Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
abstieg, meinte Antonio Perillo:
»Ich gehe mit.«
»Ist nicht nötig; einer ist genug.«
»Aber zwei sehen und hören mehr.«
Er verließ auch den Sattel, und der Gambusino hinderte ihn nicht daran. Sie schlichen vorwärts. Der Lichtschein war ihr Wegweiser, so daß sie die Höhle, obgleich sie dieselbe nicht kannten, unmöglich verfehlen konnten. Als sie in der Nähe derselben angekommen waren, legten sie sich nieder und krochen weiter, bis sie den einen Eingang fast erreicht hatten.
»Wenn einer zufällig herauskommt, wird er uns sehen?« raunte Perillo dem Gambusino zu.
»Nein, außer er fällt über uns weg. Hier ist es dunkel, drin aber hell; das blendet beim Heraustreten. Komm noch weiter heran!«
Sie schoben sich noch ein wenig fort und lagen dann so, daß sie in die Höhle sehen konnten. Sie erblickten die beiden Arrieros und den Peon; die andern drei konnten sie nicht sehen, aber sie hörten sie sprechen. Nach einigen Augenblicken zog der Gambusino seinen Gefährten zurück, bis sie sich so weit entfernt hatten, daß sie sich wieder aufrichten durften.
»Hast du ihn erkannt?« fragte Perillo.
»Wen?«
»Den Knecht des Wirtes in Salta.«
»Ja.«
»Aber die beiden andern kenne ich nicht.«
»Es sind Arrieros, wie du schon an ihrer Kleidung siehst. Ich habe sie schon gesehen, kenne aber ihre Namen nicht. Hast du eine Ahnung, was das für eine Sprache ist, welche die drei andern sprechen? Französisch ist es nicht, Portugiesisch und Englisch auch nicht.«
»Es klingt wie Deutsch. Ich habe in Buenos Ayres oft Deutsche miteinander sprechen gehört.«
»Demonio! Deutsch! Sollte etwa –«
»Wer? Was?«
»Still jetzt! Wir müssen sie unbedingt sehen. Die Höhle hat noch ein Loch. Wenn wir dorthin gehen, erblicken wir sie wahrscheinlich, weil sie an der andern Seite des Feuers sitzen. Komm!«
Sie schlugen einen Bogen, um nicht in den Bereich des Feuerscheins zu gelangen, und näherten sich dann von der andern Seite dem zweiten Eingange, ebenso kriechend wie vorher.
Die Vermutung des Gambusino erfüllte sich; die drei Deutschen waren zu sehen. Engelhardt saß so, daß er den Lauschern das Gesicht voll zukehrte, natürlich aber ohne sie zu bemerken; der Doktor und Fritze waren im Profil zu sehen.
Der Gambusino griff nach dem Arme Perillos und drückte denselben in seiner Aufregung so, daß der Stierkämpfer hätte laut aufschreien mögen. Sein Atem ging hörbar, fast röchelnd; doch beherrschte er sich und gab Perillo einen Wink, sich mit zu entfernen. Als sie in Sicherheit gelangt waren, schimpfte er, indem er mit den Zähnen knirschte:
»Verwünscht seien diese beiden Kerle! Hast du sie erkannt?«
»Natürlich! Ich hatte also recht, als ich sagte, daß es die deutsche Sprache sei.«
»Wie kommen diese Menschen hierher in diese Höhle?«
»Der Teufel ist ihr Führer gewesen!«
»Das muß so sein! Er führt sie uns immer in den Weg. Wir haben uns zwar geirrt, als wir den einen für Glotino hielten, aber sie sind uns doch gefährlich, denn sie laufen uns grad dann, wenn wir etwas Wichtiges vorhaben, allemal in den Weg.«
»O, das ist noch lange nicht das Gefährlichste!«
»Was denn?«
»Am bedenklichsten ist jedenfalls der Umstand, daß stets da, wo sie sind, sich auch der Vater Jaguar befindet.«
»Das ist wahr. Ich will doch nicht hoffen, daß der Teufel auch ihn herbeigeführt hat!«
»Was das betrifft, so ist dem Teufel und diesem Vaterjaguar alles zuzutrauen. Hast du die Sättel gezählt, welche in der Höhle lagen?«
»Ja. Es waren sechs Reitsättel. Daraus ist mit Sicherheit zu schließen, daß sich nur diese sechs Personen hier befinden. Den Vater Jaguar haben wir also wenigstens jetzt noch nicht zu befürchten.«
»Was thun wir? Reiten wir etwa weiter? Ich möchte wenigstens diesen beiden kleinen Deutschen endlich einmal einen Denkzettel anhängen.«
Der Gambusino blickte eine Weile sinnend vor sich nieder und antwortete dann:
»Ich habe einen Gedanken – –«
»Wohl den, sie wieder laufen zu lassen?«
»Kann mir nicht einfallen. Sie sind uns eigentlich ungefährlich, und wenn ich auch nicht so dumm bin, mir eines Menschenlebens wegen schwere Gedanken zu machen, so halte ich es doch für überflüssig, sie zu töten, wenn es nicht grad notwendig ist. Wenn wir sie festnehmen, so besitzen wir in ihnen zwei Geiseln gegen den Vaterjaguar, wenn er sich wirklich hier befinden sollte.«
»So meinst du, daß wir uns mit ihnen herumschleppen sollen?«
»Hm! Unbequem würde es
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