Salzige Küsse
gemütliches Zimmer in der Stadt zurückdachte.
»Warum ist es nicht dein Haus?« Philip sah sie fragend an.
»Meine Eltern haben es gekauft, nicht ich.«
»Spielt das eine Rolle?«
Lies stieß ihren Bruder an, während sie Eve einen verständnisvollen Blick zuwarf. »Komm doch heute Mittag mit zu uns zum Essen«, schlug sie vor.
»Was hast du gesagt?«, fragte Eve, um Zeit zu gewinnen. So viel Direktheit war sie nicht gewohnt.
»Naja, komm eben heute in der Mittagspause mit zu uns. Kaum einer bleibt hier und unsere Mutter mag es, wenn ihre Küche voll ist.«
Am liebsten hätte Eve ihre Stacheln gezeigt und Nein gesagt. Die sollten sie doch einfach alle in Ruhe lassen! Aber gleichzeitig sehnte sie sich nach Gesellschaft. Hier ganz allein ihre Brote zu essen war kein verlockender Gedanke.
»Einverstanden«, antwortete sie. Sie konnte ja immer noch früher weggehen, wenn es ihr nicht gefiel. Dann wandte Eveihre Aufmerksamkeit schnell der Frau zu, die gerade den Raum betreten hatte, damit Lies keine Fragen mehr stellen konnte.
»Hallo, zusammen, herzlich willkommen! Ich schlage vor, dass wir erst einmal die Tische zur Seite schieben, die sind uns nur im Weg.«
Während sie lautstark mit dem Verrücken der Tische beschäftigt waren, trug die Lehrerin große bunte Sitzkissen herbei. Fünf Minuten später saßen alle im Kreis beisammen und ein französisches Chanson schallte durch den Raum.
»Jetzt können wir richtig anfangen«, sagte die Frau lächelnd, als das Lied zu Ende war. Sie schüttelte ihr dunkles Haar. »Ich bin Gloria und diesen Sommer werden wir wie jedes Jahr gemeinsam ein Theaterstück auf die Beine stellen.«
Eve sah sich die anderen in der Runde genauer an. Sie waren zu elft. Drei Jungen, acht Mädchen. Ihr Blick blieb an einem klaren, sommersprossigen Gesicht hängen, das ihr zugewandt war. Der Junge betrachtete sie aufmerksam. Seine kurzen blonden Haare standen in wilden Borsten ab. Er lächelte Eve an und sie lächelte zaghaft zurück, trotz ihrer schlechten Laune. Sie konnte nicht anders. Er sah so nett aus, wenn er lachte.
»Eve? Du bist doch Eve, oder?« Eve nickte und spürte, wie auf einmal alle Blicke auf sie gerichtet waren.
»Woran denkst du, wenn du nachts nicht schlafen kannst?«, rüttelte Gloria sie wach.
Eve legte sich schnell eine akzeptable Antwort zurecht und hörte sich dann weiter die seltsamen Fragen an, die Gloria of fensichtlich willkürlich auf alle losließ. Sie war gespannt, welche Frage der Junge mit den Sommersprossen bekommen würde.
»Jacob, wo sind deine langen Locken geblieben?«
Jacob fuhr sich lässig mit der Hand durch die Stoppeln. »Es war Zeit für etwas Neues.«
Eve versuchte sich dasselbe Gesicht mit langen Haaren vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Jacob merkte, dass sie ihn anstarrte, also schaute sie schnell zu Gloria, die schon die nächste Frage abfeuerte.
Als Gloria um zwölf die Stunde beendete, nahm Lies Eve beim Arm. So als ahnte sie, dass Eve sonst nicht mitkäme.
»Wir müssen nur einmal um die Ecke und schon sind wir da.« Lies quasselte über alles Mögliche, bis sie vor einem wunderschönen restaurierten Bauernhof stehen blieben. Das Haus sah aus, als wäre es gerade einem Einrichtungsmagazin entsprungen.
»Hier wohnt ihr?« Eve konnte die Bewunderung in ihrer Stimme nicht verbergen.
»Ach, stell dir nicht zuviel darunter vor, der größte Teil besteht aus Ateliers und Ställen«, meinte Lies fröhlich. »Das ist eben so, wenn sich deine Eltern scheiden lassen«, fügte sie hinzu. Ihr Lächeln wirkte mit einem Mal ein wenig unecht.
»Ateliers und Ställe«, wiederholte Eve, weil ihr nichts Besseres einfiel. Sie schaute sich genauer um. Was sollte ein Mensch nur mit so viel Platz anfangen?
»Hallo, ich bin Linde«, wurde sie von einer großen blonden Frau begrüßt, als sie zusammen mit Lies die Küche betrat.
»Eve«, stellte sie sich kurz vor.
»Such dir nur einen Platz. Besser nicht neben Ben, wenn du einigermaßen sauber bleiben willst.«
Ben hielt ein knallrotes Besteck in den Fäusten und lenkte in seinem Kinderstuhl alle Aufmerksamkeit auf sich.
Eve schnupperte, während sie sich neben Lies an den Tisch setzte, in sicherer Entfernung zu Ben. Es roch wunderbar, nach einer Mischung aus Apfelkuchen und Lasagne.
»Bist du auch in der Theatergruppe?«
Eve nickte.
»Eve wohnt erst seit Kurzem hier. Sie haben ’ T K OUTER gekauft«, erzählte Lies an ihrer Stelle.
»Wann seid ihr hergezogen?« Linde schaute
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