Samstags, wenn Krieg ist
höchstens fünfundzwanzig und sprach mit einer stockenden Stimme, die irgendwie nicht zu seinem Körper passte. Er sagte, er habe den Film zunächst gehasst, aber die Bilder hätten ihn auch nicht losgelassen. „Ich musste immer daran denken.“ Dann hätte seine Freundin ihm dieses Buch geschenkt.
So, wie er das sagte, war allein der Gedanke, jemand könnte ihm ein Buch schenken, völlig absurd für ihn.
Während er sprach, sah er immer wieder zu seiner Freundin, die ihm mit liebevollen Blicken Mut machte. Er habe „gelebt wie die“, sagte er und er hätte „jede Menge Türken geklatscht.“
„Beim Lesen habe ich kapiert, dass ich eigentlich immer nur sauwütend auf meinen Vater war. Aber das habe ich nicht wahrhaben wollen. Ich wusste gar nicht wohin mit meiner ganzen Wut.“
Ein paar Zuhörer klatschten ihm spontan, wenn auch verhalten, Beifall.
Wir sind nicht gewöhnt, hinter all der Randale und dem Politzirkus die menschlichen Schicksale, die gequälten Seelen zu sehen, die halb irre vor Zorn schreien und politisch instrumentalisiert werden.
Der Film „Samstags, wenn Krieg ist“ mit erstaunlichen Bildern von Kameramann Hans Grimmelmann lief bei den Münchener Filmfestspielen und wurde als „kleines Meisterwerk“ gefeiert (Fränkische Nachrichten).
Anschließend wurde „Samstags wenn Krieg ist“ um 20.15 Uhr im Abendprogramm der ARD ausgestrahlt und erhielt hymnische Besprechungen.
Er wurde rasch in der ARD wiederholt und mehrfach auch in den Dritten Programmen. Im Sender überlegte man sogar, eine DVD-Edition aller drei Filme mit Vera Bilewski herauszubringen.
Aber dann geschah etwas, zunächst ohne dass ich es bemerkte. Der Film verschwand im „Giftschrank“ des SWR und wurde nicht mehr für Wiederholungen freigegeben. Bei mir häuften sich Anfragen, wann der Film denn mal wiederholt würde. Ich verwies an den Sender, aber Wiederholungen waren „nicht vorgesehen“.
Die letzte Ausstrahlung fand am 20.02.2002 im SWR statt.
Der SWR gab am 27.12.2006 die offizielle Mitteilung heraus: „Wegen der missverständlich aufgenommenen Darstellung von Gewalt in dem Polizeiruf 110 „Samstags wenn Krieg ist“ hat der Fernsehdirektor des SWR den Film bis auf weiteres gesperrt, so dass der Film bis auf weiteres nicht wiederholt wird.“
Dies ist umso verwunderlicher, als dass Buch und Film fester Bestandteil des Deutschunterrichts an zahlreichen Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz geworden sind.
Verzweifelt schrieb ich Briefe an den Sender und bat darum, mit mir zu diskutieren. Aber der Giftschrank öffnete sich nicht.
Es kursieren nur noch ein paar DVDs und VHS-Kassetten
Ein Hauptschullehrer, der bedauerte, dass seine VHS-Kassette, mit der er den Film allen 8. Klassen vorgeführt hatte, kaputt gegangen war, kommentierte das so: „Da mussten wohl ein paar Akademiker etwas gegen Gewalt im Fernsehen tun und „Samstags, wenn Krieg ist“ war das Opfer. Sie geben vor, etwas zu bekämpfen und erreichen in Wirklichkeit das Gegenteil. Jetzt fühlen die sich bestimmt alle ganz toll. Aber ich stehe wieder mit leeren Händen da. Mit dem Film habe ich die Kids erreicht. Wenn ich mit der Flut von pädagogisch wertvollen Materialien, die man uns tagtäglich aufdrängt, in der Klasse erscheine, ist das ja vielleicht politisch korrekt, ich ernte aber bestenfalls gelangweilte Schüler – falls sie mich nicht auslachen. Mit „Samstags, wenn Krieg ist“ hatte ich sie immer alle. Der Film hat sie emotional erreicht, weil er sie ernst nimmt.“
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Originalausgabe
Veröffentlicht im Pendragon Verlag
Günther Butkus, Bielefeld 2009
© by Pendragon Verlag Bielefeld 2009
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Umschlag: Michael Baltus Mediendesign
Herstellung: Uta Zeißler (www.muito.de)
Satz: Pendragon Verlag auf Macintosh
Gesetzt aus der Adobe Garamond
ISBN (Print) 978-3-86532-155-8
ISBN (E-Book) 978-3-86532-167-1
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