Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
jungen, wackeren Krieger zu seinen Navajos senden, denn wir werden sie selbst aufsuchen.«
Er wollte fort. Da legte Old Shatterhand ihm die Hand auf den Arm und sagte:
»Mein Bruder mag noch einen Augenblick warten! Wenn wir morgen in die uns gestellte Falle gehen wollen, ohne daß es uns schadet, so müssen wir vorher wissen, daß es auch wirklich und ganz genau dieselbe Falle ist, von der wir jetzt gehört haben.«
»Mein Bruder meint, daß die Nijoras sich doch vielleicht noch eines andern besinnen könnten?«
»Ja. Dann würden wir in die Schlinge gehen, ohne sie öffnen zu können.«
»So muß einer von uns beiden hierbleiben.«
»Gewiß. Einer bleibt da, um die Nijoras scharf zu beobachten. Soll ich das sein?«
»Nein, ich bleibe hier. Mein Bruder Old Shatterhand versteht es besser als ich, mit seinen weißen Männern und Frauen umzugehen. Darum mag er fortreiten und sie benachrichtigen.«
»Gut! Aber es ist nicht nötig, daß du während der ganzen Nacht hier am Winterwasser bleibst, sondern es genügt, wenn du morgen früh wieder hergehst.«
»Ja, ich muß doch auch zu meinem Pferde, bei dem ich während der Nacht lagern werde.«
»So komm!«
Sie wendeten sich nun der Richtung zu, aus welcher sie gekommen waren. Jetzt brauchten sie sich nicht zu verbergen, denn sie konnten ja, weil es dunkel war, nicht gesehen werden. Sie hielten sich vielmehr auf der offenen Steppe und kamen auf diese Weise sehr schnell vorwärts. Dabei berieten sie sich über die Art und Weise, in der ihr Plan morgen ausgeführt werden sollte.
»Ich nehme natürlich an, daß ich die Navajos in der Nacht auffinde,« sagte Old Shatterhand. »Sie werden augenblicklich bereit sein, auf meine Vorschläge einzugehen.«
»Sie werden nicht nur bereit sein, sondern sich außerordentlich darüber freuen. Wann wird mein Bruder Old Shatterhand hier eintreffen?«
»Das kann ich nicht genau sagen, da ich nicht weiß, wann ich die Navajos treffen werde. Kann ich es aber ermöglichen, so breche ich mit dem Tagesgrauen von der Stelle auf, an welcher unsre Gesellschaft jetzt lagert.«
Es ist bereits erwähnt worden, daß er während des Herweges eine dazu passende Stelle gefunden und den nachfolgenden Gefährten genau bezeichnet hatte.
»So mag mein Bruder,« sagte der Apache, »wenn er kommt, da halten bleiben, wo wir Schi-So vorhin zurückgelassen haben. Ich werde mich in der Nähe befinden und dir dann sagen, wie die Nijoras sich verhalten haben.«
»Ja. Und dann werden wir ja wissen, ob wir unsern jetzigen Gedanken ausführen können. Ich wünsche sehr, daß es geschehen kann, denn dann ist es möglich, den Konflikt, welcher zwischen den beiden Stämmen entstanden ist, ohne Blutvergießen auszugleichen.«
»Wie denkt sich denn Old Shatterhand die Ausführung unsers Planes? Wir werden mit den weißen Leuten also nach dem Winterwasser reiten?«
»Ja.«
»Und so in die Furt hinabsteigen, als ob wir nichts ahnten?«
»Ja.«
»Und auch die Squaws und die Kinder mitnehmen?«
»Natürlich!«
»Aber sie werden sich fürchten und uns also sehr hinderlich sein!«
»Wir dürfen sie trotzdem nicht zurücklassen, weil ihr Fehlen den Nijoras auffallen müßte und sie vielleicht mißtrauisch machen würde.«
»Das ist richtig. Sie dürfen also nicht zurückbleiben, doch mag mein Bruder sie sehr ermahnen, ja nichts zu thun, was uns schaden kann. Aber, wenn wir uns dann unten zwischen dem Wasser und den Felsen befinden und die Nijoras kommen, dann dürfen die Navajos keinen Augenblick zögern!«
»Nicht eine Sekunde! Sie werden da sein.«
»Ohne von den Nijoras bemerkt zu werden?«
»Ja.«
»Aber diese roten Männer werden uns beobachten, wenn wir kommen. Wie will Old Shatterhand es anfangen, daß sie die Navajos nicht sehen?«
»Sehr einfach. Die Navajos dürfen natürlich nicht hinter uns herkommen, denn da würden sie bemerkt. Sie müssen vielmehr schon an Ort und Stelle, also in der Nähe der Furt des Winterwassers sein, wenn wir dort ankommen. Zunächst werden wir zusammenreiten, unsre Weißen und die Navajos. Wenn wir aber so weit gekommen sind, daß wir von den Nijoras fast gesehen werden können, halten wir an. Das wird also da sein, wo ich dich treffen will. Dort erfahre ich von dir, wie die Angelegenheit steht. Steht sie gut, so warten die Weißen, bis ich wiederkomme, und ich führe die Navajos in einem weiten Bogen nach Süden, dahin, wo das Gesträuch des Winterwassers beginnt. Während wir diesen Bogen reiten, halten wir uns
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