Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
Behinderte zu der Frau, »wären Sie so nett, diesem ungezogenen Bengel das Reliquiar mit der Asche zu zeigen?«
Die Dame zögerte einen Moment, um dann ein wenig geistesabwesend in ihre Tasche zu greifen, aus der sie einen kleinen Zylinder holte, der in eine Art steifes schützendes Tuch eingewickelt war.
»Bitte sehr!«, sagte der Mann mit den Krücken. »Jetzt liegt es an dir, ob du den letzten Wunsch deines Gönners erfüllen und uns die Asche in der Kirche verstreuen lässt oder ob ich Father Knowles berichten muss, wie wir hier behandelt wurden!«
Der Messdiener überlegte. Er wusste nur zu gut, wie streng Father Knowles sich an die herkömmlichen Sitten und Gebräuche seiner Kirche hielt … und noch besser kannte er dessen unangenehme Reaktionen, wenn sein geliebter altehrwürdiger Schrein in einem anderen als dem allerbesten Licht erschien. Vielleicht hatte Father Knowles schlichtweg vergessen, dass der Besuch der Stifterfamilie bevorstand, und in diesem Fall war es wesentlich riskanter, die Leute wieder fortzuschicken, als sie hereinzulassen. Außerdem haben sie gesagt, es dauert nur einen Moment. Was ist schon dabei?
Als der Messdiener beiseite trat, um die Besucher einzulassen, hätte er schwören können, dass Mr und Mrs Wren nicht weniger verblüfft dreinschauten als er selbst. Verunsichert machte er sich wieder an die Arbeit, allerdings nicht, ohne seine Besucher aus dem Augenwinkel zu beobachten.
Während sie sich in die Kirche begaben, musste Langdon lächeln. »Leigh«, flüsterte er, »als Lügner sind Sie ein Naturtalent.«
Teabing zwinkerte ihm zu. »Oxford Theatre Club. Mein Julius Cäsar ist heute noch in aller Munde. Ich bin sicher, die erste Szene im dritten Akt wurde nie wieder so überzeugend gegeben.«
Langdon sah ihn irritiert an. »Aber da ist Cäsar doch schon tot.«
Teabing grinste ihn schief an. »Ganz recht, aber als ich ermordet zu Boden fiel, ist an meiner Toga eine Naht geplatzt, und ich musste eine halbe Stunde mit heraushängendem Schwanz auf der Bühne liegen. Ich habe mit keiner Wimper gezuckt. Brillant, kann ich Ihnen sagen.«
Langdon drückte sich die Hand vor den Mund, um nicht vor Lachen herauszuplatzen.
Während sie durch den rechteckigen Anbau auf den Gewölbebogen zum Rundbau gingen, bemerkte Langdon erstaunt die Nüchternheit des beinahe kahlen Innenraums. Der Altar ähnelte zwar den Altären der in Kreuzform gebauten christlichen Kirchen, aber die sonstige Einrichtung war kalt und schmucklos, ohne jede Zier. »Trostlos«, murmelte er.
»Das ist die Kirche von England«, frotzelte Teabing. »Die Anglikaner bestehen darauf, ihre Religion pur zur Brust zu nehmen. Nichts soll sie von ihrem Elend ablenken.«
Sophie deutete durch den breiten Gewölbebogen, an den sich der runde Bauteil der Kirche anschloss. »Da drinnen sieht es aus wie in einer Festung«, raunte sie.
Langdon konnte ihr nur zustimmen.
»Die Tempelritter waren ja auch Krieger«, erinnerte Teabing. Das Klacken seiner Aluminiumkrücken hallte durch den kahlen Raum. »Eine Gemeinschaft von Kriegermönchen. Ihre Kirchen waren ihre Festungen und ihre Bankhäuser.«
»Bankhäuser?« Sophie blickte Teabing fragend an.
»Aber ja. Die Templer haben das moderne Bankwesen erfunden. Für den europäischen Adel war es sehr gefährlich, mit einer goldgefüllten Reisetruhe unterwegs zu sein. Die Templer boten dem Adel deshalb an, seine Goldwerte in der nächstgelegenen Templerkirche zu deponieren und sie nach Belieben an jeder anderen Templerkirche in Europa wieder zu entnehmen, vorausgesetzt, man konnte ein Berechtigungspapier vorweisen und«, er zwinkerte, »man bezahlte eine kleine Provision. Die Templer waren sozusagen die ersten Geldautomaten.« Teabing zeigte auf ein Fenster mit Glasmalereien, wo Sonnenstrahlen durch die Wolken fielen und einen weiß gekleideten Ritter auf einem rosa Pferd zum Leuchten brachten. »Alanus Marcel«, sagte Teabing, »Großmeister der Tempelritter zu Beginn des zwölften Jahrhunderts. Er und seine Nachfolger saßen als Primus Baro Angiae im Parlament.«
Langdon war überrascht. »Er war der erste Baron des Reiches?«
Teabing nickte. »Nach Ansicht mancher Historiker waren die Meister des Tempels mächtiger als der König.« Sie waren am Durchgang zum Rundbau angelangt. Teabing schaute über die Schulter zu dem Messdiener, der ein Stück abseits mit dem Staubsauger zugange war. »Als die Templer den Heiligen Gral von einem Versteck zum anderen schaffen mussten, soll er
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