um die mutterlosen Waisen zu füttern, was diese sich wohl gefallen lassen, so daß sie dadurch erstarken, ganz fett und gesund werden und nicht mehr leise zirpen, sondern laut zwitschern. Drob freut sich nun die Hexe, und in kühlen Sommernächten, wenn der Mond recht deutschsentimental herunterscheint, setzt sich die Hexe unter den Baum, horchend dem Gesang der Dinger, die sie dann ihre süßen Nachtigallen nennt.
Sprenger in seinem »Hexenhammer«, »Malleus maleficarum«, erwähnt auch diese Verruchtheiten der Unholdinnen in bezug auf obige Zauberei, und ein alter Autor, den Scheible in seinem »Kloster«
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