Die widerspenstige Braut (German Edition)
1
Ein guter Freund muss es manchmal hinnehmen, dass man seiner Wut und Frustration Luft macht, auch wenn es höchst unerquicklich ist. Und so nutzte Grayson, der Earl of Hawkeswell, seine Freundschaft zu Sebastian Summerhays schamlos aus, während sie beide an diesem strahlenden Augustmorgen in Summerhays’ Kutsche festsaßen.
»Ich verfluche den Tag, an dem mich mein Vetter diesem Mistkerl vorgestellt hat«, schimpfte Hawkeswell. Dabei hatte er sich geschworen, geschworen , sich nicht so gehen zu lassen. Doch nun saß er hier, schäumte vor Wut über die Unsinnigkeit des Lebens und jammerte Summerhays etwas vor.
»Thompson war also nicht bereit, dir auch nur ein wenig entgegenzukommen?«, fragte Summerhays.
»Kein bisschen. Aber ihr Treuhänder hat eingewilligt, mit mir zusammen eine neue gerichtliche Untersuchung zu beantragen. Und wenn mir das Schicksal und die Gerichte gnädig sind, werde ich bis zum Jahresende dieses vertrackte Desaster hinter mir haben.«
»Es macht keinen Sinn, die Untersuchung zu behindern. Der Mann ist nicht ganz bei Verstand, wenn er das versuchen sollte«, bemerkte Summerhays.
»Er will die wertvollen Verbindungen, die er in den letzten zwei Jahren geknüpft hat, nicht so schnell kappen. Besser gesagt, seine Frau will es nicht. Sie beutet sie mit aller Macht aus, solange sie noch kann. Der Treuhänder selbst ist mit der momentanen Situation auch durchaus zufrieden. Er hat die Kontrolle über das Unternehmen, und das ist alles, was er will. Wenn wir diese ausweglose Situation beenden, riskiert er, alles zu verlieren.«
»Dann ist es gut, wenn du dich für eine Weile aufs Land zurückziehst. Du kannst ein wenig Ruhe und Frieden gebrauchen.« Summerhays lächelte. Er war ein guter und verständnisvoller Freund. In seiner Stimme lag eine Art ärztliche Anteilnahme, als ob er sich um die Gesundheit des Mannes, den er hier beschwichtigte, wirklich sorgte.
Hawkeswell betrachtete seine eigene Verärgerung aus Summerhays’ Perspektive, und seine Wut verwandelte sich schnell in verbitterte Belustigung. »Ich bin eine lächerliche Gestalt, oder? Ich nehme an, dass es sich um die Bestrafung dafür handelt, damals aus rein finanziellen Interessen geheiratet zu haben.«
»Solche Ehen werden die ganze Zeit geschlossen. Du bist das Opfer seltsamer Umstände, mehr nicht.«
»Lass uns hoffen, dass sich diese Umstände bald ändern. Ich stecke bis zum Hals in Schwierigkeiten und habe verkauft, was ich kann. Diesen Winter werde ich mich wohl vornehmlich von Porridge ernähren.«
Das Gespräch wandte sich anderen Themen zu, aber ein Teil von Hawkeswells Gedanken beschäftigte sich weiter mit dem mysteriösen Rätsel um seine verstorbene Frau, das ihn nunmehr seit zwei Jahren quälte. Verity war in der Themse ertrunken, doch ihre Leiche war niemals gefunden worden. Zumindest deuteten die Kleidungsfetzen ihres Hochzeitskleides, die man in dem Fluss gefunden hatte, darauf hin. Wie sie an ihrem Hochzeitstag dorthin gelangt war und warum sie Hawkeswells Anwesen überhaupt verlassen hatte, blieb ein Geheimnis. Und es gab Personen, die in ihm den Schuldigen sahen.
Sein Ruf, jähzornig zu sein, hatte diese Spekulationen zusätzlich untermauert. Doch jeder Narr musste wissen, dass es nicht in Hawkeswells Interesse hatte liegen können, Verity an jenem Tag verschwinden zu lassen. Eine nicht richtig geschlossene und vollzogene Ehe war immer eine umstrittene Sache, wie Veritys Treuhänder deutlich verkündet hatte, als er sich weigerte, Hawkeswell das Einkommen aus ihrem Vermögen auszubezahlen. Die Kirche würde entscheiden müssen, ob die Ehe überhaupt rechtsgültig gewesen war, sollte man sie für tot erklären. In der Zwischenzeit …
In der Zwischenzeit konnte ihr Ehemann, der vielleicht auch nicht ihr Ehemann war, warten und schmoren. Er durfte sich nicht erneut verheiraten, solange Verity offiziell noch am Leben war. Das Geld, das ihn vor den Altar geführt hatte, war jedoch unerreichbar. Er befand sich in einer Art Vorhölle.
Diese Machtlosigkeit zehrte an ihm. Er verabscheute es, ein Spielball des Schicksals zu sein. Schlimmer noch, dieser Zustand konnte noch jahrelang so weitergehen.
»Ich weiß deine Gesellschaft zu schätzen, Summerhays. Du bist zu taktvoll, um mir zu sagen, wie ermüdend ich bin. Es war sehr großzügig von dir, mich aus der Stadt zu begleiten, bevor ich in Surrey auf ein Pferd wechsle.«
»Du bist nicht ermüdend. Du steckst in einer Zwickmühle, und ich bedauere, dass ich
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