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Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut

Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut

Titel: Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrun Arenz
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›Und den geb ich erst zurück, wenn ich alles darüber weiß. Vorher geb ich den nicht aus den Händen.‹ Dann ist er gegangen.«
    Es wurde langsam kühl, und Rainer vergrub die Hände in den Taschen, während er Glaubnitz alles andere als freundlich im Auge behielt. Der vermied seinen Blick und wirkte mehr denn je wie eine aufgeschreckte Eule. »Nun? Wie ging es ­weiter?«, fragte Rainer schließlich ungeduldig, als ihm die Pause zu lang wurde. Glaubnitz sah ihn unglücklich an. »Ich bin … also, ich war nicht wirklich begeistert über den Koffer in meiner Wohnung, aber ich dachte mir … na ja, das war typisch Dietmar, mir das Ding hinzustelle und wegzugehe. Aber ich war auch neugierig, was für eine Geschichte er ausgraben würde, und so han ich ihn dagelasse. Aber dann …« Er schluckte heftig, und auf seinem Gesicht lag ein dünner Schweißfilm. »Am nächsten Tag in der Redaktion kriege mir die Meldung, dass in der Kirche eingebroche worde is. Und zwar in der Nacht auf Montag erst. Und am Sonntag war Dietmar schon mit dem Koffer dagewese.«
    Rainer begann nun auch, unruhig auf und ab zu gehen. Endlich schienen sie Fortschritte zu machen, wenn auch nur in Sachen des Kelchs. »Das heißt, Kronauer hatte das Abendmahlsgerät schon vor dem Einbruch?«, wiederholte er das Offensichtliche. Glaubnitz nickte: »Da ist mir dann echt anders geworde. Ich habe mir überlegt, ob er die Sache selbst gestohle hett, um sie dann in einer großen Aktion wieder auftauchen zu lasse, mit einer spannenden Geschichte dazu. Aber das war mir zu heiß, da konnte ich nicht mithalten. Deswegen habe ich versucht, Dietmar anzurufe, aber er hat nicht abgehoben. Und dann am Dienstag« – Die Stimme versagte ihm.
    »Am Dienstag haben Sie dann die Nerven verloren und sich des Koffers entledigt, wie man so schön sagt«, fuhr Rainer an seiner Stelle fort. »Wir haben die Sachen auf den ­Bahngleisen gefunden, und wir haben eine Zeugin, die sich Ihre Autonummer aufgeschrieben hat, als sie sah, dass da jemand etwas auf die Gleise schleuderte.« Jetzt tat ihm der Journalist beinahe wieder leid; der Mann zitterte förmlich. Allerdings war das keine Entschuldigung, und es hieß genausowenig, dass Glaubnitz nichts mit Kronauers Tod zu tun hatte.
    »Herr Glaubnitz, können Sie mir bitte sagen, was Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gemacht haben? Wo waren Sie?«
    Otto Glaubnitz antwortete nicht mit empörten Beteuerungen, dass der Tote sein Freund gewesen sei. Ihm war offensichtlich klar, dass er sich nicht in einer Lage befand, in der moralische Entrüstung angebracht war. Er blinzelte nur mehrmals, schluckte hart und sagte dann niedergeschlagen: »Ich war die ganze Nacht zu Hause. Meine Frau und meine Kinder sind auch im Haus gewese, aber … die hen auch geschlafe … und meine Frau und ich hen getrennte Schlafzimmer.« Er wurde rot und stammelte: »Wissen Sie, ich hab einen unruhigen Schlaf, deswege … Auf jeden Fall … mehr kann ich Ihne nicht sagen.«
    »Und wann sind Sie am Dienstag nach Hause gekommen?«, fragte Rainer, aber er hörte selbst, dass die Schärfe aus seiner Stimme verschwunden war. Glaubnitz musste das ebenfalls bemerkt haben, denn er wagte ein unsicheres Lächeln. »Ich bin nicht ganz sicher – ich war in der Redaktion, und dann hab ich meinen Sohn – ja, genau, das war ja am Dienstag, da hab ich meinen Sohn vom Sport abgeholt. Der geht bis halb acht, da hole mir ihn meistens ab, weil die Busse zu uns aufs Dorf so selten gehe. Und dann haben mir zu Abend gegesse mit den Nachbarn, aber die sind so um neun oder bald danach gegange. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Wieder sah er Rainer mit einem ängstlichen, kauzigen Blick an, doch dessen Gedanken waren mittlerweile weit fort.
    Glaubnitz rieb sich die Hände, als ob ihm kalt sei; und wirklich war ein kühler Wind aufgekommen, und obgleich es noch nicht direkt dämmrig wurde, wirkte der späte ­Nachmittag düster. »Ich – wenn Sie mich nicht mehr brauche, ich hätt einen Termin«, ließ der Journalist zögernd vernehmen. Rainer sah ihn mit einem Stirnrunzeln an. »Moment noch«, sagte er knapp. Er kramte all seine Notizzettel aus der Tasche und begann sie durchzusehen. »Zwei Fragen.«
    Glaubnitz nickte voll banger Erwartung und sah einem verschreckten Vogel dabei so ähnlich, dass Rainer sich beherrschen musste, aus dem Gespräch nicht eine dramatische Szene zu machen.
    »Ganz ehrlich«, sagte er eine halbe Stunde später zu Eva, als die beiden in seinem

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