Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
– auch wollte – ich kann – kann es doch nicht sagen!«
»Warum nicht?«
»Weil – weil – weil ich eben ausgestoßen worden bin. Ich darf nie zu meinem Stamme zurückkehren; ich muß zu den Bleichgesichtern gehen und bei ihnen wohnen und leben; dazu brauche ich aber Gold, viel Gold, weil man den Weißen alles bezahlen muß. Das aber würdet Ihr mir nehmen, wenn ich Euch verriete, wo die Bonanza liegt!«
»Welch eine Dummheit! Wie groß, wie riesengroß sie ist, das wirst du sogleich erfahren. Wie viel Gold wird wohl in der Bonanza zu finden sein?«
»Uff!« rief er, wie unbedacht triumphierend. »So viel, daß fünfzig Pferde es nicht forttragen könnten.«
»Ist es die Möglichkeit!« schrie Majestät da förmlich auf. »Ist das wahr? Ist’s wirklich wahr?«
»Ja. Ich habe es liegen sehen.«
»Wann?«
»Schon oft, und heute Vormittag zum letztenmal.«
»Hört ihr es, ihr Männer? Habt ihr’s gehört? Nehmt euch um Gottes willen zusammen, daß euch nicht der Verstand überschnappt! So eine Masse, so eine ungeheure Masse von Gold! Das reicht ja zu, um die ganzen Vereinigten Staaten zu kaufen! Und da denkt dieser dumme Mensch, daß er alles allein nur für sich braucht, um eine Flinte und Feuerwasser bezahlen zu können! Mensch, ich sage dir, wenn du nur so viel Gold hast, wie du mit deinen Händen zu tragen vermagst, kannst du dir die größten Wünsche erfüllen und Feuerwasser trinken, so lange du lebst! Aber du sollst gar nicht so wenig davon bekommen. Wenn du uns die Bonanza zeigst, so werden wir teilen; du bekommst die eine Hälfte, und wir nehmen die andre; dann kannst du alle deine Apatschen auslachen und herrlicher leben als der Präsident, den ihr den weißen Vater nennt!«
»Herrlicher – als der – als der weiße Vater? Ist das wahr?« fragte er so freudetrunken, als ob er sich das Leben des Präsidenten noch tausendmal wonniger vorstellte, als das Leben in den ewigen Jagdgründen.
»Ja, ja! Ich gebe dir hiermit den heiligsten Schwur darauf. Du wirst dann alles, alles bekommen, was dein Herz begehrt.«
»Auch Feuerwasser, so viel ich nur trinken will?«
»Mehr, viel mehr Feuerwasser, als selbst der Mississippi fassen könnte! Nur sage schnell, schnell, wo sich die Bonanza befindet!«
Sein Gesicht war verklärter und immer verklärter geworden; es war klar, daß er jetzt ganz nahe daran stand, das kostbare Geheimnis zu verraten, doch sprach er noch einen letzten Gedanken aus:
»Ihr seid über dreißig Krieger, und ich bin allein und ohne Waffen. Wenn ich euch die Bonanza zeige, werdet ihr alles für euch nehmen und mich fortjagen, so daß ich gar nichts bekomme!«
»Das ist Unsinn, hundertfacher, ja tausendfältiger Unsinn! Wir sind ehrliche Leute und geben dir die Hälfte. Ich habe es gesagt und werde mein Wort halten! Sagst du es uns aber nicht, so wirst du ohne Gnade und Barmherzigkeit erschossen, und zwar sofort, auf der Stelle, hier auf demselben Platze, wo du stehst. Also wähle, wähle rasch! Entweder den Tod oder so viel Feuerwasser, wie du in deinem ganzen Leben trinken kannst!«
Die Majestät war unbeschreiblich aufgeregt, und die andern Weißen waren es nicht minder. Ueber fünfzig Pferdelasten gediegenes Gold! Das war ja kaum auszudenken! Ihre gierigen Blicke sogen sich jetzt förmlich an die Lippen des Halbblutes fest. Bei diesem schien die abermalige Androhung des Todes ebenso sehr den Ausschlag zu geben wie die Hoffnung auf einen ganzen Mississippi voll Feuerwasser. Er antwortete zum Entzücken all der einunddreißig Männer:
»Yato Inda will euch sein Vertrauen schenken, er will glauben, daß er sich die Hälfte des Goldes nehmen darf, und wird euch darum zeigen, wo die Bonanza of Hoaka liegt.«
Da brach ein allgemeiner Jubel aus, ein Jubel, wie ihn der Westmann mit dem Worte » shout « zu bezeichnen pflegt. Selbst Majestät focht mit den Armen wie mit Windmühlenflügeln in der Luft herum und that einen Freudensprung nach dem andern, trotz seines Alters, seines grauen Bartes und seines schneeweißen Haupthaares. Nur ein einziger besaß Gewalt genug über sich, seine Aufregung einigermaßen zu beherrschen, nämlich der lange Hum, dessen Gesicht zwar auch vor Freude strahlte, der aber so laut in den Lärm der andern hineinrief, daß ihn alle hörten:
»Mylords und Gentlemen, Sennores und Mesch’schurs! Es steht uns eine ungeheure Freude bevor, aber unsre Rechtlichkeit soll nicht geringer, soll nicht kleiner sein. Wir haben diesem Manne die Hälfte des Goldes
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