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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Ihr ermorden ließet.«
    Mit wohl nur geheuchelter Ergebenheit trat der Graf in den Kreis zurück. Er griff unter seine Kleidung und zog ein Notizbuch hervor, schrieb einige Worte auf ein leeres Blatt, riß dasselbe heraus und übergab es ihm.
    »Ich kann Deinem Herzen keinen Zwang anthun, Fabian; vielleicht lernt es später anders schlagen. Doch will ich Dir beweisen, daß ich jetzt aller Feindschaft gegen Dich entsage. Die Hazienda del Venado gehört mir, und Du bist mein einziger Erbe. Hört es, Sennores, damit Ihr es ihm bezeugen könnt. Don Augustin Pena ist nur der Pächter. Gieb ihm, wenn ich gar nicht oder nicht mit Dir zurückkehren sollte, diese Zeilen; er wird Dich als seinen Herrn empfangen und Dich in meine Zimmer führen. Oeffne das Schreibpult und drücke an die Feder in der rechten Seite der Nische desselben und Du wirst das Bekenntniß finden, von welchem ich gesprochen habe.«
    Fabian steckte die Zeilen zu sich.
    »Ich nehme dieses Blatt, Don Antonio, denn ich verzeihe Euch die Anschläge gegen mich und werde es Gott überlassen, den Tod meiner Mutter zu richten, doch – –«
    »Halt,« fiel ihm hier Pepe in die Rede; »Ihr könnt ihn nicht begnadigen, Sennor Fabian. Auch ich habe einen Ring; seht ihn hier an meiner Hand! Er gab ihn mir damals in der Ensenada, damit ich schweigen sollte, und ich ward so zum Mitschuldigen seiner That. Vergebt ihm, wenn ihr wollt, aber Gnade darf er nicht erhalten. Er hat mich heimathlos gemacht, als er es dahin brachte, daß ich Thunfische fangen sollte, und ich verlange, daß er seine Strafe erhalte!«
    »Pepe!« mahnte Fabian. »Gilt Euch mein Wunsch so wenig?«
    »Er gilt mir mehr, als Ihr denkt, aber seht Ihr denn nicht ein, daß Ihr auch diesen Cuchillo laufen lassen müßt, wenn Ihr Don Estevan begnadigt?«
    »Was er an mir und der Mutter that, vergebe ich auch ihm. Aber er ist der Mörder von Marcos Arellanos, und ich habe der Pflegemutter einen heiligen Eid leisten müssen, daß er sterbe, sobald ich ihn erreiche!«
    Cuchillo hörte diese Worte; er sah in das drohende Angesicht und mußte sich sagen, daß er keine Nachsicht finden werde. Noch war es Zeit zur Flucht, aber der Hauptschuldige sollte auf alle Fälle verloren sein.
    »Gnade, Don Fabian!« flehte er. »Ihr könnt nicht verzeihen und verdammen zu gleicher Zeit. Ich will Euch ohne Widerrede die Bonanza abtreten, will Euch dienen und gehorchen so lange ich lebe, will – – –«
    Fabian schnitt ihm die Rede mit einer gebieterischen Handbewegung ab.
    »Schweigt! Jedes Wort ist unnütz!«
    »So stirbt auch er!«
    Im Nu hatte er das Messer, welches man ihm unvorsichtiger Weise gelassen hatte, hervorgezogen und stieß es Arechiza   bis an das Heft in die Brust. Ehe er noch von Fabian, welcher ihn packen wollte, zurückgehalten werden konnte, sprang er auf die Ecke der Pyramide zu und verschwand hinter derselben.
    Die Andern eilten ihm sofort nach.
    »Halt,« donnerte Bois-rosé, »ich bin der Wächter, er gehört mir!«
    Mit einigen Riesenschritten erreichte er die Ecke und hob die nie fehlende Büchse empor.
    »Steht, Cuchillo!«
    Dieser wäre vielleicht doch entkommen, aber die Kälte des See’s hatte so auf die wieder aufbrechende Wunde seines Fußes gewirkt, daß er nur langsam vorwärts kam, er hörte den Ruf des gewaltigen Jägers hinter sich, aber er befolgte ihn nicht.
    »Steht!« wiederholte der Kanadier.
    Als auch dieser Befehl nicht beachtet wurde, drückte er los. Cuchillo überschlug sich, stürzte zur Seite und fiel in das Wasser des Sees, gar nicht weit von der Stelle, an welcher er vorher Zuflucht gesucht hatte.
    »Todt!« sagte Rosenholz einfach und wandte sich um.
    »Todt alle Beide,« fügte Pepe hinzu, »ohne daß wir das Gericht zu Ende gebracht hätten!«
    Fabian stand bereits wieder bei der Leiche seines Oheims. Die Andere traten zu ihm, aber sie wagten nicht, sein Schweigen zu unterbrechen. Sein Auge ruhte dichter auf den Ueberresten eines Mannes, welchen ihm die Natur so nahe gestellt hatte, und der doch schon in den Jahren der Kindheit sein ärgster Gegner gewesen war. Endlich wandte er sich um.
    »Es gibt eine ewige Gerechtigkeit, mein Vater, welcher   kein irdischer Richter gleicht. Weit drüben in Spanien geschah ein Verbrechen, und hier über dem Meere führt Gott die Thäter zu einer Stunde und an einem Orte, den noch kaum der Fuß eines Weißen betrat, mit Denen zusammen, an denen sie sündigten.«
    »Sennor Fabian, Ihr sprecht mir aus dem Herzen,« meinte Pepe

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