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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war. Die beiden Weißen ritten mit dem Häuptlinge an der Spitze. Der ältere von ihnen hob die Hand, um das Zeichen zum Halten zu geben, parierte sein Pferd und sagte, sich an den Häuptling wendend:
    »Was ist das! Wir sind nicht allein! Dort am Wasser ist ein Mann! Siehst du ihn? Er hackt die Erde auf.«
    Der Rote blickte in die angedeutete Richtung und antwortete in zwar gebrochenem aber doch geläufigem Spanisch:
    » Holá , ein Weißer bei unsrer Quelle, bei unserm Escondite (Versteck)! Er hat es entdeckt und gräbt es auf. Vaya ! Auf, und hin zu ihm!«
    Er wollte sein Pferd antreiben; der Weiße aber ergriff seinen Arm und sagte:
    »Halt, nicht so eilig! Laß uns ihn vorher beobachten. Er kann uns nicht entgehen. Er ist ja allein, ein einzelner.«
    »Ob er allein ist oder ob sich viele bei ihm befinden, das ist mir gleich. Ihr nennt mich el Brazo valiente (der »tapfere Arm«); ich bin der Kriegshäuptling der Abipones und fürchte mich vor keinem Feinde.«
    »Ich weiß es. Meine Worte enthielten keine Zweifel über deine Tapferkeit. Wer mag dieser Mensch sein, welcher Werkzeuge zum Graben bei sich führt, und durch welchen Verrat hat er Euer Almacen de polvora (Pulvermagazin) entdeckt? Er ist übrigens nicht allein hier; er hat Gesellschaft bei sich, denn ich zähle fünf Pferde, welche dort am Wasser weiden.«
    »Quedo – still!« rief da Antonio Perillo. »Er ist von kleiner Gestalt und ganz rot gekleidet. Sollte es möglich sein? Wenn mich meine Augen nicht trügen, so machen wir einen höchst wichtigen Fang. Es ist der Oberst, der sich in Buenos Ayres für einen deutschen Gelehrten ausgab!«
    » Demonio ! Ist’s wahr?« fragte der ältere von Perillos Begleitern.
    »Ich möchte es beschwören. Jetzt haben wir den Beweis, daß ich mich nicht irrte, daß es sich nicht um eine Ähnlichkeit, sondern um die vollste Identität handelt. Wie käme ein harmloser deutscher Bücherwurm an die geheime Pulverkammer, welche wir für unsre roten Verbündeten anlegten, damit sie im Augenblicke des Losschlagens die nötige Munition besitzen? Es ist der Oberst Glotino, dieser Schurke, der sich über alle unsere Wege schleicht. In Buenos Ayres traf ihn unsre Kugel nicht; hier aber soll sie ihn nicht fehlen!«
    Er zog den Revolver drohend aus dem Gürtel.
    »Still!« beruhigte ihn sein älterer Gefährte. »Keine Übereilung! Wir dürfen ihn nicht töten; er muß uns sagen, was er in dieser Gegend will und wie er zur Kenntnis unsres Versteckes gelangt ist. Schießen wir ihn nieder, so sind wir ihn los, ja; aber behalten wir ihn lebend in unsern Händen, so haben wir in ihm einen Geisel, welcher uns vom größten Vorteile werden kann. Und wer kommt da drüben? Sind das nicht Reiter?«
    Er deutete nach Süden, wo die fünf Punkte indessen größer und deutlicher geworden waren. Die Blicke der andern richteten sich dorthin. Antonio Perillo antwortete:
    »Das kann kein andrer als der Hauptmann Pellejo sein, mit dem wir hier zusammentreffen wollen. Unsre List ist also gelungen. Er hat den Auftrag erhalten, die Grenze zu inspizieren, er, unser Kumpan! Man bestellt den Bock zum Gärtner. Wir bekommen dadurch die Grenze und alle Niederlassungen am Flusse in die Hand. Dadurch sind unsern roten Verbündeten, wenn der Augenblick des Handelns kommt, sämtliche Einfallspforten geöffnet. Er ist’s gewiß, ganz gewiß. Ich denke, wir überlassen es nicht ihm, den Kerl dort zu fangen, sondern thun das selbst, noch ehe er herangekommen ist. Seht, der Halunke steigt hinab ins Magazin! Das ist der beste Augenblick. Wir umzingeln die Stelle. Vorwärts! Einige setzen sich augenblicklich in den Besitz der Pferde; dann gibt es kein Entrinnen für den Schurken.«
    Der Trupp setzte sich in rasche Bewegung gegen das Pulvermagazin, welches Doktor Morgenstern für den Einbettungsort eines vorweltlichen Tieres gehalten.
    Fritze hatte mit dem Chirurgen den Lehm, welcher den Boden der Höhle bildete, aufgegraben. Jeder Hieb oder Stoß, den die beiden thaten, war von einem dumpfen Tone begleitet, ein Beweis, daß es unter diesem Boden einen zweiten hohlen Raum gab. Als sie ungefähr einen Fuß tief gekommen waren, stießen sie zu ihrem Erstaunen auf starke Hölzer, aus abgeschnittenen Ästen gebildet, welche nebeneinander gelegt waren und die Träger des Lehmbodens bildeten. Sie zogen mehrere derselben heraus, und so entstand eine große Öffnung, durch welche sie hinabblicken konnten. Sie sahen da unter sich eine weit größere Höhle als die obere

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