Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
noch ist es nicht vollständig gelungen. Es gilt nun erst, die Anweisung nach San Francisco zu schaffen. Hoffentlich kommen wir glücklich dort an! Wir brechen natürlich doch gleich auf?«
»Ja,« antwortete Poller. »Vorher aber müssen wir uns doch teilen.«
»Worin?«
»In die Gegenstände, die wir den beiden abgenommen haben.«
»Ist das denn sofort nötig?«
»So sehr nicht; aber es ist jedenfalls besser, es weiß ein jeder, was ihm gehört.«
Grinley hätte ihn am liebsten sogleich niedergeschlagen, aber er sagte sich, daß ihm das, was er jetzt bekam, später doch wieder abgenommen würde. Darum entschied er im Tone der Gutwilligkeit:
»Meinetwegen, die Pferde bleiben natürlich ungeteilt, und über die andern Gegenstände werden wir uns nicht zanken. Wir sind Freunde und Brüder, die sich wegen Kleinigkeiten nicht veruneinigen werden.«
Sie setzten sich nieder und breiteten die geraubten Waffen, Uhren, Ringe, Börsen und andren Gegenstände vor sich aus, um ihren Wert zu taxieren und sie nach demselben unter sich zu verteilen.
Während dies geschah, kamen durch die Schlucht, die nach dem See führte, acht Indianer geschlichen. Es waren Navajos; an ihrer Spitze huschte der Kundschafter, welcher schon vorhin hier gewesen war. Am Eingange zum Thale angekommen, blieben sie halten und lauschten hinter den Büschen hervor. Sie sahen die drei Weißen sitzen.
»Uff!« flüsterte der Aelteste von ihnen, indem er sich an den Kundschafter wandte, »es ist wirklich so, wie mein Bruder berichtet hat: der See ist voll Petroleum. Wo ist dasselbe hergekommen?«
»Die Bleichgesichter werden es wissen,« antwortete der andre.
»Hat mein Bruder nicht fünf Weiße gezählt? Ich sehe nur drei.«
»Vorhin gab es fünf; es fehlen zwei. Diese drei sind diejenigen, welche ich bei Mokaschi, dem Häuptling der Nijoras sah.«
»Welcher von ihnen hat unsern Bruder Khasti-tine ermordet?«
»Der, welcher jetzt zwei Flinten in den Händen hat.«
Er meinte damit den Oelprinzen.
»Er wird eines bösen Todes sterben; aber auch die beiden andern kommen an den Marterpfahl. Uff! Sie teilen die Sachen, welche vor ihnen liegen. Bald erhält der eine etwas und bald der andre. Der vierte und der fünfte sind verschwunden. Die Sachen haben ihnen gehört. Sollten sie getötet worden sein?«
»Wir werden es erfahren. Wann ergreifen wir sie?«
»Jetzt gleich. Sie achten auf nichts als auf ihren Raub und werden so erschrecken, daß sie sich gar nicht wehren. Meine Brüder mögen mir schnell folgen.«
Er schnellte sich, die sieben andern hinter ihm her, auf die drei Weißen zu. Dieser Ueberfall kam so plötzlich und wurde so rasch ausgeführt, daß sie gebunden waren, ehe sie nur einen Schrei ausgestoßen oder ein Glied zu ihrer Verteidigung gerührt hatten. Vor Angst versagte ihnen die Sprache.
Auch die Roten sprachen zunächst kein Wort. Fünf von ihnen setzten sich zu den Gefangenen nieder; die andern drei entfernten sich, um das Thal abzusuchen. Als sie zurückkehrten, meldete einer von ihnen:
»Die zwei Bleichgesichter bleiben verschwunden. Wir haben keinen von ihnen gesehen.«
»Sind sie nicht am Felsen emporgestiegen?« fragte der Aelteste.
»Nein; dann hätten wir ihre Spuren gesehen.«
»Wir werden sogleich erfahren, wo sie zu suchen sind.«
Er zog sein Messer, setzte es dem Oelprinzen auf die Brust und drohte:
»Du bist der Schurke, welcher Khasti-tine, unsern jungen Bruder, ermordet hat. Sagst du mir nicht augenblicklich, wo die zwei Bleichgesichter hingekommen sind, welche vorhin noch bei euch waren, so stoß’ ich dir dieses Eisen in das Herz!«
Dieser Befehl versetzte Grinley in großen Schrecken. Gehorchte er, so holten die Indianer den Bankier und seinen Buchhalter ganz gewiß aus der Höhle; das aber durfte nicht geschehen. Gehorchte er nicht, so stand zu erwarten, daß der Rote seine Drohung ausführen und ihn erstechen werde. Was thun? Da half ihm wieder der listigere Buttler aus der Not; dieser rief dem Indsman zu:
»Du irrst dich. Der Mann, den du erstechen willst, ist nicht der Mörder von Khasti-tine. Wir sind ganz unschuldig an dem Tode desselben.«
Der Indianer ließ von dem Oelprinzen ab und wendete sich an Buttler:
»Schweig! Wir wissen gar wohl, wer der Mörder ist.«
»Nein, ihr wißt es nicht!«
»Dieser unser Bruder hat es gesehen.«
Er deutete auf den Kundschafter.
»Er irrt sich,« behauptete Buttler trotzdem. »Er hat uns bei dem Häuptling der Nijoras gesehen; aber als die beiden
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