Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Wasser halten, und gelandet ist er weder hüben noch drüben, davon bin ich überzeugt. So mag er denn zum Teufel sein; die beiden Andern werden dennoch folgen und uns in die Hände laufen! Schwarzvogel muß längst voran sein. Vorwärts, daß wir ihn erreichen!«
Sie ergriffen die Ruder wieder und setzten die unterbrochene Fahrt von Neuem fort.
Bisonmähne hatte die Büchse ergriffen und wirklich beabsichtigt, mit einem Schusse das Zeichen zu ihrer Vernichtung zu geben, aber die Comanchen befanden sich mit den Bleichgesichtern in Frieden, und er wußte nicht, was Falkenauge zu so einer schnellen That sagen werde. So entkamen die Räuber der Wüste dem sichern Tode, welcher ihnen drohte, ohne daß sie es wußten.
Wohl eine halbe Stunde war seit ihrem Verschwinden vergangen, da ward es drüben am andern Ufer lebendig. Drei Reiter erschienen; es waren zwei Weiße und ein Indianer.
»O – hiii!« rief der Letztere nur so laut, daß es bis herüber zu hören war, und sofort tauchten die zehn Comanchen aus ihren Verstecken empor.
»Falkenauge wird kommen hinüber zu seinem Brüdern, sie mögen am Ufer bleiben!« befahl er.
Dann lenkte er mit seinen zwei Begleitern in das Wasser.
Da wurde es auf einmal an der Spitze der Insel unter den angeschwemmten Stämmen lebendig; der Gefesselte, welcher vorhin aus dem Canoe in das Wasser gesprungen war, arbeitete sich trotz seiner Banden an das Land empor und rief, die von einem Riemen umschlungenen Hände ausstreckend:
»Vater, Pepe Dormillon!«
Der Kanadier blickte auf.
»Fabian, mein Kind, mein Sohn!«
Er riß den aus dem Wasser ragenden Kopf seines schwimmenden Pferdes nach der Insel herüber. Auch Pepe und der Comanche folgten ihm.
»Santa Lauretta, er ists, er ists wahrhaftig! Hin zur Insel, Rosenholz, hin, und wenn das ganze Wasser von Thunfischen wimmelte.«
Einige Augenblicke später landeten sie; die Fesseln Fabians wurden zerschnitten, und er lag in den Armen Derer, die um ihn so unendlich besorgt gewesen waren. –
XI
Schluß
Sechzig Stunden von der Hazienda del Venado nach Norden entfernt dehnt sich ein großer, aus Cedern, Eichen, Korkbäumen, Sumachen und Wurzelträgern bestehender Wald aus.
Von dem Saume dieses Waldes bis zum rothen Flusse bildet der Boden eine einzige große Ebene, deren dichter Graswuchs eine solche Länge erreicht, daß ein Reiter auf dem Rücken seines Pferdes kaum über die Spitzen und Rispen desselben hinwegzusehen vermag.
Mitten in dem Walde und eingefaßt von den düstersten Gruppen der Baumriesen liegt ein Wasser, dessen klare Oberfläche die unregelmäßig viereckige Gestalt eines Trapezes bildet. Lange Guirlanden von grauem Moose hangen von den Aesten der Cedern nieder oder schwingen sich in breiten Lambrequins von Zweig zu Zweig. Großblätterige Wasserpflanzen schwimmen am Ufer, und prachtvoll glänzende Seeblumen öffnen ihre goldenen und silbernen Kelche dem Lichte der Sonne, welche ihre Strahlen büschelförmig auf den Wellen excentriren läßt, so daß sie im bunten, blitzschnellen Spiele die tief grünen Schatten des Waldes verklären.
Das ist der Büffelsee.
Diesen Namen hat er von den Thieren bekommen, deren Lieblingstränke er früher war. Doch sind die Büffel durch die Nähe der Menschen vertrieben worden und davongezogen, um einsamere Gegenden aufzusuchen. Doch zieht die isolirte Lage des See’s noch heut Heerden wilder und halbwilder Pferde an, welche seine unter tiefem Schatten verborgenen Wasser den offeneren Ufern des rothen Flusses vorziehen.
Auf der einen Seite des See’s hatte man durch die Lichtung des Waldes einen ziemlich großen, freien Raum gebildet, welcher mit einer sehr starken Verpalissadirung versehen war, die nur einen einzigen Aus-oder Eingang zeigte, welcher mit gewaltigen Querriegeln verschlossen werden konnte. Die Stämme, welche die Palissaden bildeten, waren unter einander durch feste, büffellederne Riemen verbunden und mit allerlei Strauch- und Astwerk umschlungen und verdeckt, welches den Zweck hatte, der Umzäunung ein natürliches Aussehen zu geben. Dieser Raum war zum Einfangen der wilden Pferdeheerden bestimmt und von den Vaquero’s Don Augustin Pena’s errichtet worden.
Am Ufer des Sees, nicht weit von diesem Platze, lagen vierzehn Männer am Boden, von denen zwölf die nationale Kleidung der Vaquero’s trugen, während die übrigen zwei Moccassins trugen und ganz in Leder gekleidet waren, dessen blutiges Aussehen darauf schließen ließ, daß ihre Beschäftigung
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