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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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uns freilassen!«
    »Du irrst. Welche Strafe ruht nach dem Gesetze der Savanne auf dem Pferdediebstahl?«
    Der Gefragte antwortete nach einigem Zögern:
    »Der Tod; aber eure Pferde sind wieder zu euch zurückgekehrt!«
    »Und welche Strafe ruht auf dem Diebstahle von Waffen?«
    »Auch der Tod; aber ihr habt euch eure Gewehre wieder geholt!«
    »Daß wir die Pferde und die Waffen wieder haben, ändert nichts an deiner Schuld. Der Diebstahl wurde nicht nur versucht, sondern wirklich ausgeführt. Dein Leben ist verwirkt!«
    »So wollt ihr mich töten?« fuhr der Häuptling zornig auf.
    »Wir sind keine Mörder. Wir töten nicht, sondern wir bestrafen, denn du hast Strafe gewollt und verlangt.«
    »Uff! Wann hätte ich sie verlangt?«
    »Als du Gerechtigkeit fordertest. Auf unsre Gnade und Barmherzigkeit hast du ja ausdrücklich und höhnisch verzichtet.«
    Der Komantsche ließ den Kopf wieder sinken und schwieg. Er wußte, daß er nicht umsonst die Milde dieser beiden menschenfreundlichen Männer anrufen würde; aber sein Stolz sträubte sich dagegen, es zu thun. Nach einer Zeit unnützen Nachdenkens fragte er:
    »Haben wir das Camp überfallen?«
    »Nein.«
    »So können uns die Bleichgesichter, welche da wohnen, nichts thun!«
    »Irre dich nicht!«
    »Irre ich mich?«
    »Ja.«
    »So sag, wieso?«
    »Was wirst du thun, wenn der Grizzly auf dich zukommt, um dich zu fressen?«
    »Ich werde ihn töten.«
    »Das ist ungerecht. Wie darfst du ihn töten, da er dich noch nicht gefressen hat!«
    »Er würde es aber thun, wenn ich ihm nicht das Leben nähme!«
    »Das mußt du abwarten!«
    »Uff! Der Bär ist ein Tier, aber nicht ein Mensch!«
    »Es ist der Wille des großen Manitou, daß der Bär vom Raube und vom Blute lebe, der Mensch aber nicht; also ist ein Mensch, der Blut vergießen will, viel ärger als ein Raubtier, und es ist ganz nach deinen eigenen Worten, daß man einen Menschen, welcher Blut vergießen will, sofort tötet, ohne etwa abzuwarten, bis er es vergossen hat. Du selbst hast euer eigenes Urteil gesprochen!«
    »Uff, uff!«
    Nach diesem unwilligen Ausrufe des Eingeständnisses trat wieder eine Pause ein. Old Shatterhand hütete sich, sie zu unterbrechen. Der Komantsche mußte selbst wieder beginnen. Dieser ließ eine Weile vergehen, ehe er fragte:
    »Wo ist Ik Senanda, den du gefangen hast?«
    »An einem sichern Orte, wo er auf sein Urteil wartet.«
    »Wie wird dieses Urteil lauten?«
    »Der Tod.«
    »Wie? Ihr wollt auch ihn töten, der sich gar nicht an dem Ritte nach Firwood-Camp beteiligt hat?«
    »Ja. Er hat sich mehr als nur beteiligt, denn er ist der Spion, der Verräter, welcher den Ueberfall vorbereitet hat. Du weißt, daß man Spione henkt, und daß es nie vorkommt, daß einer Gnade findet.«
    »So werden wir kämpfen!« drohte er.
    »Thut es! Schau da hinab! Kann eine einzige von euern Kugeln treffen? Dagegen bedarf es nur eines einzigen Rufes von mir, so krachen alle unsre Gewehre. Wenn jedes Bleichgesicht nur zweimal schießt, lebt keine einzige Rothaut mehr. Das weißt du auch, ohne daß ich es dir erst zu sagen brauche.«
    »Uff! Seit wann ist Old Shatterhand ein so blutdürstiger Mensch geworden?«
    »Seit du Gerechtigkeit von mir gefordert hast; denn die Gerechtigkeit verlangt euer Blut, nichts andres und geringeres.«
    »Man sagt, du seist stolz darauf ein Christ, ein guter Mensch zu sein?«
    »Gut soll jeder Mensch sein; ein Grund zum Stolze aber ist das nicht.«
    »Ist es gut, nach Rache zu lechzen?«
    »Ich lechze nicht. Versuche es nicht, mich mit solchen Worten zu gewinnen. Was hatten euch die Bewohner dieses Camp gethan, daß ihr sie morden und skalpieren wolltet? Nichts! Du verlangst, daß euch trotzdem nichts geschehe. Seid ihr etwa ebenso unschuldig, wie sie waren? Euch wird nur die Gerechtigkeit, welche du gefordert hast. Gnade willst du ja nicht!«
    Wieder sank der Häuptling ratlos in sich zusammen. Er befand sich in einer für ihn fürchterlichen Lage. Er konnte sich und seine Leute weder mit List noch durch Gewalt retten; das sah er ein; aber durfte er, der stolze Häuptling, der sich für den berühmtesten, tapfersten und gefürchtetsten Komantschen hielt, grad diese beiden Männer, die als ihre gehaßtesten Gegner galten, um Gnade und Schonung bitten? Alles, alles, was in ihm lebte, sträubte sich dagegen, und doch sah er keine andre Möglichkeit, dem Tode zu entgehen. Er fürchtete den Tod zwar nicht, nämlich den Tod an sich; aber er fürchtete die Todesart, die ihm hier

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