Sagen aus Schlesien
düsteren Fluten des Sees freigegeben.
So ist dies scheußliche Weib zur Strafe für ihre Übeltat auf ewig verurteilt, am Ganznowsee zu verweilen und sich ruhelos dort umherzutreiben.
Das Ledermännchen
Im Thammer Schloß im Kreise Glogau hauste ein Herr, dem es sehr schlecht ging. Verzweifelnd ging er am Abend hinaus aufs Sprottebruch. Er setzte sich dort auf einen Weidenstumpf und dachte schon an Verkauf seines Grund und Bodens. Da stand ein kleines Männlein mit weißem wallenden Bart und schwarzem Lederwams vor dem Herrn. Es ließ sich den Grund seiner Verzweiflung nennen und sagte zuletzt: »Grabe nach, wo du hier sitzt und du wirst reich werden! « Mit diesen Worten war auch das Männlein ebenso schnell verschwunden wie es gekommen war. Nun ließ der Besitzer nachgraben, fand aber Woche um Woche nichts als Moorerde. Erst im Hochsommer gewahrte man, daß diese Erde auch brannte; man hatte Torf gefunden. Und endlich kam man hinter den Nutzen derselben. Nun wurde der Herr durch solches Schatzgraben tatsächlich von neuem reich. Aus Dankbarkeit ließ er das Bild vom Ledermännchen malen und hängte es auf an einem Ehrenplatz. Wenn später jemand das Bild fortnehmen wollte, brachte es ihm Unglück und spukte und polterte tüchtig.
Der Berggeist der oberschlesischen Gruben
Der Skarbnik (»Schatzmeister oder -bewahrer«), so heißt er dort, erscheint in allerlei Gestalten, bald als feurige Kugel oder Rädchen, die vor den Füßen hinrollen, bald als Steiger – und das ist seine gewöhnliche Gestalt – dann wieder als Flamme, als Tier. Naht er als Bergmann, so kann man ihn an den roten Augen erkennen, wie etwa den Wassermann an den grünen. Vor seinem Erscheinen summt eine Fliege im Schacht. Er soll ein Bergmeister gewesen sein, der solche Freude am Bergbau hatte, daß er Gott bat, ihm statt der seligen Ruhe im Himmel lieber doch die Erlaubnis zu geben, bis auf den jüngsten Tag in Gruben und Schächten herumzufahren.
Als Bergleute einmal Kohle losschlugen, hörten sie's auf der anderen Seite ebenfalls schlagen. Da schwiegen sie und horchten, aber das Geräusch ließ nicht nach. Das nahmen sie als Warnungszeichen. Ebenso rief es einem Bergmann, welcher vor Ort schlief, dreimal: »Jacek stan! «(Jakob, steh auf!) Er holte den Schlepper und kam zurück, da war die Stelle, wo er gelegen hatte, verschüttet. Einem anderen erschien das eigene Kind am Stollen und rief »Vater, komm heim«. Dann verschwand das Kind sogleich. In aller Hast lief er nach Hause und fand das Kind schlafend in der Wiege. Zur selben Stunde ist aber der alte Stollen eingestürzt.
Der betrogene Teufel
Der Teufel machte sich früher oftmals auf Erden zu schaffen. Entweder suchte er durch Lug und Trug eine arme Seele für sein Höllenreich zu gewinnen oder er hatte sein Vergnügen daran, harmlose Menschen boshafterweise zu übertölpeln und ihnen so an ihrem irdischen Besitz Schaden zu tun. Manchmal allerdings ist der Teufel dabei auch an den Unrechten geraten und hat sich in seiner eigenen Schlinge gefangen.
Einmal ging der Teufel an einem Feld vorbei, auf dem Kartoffeln standen, die gerade in voller Blüte waren. Boshaft wie er war, gedachte der dumme Teufel, ein gutes Geschäft zu machen und den Bauern, dem das Feld gehörte, ein wenig zu begaunern. Er ging also zu ihm und sagte: »Weißt du was? Ich werde dir soundso viel Gulden geben, wenn du mir die Hälfte von deinem Feld überläßt.«
Der Bauer war einverstanden und unterschrieb den Pakt. Der Teufel aber freute sich über die gute Beute, denn er hatte sich nach dem Unterschreiben all das ausbedungen, was über der Erde wuchs, und der Bauer hatte ja gesagt.
Im Herbst machte der Teufel freilich ein langes Gesicht, als er für sich die welken Kartoffelblätter ernten konnte, während der Bauer grinsend die schönen Kartoffeln einheimste. Aber er wollte diesmal klüger sein und schlug dem Bauern einen neuen Vertrag vor. Danach sollte alles ihm gehören, was unter der Erde wachse, der Bauer aber dürfe das nehmen, was über der Erde reife. Der Bauer stimmte zu, säte aber für das kommende Jahr Korn. Als nun die Ernte kam, da hatte der Teufel wieder das Nachsehen. Er durfte die Wurzeln ernten, indes der kluge Bauer das Korn und das Geld einstrich.
Darüber soll sich, der Sage nach, der Gottseibeiuns so grimmig geärgert haben, daß er sich seit dieser Zeit dort nicht mehr blicken ließ.
Der Doppelgänger
Ein Breslauer Arzt, der jetzt schon lange tot ist, pflegte öfter eine
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