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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vorher so belebte Platz lag wieder still und lautlos da.
    Wirklich lautlos? Doch nicht ganz, denn gar nicht weit von der Höhle, wo sie hart an die Felswand geschmiegt gelegen hatten, erhoben sich zwei Gestalten, eine sehr lange und eine kürzere, denen das lose Haar weit über den Rücken hinabhing, und der Lange sagte mit unterdrückter Stimme zu dem Kleineren:
    »Sie haben dich gesehen; darum sind sie fort. Wie leicht konnten sie dich ergreifen, o Herrscher!«
    »Mich niemals, lieber Anciano,« antwortete Haukaropora, der Sohn des Inka. »Sie haben eine falsche Richtung eingeschlagen, um uns irre zu leiten; aber wir lassen uns nicht täuschen. Unsre Füße sind schneller, als die Hufe ihrer Pferde. Sie reiten sicher nach der Salina. Laß uns ihnen dorthin voraneilen, um dem Vater Jaguar ihr Nahen zu verkünden!«
    Die beiden Nachkommen der alten Peruaner verschwanden im Dunkel der Nacht. Aus ihren Worten ging hervor, daß sie von dem Vater Jaguar als Kundschafter ausgesandt worden waren, um ihm die Annäherung des Gambusino zu melden. Dieser letztere war eher als der erstere in Salta gewesen; er hatte einen Vorsprung von einem Tage gehabt; da er aber erst zu den Mojosindianern geritten war, während der Vater Jaguar mit seinen Leuten das Ziel direkt hatte aufsuchen können, so war dieser weit eher als der Gambusino an demselben angekommen. Hammer hatte sich das sehr wohl berechnet; er wußte genau, daß die Erwarteten erst später kommen konnten, und so ließ er, als er an der Mordschlucht ankam, seine Schar am Rande derselben lagern, ohne diejenigen Vorsichtsmaßregeln zu treffen, von denen er sonst gewiß nicht abgesehen hätte.
    Der Name Barranca del Homicidio, also Mordschlucht, war ein unheimlicher, und die Umgebung dieses Ortes, die ganze Gegend, stand im Einklange mit dem Eindrucke, welchen diese Bezeichnung machte. Die Vormittagssonne verschwendete ihre Wärme an ein Bild trostloser Einsamkeit. Leblos und kahl erhoben sich im Westen die Riesen des Gebirges; öde standen rings die Felsenhöhen in der Nähe und weder an ihren Hängen noch in den Thälern war eine Spur von Vegetation zu bemerken.
    Was die Schlucht selbst betraf, so fiel sie so steil in die Tiefe hinab, daß nur Fußgänger aber nicht Reiter, und selbst erstere nicht leicht, hinabkommen konnten. Auch hier gab es, weder an den Seiten noch auf dem Grunde der Schlucht, irgend eine Art von Pflanzenwuchs, und nur am Rande derselben, da wo die Reiter abgestiegen waren, sah man einige halb aus der Erde gerissene Wurzeln, deren Stengel von früher Dagewesenen als Feuerungsmaterial benutzt worden waren. Hier oben gab es nur glatten Fels, auf welchem selbst die Hufe der Maultiere kaum eine Spur zurücklassen konnten; die Tiefe aber war angefüllt von Gesteinstrümmern, welche sich im Laufe der Zeit von den Wänden abgelöst hatten und hinuntergestürzt waren. Nicht weit von den Lagernden, vielleicht fünfzig Schritt von der Schlucht entfernt, lag ein großer Felsblock, welcher auf der der Schlucht abgewendeten Seite überhing und so einen Raum zum Unterschlüpfen bildete, in welchem eine Person bequem Schutz gegen Wind und Wetter finden konnte. Der Vater Jaguar sagte zu seinem Geronimo, indem er auf diesen Fels deutete –
    »Unter diesem Steine hat Antonio Perillo gelegen, als er den Inka belauschte, ehe er ihn dann am folgenden Morgen weiter unten ermordete. Als mir der sterbende Pellejo erzählte, was er am Sumpfe der Knochen heimlich gehört hatte, sprach er von diesem Felsen. Perillo hatte unter demselben übernachten wollen, als der Inka vorüberkam.«
    »Ja,« antwortete Geronimo, indem er mit der Hand in die Tiefe deutete, »da drüben am jenseitigen Rande ist der Inka am andern Morgen erschienen und emporgestiegen; dort muß also der Schatz aufbewahrt sein.«
    Die beiden sprachen jetzt offen, so daß die andern alle es hörten, von dem Schatze und bedienten sich dabei des Wortes Inka, denn der alte Anciano und Haukaropora hatten während der letzten Tage zu ihnen offen von ihrem Geheimnisse, welches bis dahin nur der Vater Jaguar außer ihnen gekannt hatte, gesprochen. Anciano hörte, welche Vermutung Geronimo aussprach, und sagte infolgedessen:
    »Sie haben ganz richtig vermutet, Señor. Dort drüben, wo man nur mit Anstrengung aufwärts steigen, von oben nach unten aber mit Gefahr für seine Glieder gelangen kann, ist die Stelle, nach welcher der Gambusino und Perillo suchen wollen.«
    »Du kennst sie natürlich?« fragte

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