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Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut

Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut

Titel: Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrun Arenz
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    Prolog
    Der Körper des Jungen lag sorgfältig, beinahe künstlerisch drapiert im verrottenden Laub unter der Kastanie in einem verwilderten Garten. Die Beine waren leicht angewinkelt, und ein Arm lag unter seinem Kinn, als ob er schliefe, doch seine Augen waren offen, ein strahlendes Blau. Der Geruch feuchter, schwerer Erde lag in der Luft. Ein Täuberich ließ seinen gutturalen Ruf hören. Am Stamm der Kastanie rankte sich dunkel glänzender Efeu hoch. Efeu überwucherte auch den Boden des Hügels und verlieh dem Ort eine Aura der Einsamkeit und Verwahrlosung. Dennoch war der Platz nicht so isoliert, wie es auf den ersten Blick den Anschein hatte: Jenseits des Hanges, dem Blick durch eine ebenfalls efeuüberrankte Mauer entzogen, war von Zeit zu Zeit das Rauschen eines vorbeifahrenden Autos zu hören und hin und wieder das schwere Tuckern eines Traktors.
    Der Junge lag mit offenen Augen im faulen Laub, unberührt vom Rufen der Taube wie vom Verkehrslärm, ungestört bis zu dem Moment, in dem das Mädchen sich durch die Lücke des mit einer Kette verschlossenen, kaputten Gartentores zwängte und beinahe über den ausgestreckten zweiten Arm des Jungen stolperte. Sie hieß Grit. Ihr Schrei war durchdringend.
    Der Kommissar hatte eine Pfeife im Mund und trug trotz der frühsommerlichen Wärme einen alten grauen Filzhut auf dem Kopf. Er war einfach über das Tor geklettert, hatte sich den Tatort genau angesehen und blickte nun mit einem finsteren Stirnrunzeln auf die Leiche hinab.
    »Ich habe gesagt, du musst oben in der Grube liegen«, brach es schließlich verärgert aus ihm heraus, wobei die Pfeife auf den Boden fiel. »Hier kann dich ja jeder sofort finden!«
    Die Leiche richtete sich bei diesen Worten auf. Einige Blätter hingen in den zerzausten blonden Haaren des Jungen. »Grit wollte nicht in die Grube«, antwortete er hitzig. »Sie sagt, da gibt es Spinnen.«
    Der Kommissar kaute auf einer ebenfalls blonden Haarsträhne herum. »Du musst trotzdem in die Grube«, verkündete der berühmte Kriminalbeamte, der normalerweise auf den Namen Katharina Römer hörte. Grit, die zehnjährige Cousine der Römers, verzog ihr Gesicht. »Können wir nicht etwas anderes spielen? Zauberland ist doch viel schöner. Ich mag keine Leichen finden, und schon gar nicht in dieser scheußlichen Grube. Das letzte Mal hat mich eine Spinne gebissen.«
    »Spinnen beißen in Deutschland nicht«, erklärte Johannes Römer kategorisch, obwohl er eigentlich auch keine rechte Lust auf Krimispielen hatte. »Sei nicht immer so zimperlich. Wir könnten Millionäre spielen.«
    Die Stirn des Kommissars hatte sich bei diesen Worten verdüstert. Jetzt zog er die Haarsträhne aus dem Mund und sagte entschlossen: »Dann können wir eben gar nicht spielen. Millionäre ist langweilig ohne Peter, und die Eingänge zum Zauberland sind alle überschwemmt.« Diese Worte bedeuteten in Wirklichkeit nichts anderes, als dass Katharina eben beschlossen hatte, Kommissar zu sein, und dass sie sich auf nichts anderes einlassen würde. Die anderen beiden wussten das, und ihnen war klar, dass sie einfach streiken würde, wenn sie darauf bestanden, etwas anderes zu spielen. Katharina Römer war elf Jahre alt, schmächtig und zart gebaut. Sie sah nicht aus wie eine Persönlichkeit, die anderen ihren Willen aufzwang. Die wenigsten Tyrannen tun das. Grit und Johannes fügten sich schulterzuckend und ließen sich erklären, wo sie sich zu platzieren und was sie zu sagen hatten. »Und wenn du später die Schauspielerin bist, die ich verhöre«, sagte der Kommissar zu Grit, während er seine Pfeife aufhob und ihr ein weißes Taschentuch reichte, »lässt du das hier versehentlich aus der Tasche fallen, das ist dann eine Spur.« Johannes, der bereits den efeubedeckten Hang des Römerschen Gartens hinaufgelaufen war, um in einer alten Grube zum zweiten Mal tot ­aufgefunden zu werden, wandte sich an seine Schwester: »Ich will auch ein Polizist sein.«
    Katharina legte die Stirn in Falten. »Du kannst nachher mein Gehilfe sein, der im Moment noch krank ist«, beschied sie großzügig. »Aber erst mal musst du der Tote sein.«
    Der Körper des Jungen lag sorgfältig, beinahe künstlerisch drapiert in der niedrigen Höhlung, deren Ursprung niemand mehr genau kannte. Verrottendes Laub war über den Rand gerutscht; eine Schleifspur im weichen, feuchten Boden verriet, wo der Mörder ausgerutscht sein musste, als er sich seiner verräterischen Last entledigte. Kommissar Kathus

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