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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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um selbst auch dort zu bleiben und zu warten, welche Befehle der Gambusino ferner noch erteilen werde. Auch der Häuptling begab sich wieder hinaus, wohl ohne dazu einen andern, besonderen Grund zu haben als den Respekt, den er vor dem Gambusino hegte.
    Dieser schürte das Feuer heller und stellte sich dann mit Perillo so vor die Gefangenen, daß diese, die sich von ihrem Schrecken noch nicht erholt hatten, ihre Feinde deutlich sehen konnten.
    »Willkommen hier oben in den Bergen, Señores!« redete er sie in höhnischem Tone an. »Ich bin ganz entzückt, Sie hier zu sehen. Es scheint mir beschieden zu sein, mich immer wieder an Ihrem Anblicke erquicken zu dürfen. Wie geht es Ihnen?«
    »Sehr gut, Señor,« antwortete Fritze, der sich zuerst gefaßt hatte, und nun in dieser Weise antwortete, um dem Gambusino die Freude zu verderben, ihn kleinlaut und erschreckt zu sehen.
    »Gut? Sogar sehr gut? Sie befinden sich also wohl?«
    »Ja. Wenn es Ihnen so ums Herz wäre, wie mir, könnte man Sie beneiden.«
    »Ihr Herz geht mich weniger an als Ihr Geldbeutel. Wie steht es mit diesem? Sind Sie reich?«
    »Sehr.«
    »So können Sie ein Lösegeld zahlen?«
    »Ja.«
    »Aber Sie haben kein Geld mit?«
    »Leider ist es so. Es liegt bei meinem Bankier.«
    »Das thut nichts. Sie werden mir eine Anweisung geben. Wie steht es mit Ihrem Gefährten?«
    Damit war Doktor Morgenstern gemeint, welchem vor Schreck die Sprache abhanden gekommen zu sein schien. Er schwieg; aber Fritze antwortete für ihn:
    »Der arme Teufel hat weiter nichts, als was in seiner Tasche steckt, eine Handvoll Bolivianos; das ist alles.«
    »So muß er sterben. Ich könnte ihn nur gegen ein Lösegeld freigeben.«
    »Fällt ihm nicht ein, zu sterben, da er weiß, daß ich oft und manchmal für ihn bezahle.«
    »Auch dieses Mal?«
    »Ja. Wie hoch soll die Summe sein?«
    »Zehntausend Bolivianos für beide; das ist die geringste Summe, die ich fordern darf.«
    »Schön! Sollen sie haben! Geben Sie mir Tinte, Feder und gutes, weißes Papier, so soll die Anweisung sofort geschrieben werden!«
    »Nur langsam! Es hat keine so große Eile. Ich muß doch auch mit diesem Señor sprechen.«
    Er pflanzte sich breitspurig vor Engelhardt auf und fragte ihn:
    »Kennen Sie mich vielleicht, Señor Engelhardt?«
    »Nein,« antwortete der Gefragte, welcher sein Herz erleichtert fühlte, da es sich nicht um sein Leben, sondern nur um ein Lösegeld zu handeln schien.
    »Nicht? Nun, das schadet nichts, denn Sie werden mich kennen lernen, und wenn Sie sich so bereitwillig zeigen, wie dieser kleine Señor, welcher keinen einzigen von den zehntausend Bolivianos abgehandelt hat, so wird unsre Bekanntschaft eine für beide Teile sehr angenehme sein.«
    »Wieviel verlangen Sie für meine Freiheit?«
    »Das wird sich finden, nachdem ich erfahren habe, wie hoch sich Ihr Besitz beläuft. Ich pflege nämlich nach Prozenten desselben zu rechnen und – –«
    Er wurde unterbrochen, und zwar von dem Häuptlinge, welcher hastig hereintrat und ihm einen Wink gab, auf die Seite zu kommen. Als er diesem Winke gefolgt war, flüsterte ihm das »spitze Messer« zu:
    »Wir sind nicht sicher; wir werden belauscht. Einer meiner Leute hat eine Gestalt gesehen, welche an der Erde herbeigekrochen kam.«
    »Vielleicht irgend ein Tier!«
    »Nein, Señor; es war ein Mensch, denn als er sah, daß er bemerkt worden war, sprang er auf und lief davon.«
    »Habt ihr ihn nicht verfolgt?«
    »Wer kann das in der Finsternis, welche draußen herrscht? Der Mann ist in einem einzigen Augenblicke verschwunden gewesen.«
    »Qué disgusto! So müssen wir augenblicklich fort. Wer weiß, wer sich hier herumtreibt.«
    »Gewiß der Vater Jaguar,« antwortete Antonio Perillo, welcher so nahe stand, daß er die Meldung des Häuptlings gehört hatte.
    »Nein, dieser sicher nicht, denn wenn er es wäre, so würde er nicht zögern, über uns herzufallen, um die Gefangenen zu befreien. Aber mag es sein, wer es will; er soll uns nichts anhaben; wir führen ihn irre.«
    Er trat das Feuer aus, damit es nicht zum Verräter werden möge, und erteilte noch einige leise Befehle. Einige Indianer holten die Maultiere der Gefangenen und Erschossenen zusammen, und andre nahmen die gefesselten Deutschen auf und trugen sie nach der Stelle, wo der Indianer die Tiere bewachte. Dort gab es ein kurzes Durcheinander, und dann hörte man, daß sich der Trupp entfernte, aber nicht in der Richtung der Salina del Condor, sondern in die entgegengesetzte. Der

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