Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
denn hinter diesen Bergen ist der Aufbewahrungsort für unsern Kahn, wenn wir uns in der Apacheria befinden. Drei tapfere Jäger könnten die Pyramide gegen einen ganzen Indianerstamm vertheidigen, wenn sie nicht von der Höhe beherrscht würde, von welcher sich das Wasser stürzt. Wir müssen sie zu gewinnen suchen, ehe die Jäger eine Ahnung von unserer Anwesenheit bekommen; und hier lassen wir eine Sicherheitswache zurück, damit sie nicht nach dieser Seite ausbrechen können, bevor wir mit Anbruch des Morgens die Pyramide mit unsern Kugeln bestreichen können.«
Er wandte sich zu en Indianern, denen er einen Befehl ertheilte. Acht von ihnen zerstreuten sich über die Breite des Thales, die vier anderen aber folgten den drei Männern, das Grabmal so weit wie möglich umgehend, nach der Schlucht, welche Baraja und Oroche am vorigen Tage emporgestiegen waren.
Pepe konnte sie nicht halten, so gern er es auch gethan hätte, denn er mußte sich allerdings sagen, daß er mit den Gefährten in eine höchst bedenkliche Lage kommen werde, wenn der Feind von der Höhe herab das Plateau der Pyramide mit seinen Kugeln bestreiche. Er kehrte so vorsichtig wie auf dem Herwege nach dem Grabmale zurück. Die beiden andern fühlten sich bei seinem Erscheinen erleichtert; sie hatten Sorge um ihn gehabt.
»Nun?« frug der Kanadier.
»Ich habe sie Alle gesehen. Es sind wirklich zwölf Schwarze und drei Weiße, der brave Sennor Baraja dabei. Er log ihnen vor, daß wir den Inhalt der Bonanza in das Innere der Pyramide geschafft hätten.«
»Ah,« vermuthete sofort Bois-rosé, »er ist gefangen worden und hat ihnen das Gold als Lösegeld versprochen. Aus der höchsten Noth gerettet, hat ihn dann sein Versprechen gereut, und er sucht nun mit einer Lüge loszukommen. Vielleicht meint er, daß wir uns gegenseitig tödten, er schleicht sich fort und bleibt alleiniger Besitzer der Bonanza. Wo sind sie?«
»Sie haben sich getheilt. Acht Rothe schließen uns nach der Ebene zu ein, und die Andern sind bereits hinauf über den Wasserfall, um mit dem Morgen ihr Feuer auf uns zu beginnen.«
»Klug ausgedacht!«
»Noch haben wir Zeit, uns fortzuschleichen. Nach jener Anhöhe ist uns der Weg offen geblieben.«
»Fürchtet Ihr Euch, Pepe?« frug Fabian.
»Sennor, eine solche Frage leide ich nur von Euch! Ich habe sie nur wegen Euch ausgesprochen. Der Feind wird uns mit seinen Kugeln erreichen, und wenn es auch nicht sehr schade um zwei alte Knaben ist, wie ich und Rosenholz sind, so möchte ich doch nicht haben, daß der junge Graf de Mediana seinen Skalp in der Steppe lassen muß.«
»Sei ruhig, Pepe,« tröstete der Kanadier; »der Junge hat es nicht so schlimm gemeint. Ich sage Dir, daß ich das Placer nicht eher verlassen möchte, als bis der letzte Mitwisser, der es ja auch noch nicht verrathen hat, nicht mehr sprechen kann. Und unsere Lage ist nicht ganz so schlimm, wie Du meinst. Wir haben unsere drei guten Büchsen, den Karabiner Cuchillo’s und die gute englische Flinte Don Estevan’s; das erscheint mir genug gegen zwölf Rothhäute und drei weiße Hallunken, die allerdings eigentlich gar keine gute Kugel werth sind.«
»Aber unsere ausgesetzte Lage?«
»Kann verbessert werden. Wir haben Sättel und Decken, und hier liegen genug Steine, um jetzt während der Nacht eine Brustwehr zu errichten, hinter welcher wir vollständig sicher sind.«
Das war allerdings wahr, und die drei Männer machten sich sofort an das Werk, die Steine an demjenigen Rande der Pyramidenplatte, welche der Höhe gegenüber lag, zu einer Mauer aufzuhäufen. Die zwei gewaltigen Fichten, deren Stämme in dem Grabmale wurzelten, senkten ihre dichten Aeste tief herab. Auch zwischen diesen letzteren wurde mittelst der Sättel und Decken eine Wand gebildet, welche reichlichen Schutz gewähren mußte.
»So, jetzt sind wir fertig« meinte Rosenholz. »Diese Decken bilden eine beinahe noch bessere Schutzwehr, als die Steine, deren abspringende Splitter uns verwunden können; sie halten die Kugeln ab, indem sie ihnen nachgeben. Nun sind wir vollständig gerüstet zur Vertheidigung. Waffen und Munition besitzen wir vollauf, und ich bin begierig, wer den Platz behalten wird, die ›Könige der Savanne‹ oder die rothen und weißen Hallunken, die ich wirklich kennen lernen muß.«
»Bis dahin aber haben wir einige Stunden noch Zeit. Ich bin an der Wache. Legt Euch nieder, denn es ist wahrscheinlich, daß wir unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit bedürfen
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