Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
nicht immer eine friedliche zu nennen sei. Die Sonne hatte ihr Gesicht so vollständig bronzirt, daß man nicht wußte, ob man in ihnen civilisirte Wilde vor sich habe oder Weiße, welche die Gewohnheit der Indianer angenommen haben.
Diese beiden Männer waren die Büffeljäger Encinas und Pascual, welche unter Falkenauge von Tubac aus den Zug gegen die apachischen Pferderäuber mitgemacht hatten.
Eben drehte sich die Unterhaltung der Gesellschaft um dieses Abenteuer.
»Und ich sage Euch, daß es wirklich die Räuber der Wüste gewesen sind, welche sich mit den Rothen verbunden hatten,« behauptete Encinas. »Schade nur, daß sie entkommen sind!«
»Können es denn so tüchtige Cibolero’s, wie Ihr seid, nicht mit ihnen aufnehmen?« frug der jüngste der Vaquero’s, der kaum zwanzig Jahre zählen mochte.
»Wo denkt ihr hin, Sennor Franzesko! Ich gehe dem Bison kühn entgegen, wenn er die Hörner gegen mich senkt, aber ein Geschöpf wie El Mestizo oder Mani Sangriente hat die blinde Wuth des Büffels, die Schlauheit des Fuchses, die Gewandtheit des Tigers und die Stärke des Löwen in sich vereinigt. Rechnet man dazu die Verworfenheit eines Menschen, dem nichts zu schlecht und gottlos ist, so lernt Ihr eine Kreatur kennen, welcher jeder ehrliche Cibolero aus dem Wege gehen muß.«
»Ich wollte es aber doch wohl wagen, mit ihm anzubinden.«
»Ihr? Habt Ihr überhaupt schon einmal mit Jemanden angebunden?«
»Nein!«
»So schweigt um aller Heiligen willen! Ihr kämt ja gleich im ersten Augenblick um Euren Skalp!«
»Aber es findet doch jedes Wesen seinen Gegner. Giebt es denn Keinen, der sich an sie wagen könnte?«
»Ich kenne nur Zwei oder Drei, denen dies möglich sein dürfte.«
»Wer sind sie?«
»Die ›Herren der Savanne‹ und Tiburcio Arellanos.«
»Ah, Tiburcio! Ja, den kennen wir Alle. Er ist der beste Rastreador von ganz Sonora, und unser Herr hält gar große Stücke auf ihn, seit er ihn von den Räubern befreit hat. Ich glaube sogar, daß die Sennorita auch zuweilen an ihn denkt. Aber wer sind diese Herren der Savanne?«
»Zwei nordamerikanische Jäger, welche von den Wilden der ›große Adler‹ und der ›zündende Blitz‹ genannt werden. Ich traf sie mit Tiburcio in der Steppe, als sie der Expedition Don Estevans folgten. Und wenn es außer ihnen je noch Einen gibt, der El Mestizo und Mani Sangriente nicht fürchtet, so ist es kein Anderer, als dieser Falkenauge, welcher der verteufeltste Comanche ist, den man nur sehen kann.«
»Ist es gar so schlimm?« frug Franzesko, der gar zu gern ein Held geworden wäre wie die berühmten Männer, deren Namen er jetzt gehört hatte.
»Schlimm nicht, aber wahr, Sennor Franzesko. Ich gebe Euch mein Wort, der Comanche nimmt es mit zwanzig Leuten, wie Ihr seid, spielend auf! Uebrigens ist er den Räubern nach, und es sollte mich wundern, wenn ich nicht einmal hörte, daß er auch wirklich mit ihnen zusammengetroffen ist!«
In diesem Augenblicke sprangen Alle von der Erde auf.
»Sennor Augustin, Sennorita Rosa!«
Dieser Ruf war es, welcher eine solche Wirkung hervorgebracht hatte.
Wirklich nahte unter den hohen Bäumen des Urwaldes eine ansehnliche Kavallade von ledigen Pferden und wohlbepackten Maulthieren, hinter welcher, von einigen bewaffneten Dienern gefolgt, Don Augustin mit seiner Tochter erschien.
Am See angekommen, blickte er sich forschend um und deutete dann mit der Hand die Stelle an, wo er das Lager aufgeschlagen wünschte. Während dies vorgenommen wurde, trat er mit Rosarita zu den Vaquero’s, welche ihn ehrfurchtsvoll und freudig begrüßten.
»Auch Encinas und Pascual!« rief er, sichtlich froh überrascht. »Da werde ich wohl wieder manches Abenteuer zu hören bekommen!«
»Ich denke es, Sennor,« antwortete der Erstere. »Wir haben in diesem Jahre da draußen in der Savanne so viel erlebt, wie sonst in zweien nicht. Wir haben El Mestizo gesehen, Ti – – –«
»Den Mestizen? Wo?« frug er rasch.
»Eine Strecke hinter Tubac, wo er vor uns und den Comanchen fliehen mußte. Ferner Tiburcio Arellanos mit den Fürsten – – –«
»Tiburcio?« frug Rosarita schnell, indem eine freudige Röthe ihr schönes Antlitz überflog.
Es war die erste Kunde von ihm, welche seit seinem Scheiden zu ihr gelangte.
»Wo saht Ihr ihn?« fügte Augustin hinzu.
»In der Steppe zwischen Tubac und der Apacheria. Er verfolgte Don Estevan de Arechiza in Gesellschaft des ›großen Adlers‹ und des ›zündenden Blitzes.‹ Dann habe
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