Sagen aus Franken
durch die Schanze und schrie so laut, daß die ganze Wachmannschaft alarmiert war. Er wurde zum Offizier geführt und, an allen Gliedern zitternd, erzählt er: Mit dem ersten Schlag der Mitternacht sprang ein schwarzer Hund mit Augen wie Feuerkugeln an mir hinauf, und dann keuchte der Rinköping, mit einem Kanonenrohr auf der Schulter, zu mir herauf und drohte mir mit dem Finger. – Weil der Finnländer seinen Posten verlassen hatte, sollte auch er mit dem Tod bestraft werden, und wurde gefesselt ins Gefängnis geführt.
In der nächsten Nacht hatte man nun einen ganz besonders verlässigen Mann herausgesucht; der ließ sich auch, als Erich Rinköping um Mitternacht wieder erschien, nicht schrecken. Er hob seine Pistole und schoß Erich mitten ins Herz. Im nächsten Augenblick apportierte der schwarze Pudel die Kugel, und Rinköping stand unerschüttert da und drohte mit seinem Finger. Da war auch bei diesem Mann der Mut zu Ende. Auch er lief, was er laufen konnte, und verließ seinen Posten. Der Offizier ließ ihn deswegen in Ketten legen und meldete die Sache seinem Vorgesetzten. In der nächsten Nacht wurde ein Korporal mit vier Mann an das Geschütz gestellt und kurz vor 12 Uhr erschien noch ein höherer Offizier dazu. Aber auch diesmal kam's nicht anders. Als die Glocken Mitternacht schlugen, stand zum Schrecken von allen Rinköping mit seiner Kanone auf der Schulter am alten Platz. Er salutierte, wie es sich gehörte, vor seinem Vorgesetzten und auch der Pudel sprang wedelnd um den Offizier herum. Der ging schleunigst weg und auch der Korporal mit seinen vier Mann blieb nicht an dem verfluchten Platz, sondern alle rannten, was sie konnten, hinunter ins Innere der Schanze.
Da faßte man die Sache anders an. Erich Rinköping wurde ausgegraben und in geweihter Erde im Friedhof bestattet. Die Kanone wurde gegen eine andere umgetauscht. Als in der nächsten Nacht wieder ein Unteroffizier mit vier Mann an dem Platz als Wache aufgezogen war, blieb Rinköping aus und ist seitdem nie mehr erschienen.
Wie der Friedhof von St. Johannis enstanden ist
Auch in Nürnberg wurden früher die Toten um die Kirche herum begraben. So waren um St. Sebald und um St. Lorenz herum große Friedhöfe. Als aber im Herbst des Jahres 1475 wieder einmal die Pest in Nürnberg ausgebrochen war und ein schreckliches Sterben um sich griff, da wagte sich niemand mehr in die Kirche, weil man fürchtete, daß der Pesthauch aus den Gräbern aufsteige, die um die Kirchen herum lagen. Ja damals waren sogar manche vornehme Herrn in der Kirche selber begraben worden. Da beschloß der Rat ein allgemeines Verbot: Alle, die an der Pest gestorben waren, sollten ohne Ansehen der Person nicht mehr in der Stadt begraben werden dürfen. Draußen um die Johanniskirche herum wurde ein weiter Raum abgesteckt und feierlich eingesegnet als Ruhestätte für alle, die an der Pest gestorben waren. Ungefähr 40 Jahre später wurden dann die Nürnberger Friedhöfe für immer aus der Stadt hinaus in das Land vor den Mauern verlegt. Der Friedhof von St. Lorenz kam zur Kapelle des Heiligen Rochus vor dem Spittlertor und der Friedhof von St. Sebald nach St. Johannis.
Noch heute kann man an den großen Nürnberger Kirchen die Reste der alten Grabmäler sehen, die vom Friedhof als letzter Rest übriggeblieben sind. Auf dem Johannisfriedhof aber sind die groBen Nürnberger vom Anfang des 16. Jahrhunderts begraben: Albrecht Dürer, Hans Sachs und viele andere, deren Gräber einfach und ohne viel Schmuck daliegen, die aber doch immer mit Ehrfurcht bewahrt und der Jugend gezeigt werden.
Wie der König Wenzel getauft wurde
Einmal ging meine Grossmutter mit mir in die Sebalder Kirche. Ich war noch ein kleiner Stöpsel und hielt mich fest an ihrer Hand und, wenn die anders beschäftigt war, an ihrem Rock. "Schau, das ist der Wenzelstein!" sagte meine Großmutter. Ich schaute mich überall um, auf dem Fussboden und an den Kirchenwänden und schließlich an der Decke, konnte aber keinen "Stein" sehen. Da sagte auf einmal die Grossmutter: "Ach, du dummer Bub, wo schaust du denn hin? Da ist er doch, der Wenzelstein." Und sie deutete auf einen grauschwarzen, aus Erz gegossenen Taufstein, der gerade vor mir stand. Ein grosser Deckel war über dem Kessel angebracht, und alles war schön verziert. "Da drinnen ist der König Wenzel getauft worden!", sagte meine Großmutter. "Aber es ist schlecht ausgegangen damals. Der Kaiser Karl hat seinen ersten Sohn, den Wenzel, in der Kirche hier
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