Saga von Dray Prescot 17 - Vallian-Zyklus 03 - Dayra von Scorpio
und rief: »Wo sind die Fünfzehnten Infanteristen, Dom? Bei Krun! Diese Stadt verwirrt mich noch mehr als Ruathytu. Was würde ich dafür geben, jetzt durch das Ghat-Tor zum Jikhorkdun der Swods gehen zu können!«
Beim Klang dieser vertrauten Namen ließ er in seiner Wachsamkeit nach, was ein Fehler war. So kam ich dicht an ihn heran, indem ich weiter über Dopa-Tavernen in Ruathytu plapperte, der Hauptstadt Hamals, und schon packte ich ihn lächelnd an der Kehle und drückte kurz zu. Vorsichtig ließ ich ihn gegen die Seitenmauer der Brücke sinken. Ich salutierte dem Bewußtlosen, sah mich um, ob andere Swods in meine Richtung blickten, lief geduckt über den Kanal und verschwand in der Deckung einer Hecke. Die Hecke zerkratzte mir etwas das Gesicht, ließ mich aber schließlich durch, und ich huschte über den Rasen und in das Haus. So arbeitete ich mich durch Häuser und Gärten weiter in Richtung Palast und überwand auf diese Weise den Belagerungsgürtel. Niemand gab Alarm. Der arme Swod würde sich nach einiger Zeit erholen; ob er dann von seiner Unachtsamkeit Meldung machte, blieb ihm überlassen.
Durch Nebenstraßen und über Kanäle näherte ich mich dem Palast. Ungesehen schlängelte ich mich auf diese Weise an den großen Kyro heran. Noch wenige Murs ...
Drei hamalische Kundschaftervoller flogen in Keilformation über den Palast, ihre Flaggen wehten stolz. Von den wenigen Varterschüssen, die von den hohen Mauern auf sie abgegeben wurden, nahmen sie keine Notiz.
Die drei Flugboote verschwanden im Gewirr der Dächer, doch schon raste ein anderer Voller vom Palast empor. Ich erkannte das Boot, das ich Udo gestohlen hatte. In schnellem Flug entfernte es sich von dem Befestigungswerk. Doch ehe der Voller Höhe gewinnen konnte, kehrte die hamalische Patrouille zurück. Die drei Boote holten den Fliehenden ein. Pfeile flogen. Die Flugboote wendeten über meinem Kopf – und der fliehende Voller stürzte kreiselnd aus dem Himmel und zerschellte auf dem großen Platz vor dem Kyro.
20
In dem nun entstehenden Durcheinander vorpreschender Soldaten schlüpfte ich durch den Belagerungsgürtel. Eines wußte ich ganz sicher. Wer immer in dem Flugboot gesessen hatte, Delia gehörte nicht dazu. Ein Chulik drohte mir Böses an, bis ich ihm das Losungswort »Zamra!« zurief und er mich durchließ.
»Du hast es?« fragte Delia. Sie eilte auf mich zu.
Gemeinsam suchten wir das Privatzimmer auf, in dem Königin Lust lag, schwach atmend, dahinsiechend. Neben ihr saß der Herrscher und traute sich nicht, ihre Hand zu ergreifen, aus Angst, die brüchigen Knochen könnten brechen.
Die Männer in dem fliehenden Voller waren drei Pallans gewesen, deren Namen ich an dieser Stelle verschweigen will. Sie fanden ein böses Ende, wie Sie wissen. Aber sie waren ein Indiz dafür, wie es um die Moral im Palast bestellt war. Durch ihr Tun war dem Herrscher die Fluchtmöglichkeit geraubt worden.
Während Delia sich über Königin Lust beugte, beschäftigte ich mich mit den Konsequenzen dieser neuen Entwicklung. Die Flugboote, die den Palast überflogen, warfen keine Brandbomben ab. Es wäre Phu-Si-Yantong ein Leichtes gewesen, den Palast dem Erdboden gleichzumachen und größer und prächtiger wieder aufzubauen. Aber das hätte die in ihm lodernde Gier nicht gestillt, dessen war ich sicher.
»Wasser?« krächzte der Herrscher. »Ist das alles ...«
»Still, Vater!« sagte Delia.
Die verdorrten alten Lippen öffneten sich, und einige Tropfen der milchigen Flüssigkeit aus dem Heiligen Taufteich des Zelph-Flusses glitten hinein. Delia füllte einen goldenen Kelch, und wir halfen Königin Lust auf, Delia flößte ihr vorsichtig das Wasser ein. Die Greisin ächzte und verschüttete einige Tropfen.
»Was meinst du – wieviel soll ich ihr geben, Liebling?«
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Aber Yantong ist ein mächtiger Teufelszauberer. Gib ihr lieber mehr als weniger.«
Der Herrscher fuhr entsetzt zurück. Er begann zu zittern und riß die Augen auf. »Beim süßen Opaz!«
»Ja, Vater«, sagte Delia ungeduldig. »Und stoß mich nicht an! Das Zeug ist kostbar.«
Königin Lushfymi veränderte sich vor unseren Augen. Die Falten verschwanden, die Haut gewann ihre Glätte und Pfirsichfarbe zurück. Eine dunkle Tönung lief durch das struppige weiße Haar, das sofort wieder seinen alten Glanz zeigte. Ihr Körper streckte sich, das geschrumpfte Fleisch nahm die alten verlockenden Konturen an, die Skelettklauen festigten sich
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