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Sag nichts, kuess mich

Sag nichts, kuess mich

Titel: Sag nichts, kuess mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
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der Mann verrückt?! Er küsste sie, als hätte er das Recht dazu. Dabei waren sie sich erst vor Minuten zum ersten Mal begegnet und hatten nichts als Verachtung füreinander übrig.
    Erneut versuchte Alessia, sich aus seiner Umarmung zu winden.
    Noch ein Fehler, schlimmer als der erste. Weil sie den harten Beweis seiner Erregung an ihrem Körper fühlen konnte.
    Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen. Sie begann zu beben. Wieso war ihr plötzlich so schwindlig, wieso schien der Boden plötzlich zu schwanken?
    Sie hörte einen Laut. Hatte sie etwa dieses leise Seufzen ausgestoßen? Oder war es Nicolo Orsinis heiseres Knurren gewesen?
    Ihre Hände entwickelten ein Eigenleben. Wanderten zu seinen Schultern, weiter zu seinem Haar. Ihre Lippen gaben nach …
    Und dann war es vorbei.
    Er packte sie hart bei den Armen und schob sie von sich. Sie starrte ihn an. Seine Gesichtszüge waren hart und überschattet, die dunklen Augen mit den dichten schwarzen Wimpern hatte er zusammengekniffen. Leichte Röte zeichnete sich auf seinen Wangen ab, in denen ein Muskel zuckte.
    Alessia wollte ihn ohrfeigen. Noch stärker war der Drang, einfach davonzulaufen.
    Sie tat weder das eine noch das andere. Schon als junges Mädchen hatte sie gelernt, dass man keine Angst zeigen durfte, wenn man vor einem gefährlichen Angreifer stand. Sie war zwölf gewesen, als sie auf einer Wanderung durch die toskanischen Wälder einem mächtigen Keiler begegnet war. Mit seinen langen Hauern hätte er ihr mühelos tödliche Fleischwunden zufügen können. Trotz ihrer Angst war sie reglos stehen geblieben und hatte ihrem Gegner in die Augen gesehen. Irgendwann, nach einer halben Ewigkeit, war die Kreatur mit einem Schnauben ins Dickicht zurückgetrottet.
    Auch jetzt zwang sie sich, stehen zu bleiben. Nicht nur wilde Tiere, auch Männer kalkulierten mit der Angst ihres Gegenübers, um Macht zu gewinnen. Deshalb hatte Nicolo Orsini sie ja auch geküsst, und deshalb würde sie nicht wegrennen.
    Stattdessen wischte sie sich bewusst langsam mit dem Handrücken über die Lippen. „Falls das dazu gedacht war, Eindruck zu schinden, hat es seine Wirkung verfehlt.“
    Der Anflug eines Lächelns spielte um seine Mundwinkel. „Hat es also, ja?“
    Alessia beschloss, die Ironie zu ignorieren. „Ich warne Sie, signore . Sollten Sie sich so etwas noch einmal einfallen lassen …“
    „Sparen Sie sich Ihre Drohungen. Sie sind nicht in der Position, um zu drohen.“
    Dio , der Mann war verabscheuungswürdig! „ Sei un barbaro !“, stieß sie empört aus.
    „Ah, ich bin also ein Barbar, was?“ Er grinste. „Kommen Sie, Süße, Sie brauchen sich nicht zurückzuhalten. Sprechen Sie ruhig aus, was Sie denken.“ Sein falsches Lächeln erstarb. „Aber vergessen Sie nicht, dass ich den Kassenschlüssel in der Hand halte. Ich meine, dann sollten wir schon miteinander auskommen.“
    Alessia starrte den widerwärtigen Amerikaner an, und der letzte Rest ihre Haltung schwand. „Wir brauchen nicht miteinander auszukommen, signore . Hier ist nämlich eine weitere Planänderung. Das Antoninni-Weingut hat kein Interesse an Investoren. Sie haben die lange Reise umsonst gemacht.“
    Nick kniff die Augen zusammen. Die principessa stand mit gerecktem Rücken und geraden Schultern vor ihm, den Kopf stolz erhoben. Sie mochte ihn nicht, was völlig in Ordnung war. Seine Meinung über sie war schließlich auch nicht besser. So weit war also alles klar. Die Frage war nur – warum hatte er sie geküsst?
    Um sie auf ihren Platz zu verweisen?
    Nein. So verhielt er sich Frauen gegenüber nicht. Er hatte ganz bestimmt seine Fehler, aber Sex als Waffe einzusetzen gehörte nicht dazu. Er nahm nur das von Frauen, was sie ihm freiwillig anboten.
    Außerdem … sollte er wirklich die Absicht gehabt haben, ihr etwas zu beweisen, dann war es nach hinten losgegangen. Sie war weder erschüttert noch durcheinander, sondern kalt und überheblich wie vorher. Dass ihre Lippen bei dem Kuss nachgiebiger geworden waren, dass sie ein leises Seufzen ausgestoßen hatte, musste er sich eingebildet haben.
    Oder war dieser Seufzer etwa von ihm gekommen?
    „Kehren Sie nach Hause zurück, Signor Orsini, zu Ihren Leuten. Hier gibt es nichts für Sie zu holen.“
    Die Botschaft war klar und deutlich. Er war nicht nur ein Barbar, er war auch ein sizilianischer Gauner. Ein Orsini. Für eine Frau wie sie reichte das.
    „Wir werden natürlich für Ihre entstandenen Kosten aufkommen.“
    Wir – der Majestätsplural.

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