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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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an Bord abheben. Dann sollten die Sprengsätze losgehen und das Kabel zerreißen, um den drohenden Schlamassel in letzter Sekunde in einen Triumph zu verwandeln. Aber nichts von dem passierte, weil seine Männer alle verschwunden waren und er allein mit den Russen war, und die schleppten ihn durch eine Tür in einen Raum, wo ein Holzfeuer im Kamin brannte. Und er hatte auch seine Kampfausrüstung gar nicht mehr an, er war sogar vollkommen nackt, bis auf den schwarzen Nylongürtel um seine Taille.
    Vor ihm saß ein Mann in einem Sessel und neben ihm eine schöne Frau in einem silbernen Kleid. Carver schrie der Frau zu, sie solle ihm helfen, aber auch sie konnte ihn nicht hören. Und auch das war verkehrt, weil sie ihn doch liebte. Aber sie liebte ihn gar nicht. Stattdessen lachte sie ihn aus, und die Männer ringsherum auch, und jetzt sah ihn die Frau mit einem ganz anderen Gesicht an, das grausam verzerrt war und voller Hass, und sie schrie: »Drück auf den Knopf! Drück auf den Knopf! Ich will, dass er leidet!«
    Das Gelächter wurde noch lauter, und einer der Männer zeigte mit einem kleinen schwarzen Kasten auf Carver, sein Finger schwebte über einem einzelnen weißen Knopf. Und plötzlich wurde Carver von Angst überwältigt, die in seinen Eingeweiden wühlte und ihn auf die Knie warf, sodass er um Gnade flehte. Sein Flehen kam nur als wortloses Wimmern heraus, weil er wusste, was jetzt kam – dasselbe, was immer kam, wenn der Mann mit dem Kasten auf den Knopf drückte.
    Der Finger bewegte sich. Die Qual begann von Neuem.

8
    »Sie müssen mir ermöglichen, ihm zu helfen.«
    Dr. Karlheinz Geisel war der Psychiater, der mit Carvers Fall befasst war. Er wandte sich vom Bett seines Patienten ab, der sich stöhnend hin und her wälzte, und sprach mit Aliks in einem mitfühlenden Ton, ohne dass er seine Enttäuschung verbergen konnte.
    »Kommen Sie«, sagte er und führte sie durch die Klinik in sein Besprechungszimmer.
    »Was soll ich tun?«, fragte sie, sobald er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
    Geisel antwortete erst, als sie beide Platz genommen hatten. »Sie kennen die Antwort. Sie müssen mir genau sagen, was mit ihm passiert ist. Wie soll ich ihm sonst die beste Behandlung geben?«
    Aliks schwieg. Sie schaute weg und strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Schließlich wandte sie sich wieder dem Arzt zu und sah ihm in die Augen.
    Geisel wusste aus Erfahrung, welche Auswirkungen es auf Menschen hatte, wenn ihre Angehörigen an einer ernsten Krankheit litten. Miss Petrowa war von der monatelangen Sorge und Ungewissheit völlig erschöpft. Ihr Gesicht war schmaler geworden, sie wirkte verhärmt. Der Teint war blass, die Haut trocken und ungepflegt. Sie hatte tiefe Ringe unter den Augen. Aber, mein Gott, unter was für Augen, dachte er.
    Sie waren der reine Himmel, doch als er genauer hinsah – aus rein medizinischem Interesse, wie er sich sagte –, bemerkte er eine leichte Asymmetrie. Ein Lid war ein bisschen schwerer als das andere, und die Pupillen waren geringfügig dezentriert. Diese Unvollkommenheit in einem ansonsten makellosen Gesicht – ihre Lippen waren voll, die Wangenknochen betont, die Nase war gerade und elegant – trug eher zu ihrer Schönheit bei, als dass sie sie schmälerte. Ohne diesen Makel wäre sie einfach nur sehr hübsch. Mit diesem Makel war sie faszinierend.
    »Ich verstehe das«, sagte sie. »Aber ich kann nicht darüber sprechen …«
    »Ich will ganz offen sein«, erwiderte er und wappnete sich innerlich. »Seit Monaten lehnen Sie meine Bitte ab. Wenn Mr Carver eine Hoffnung auf Heilung haben soll, muss ich die Informationen bekommen, die ich für die Behandlung brauche. Sie müssen wissen, dass ich es absolut gewohnt bin, mit Patienten umzugehen, die auf äußerste Diskretion angewiesen sind. Was Sie mir erzählen, wird kein anderer erfahren. Aber ich muss es wissen.«
    »Wenn ich das tue, können Sie es dann möglich machen, dass es ihm besser geht?«, fragte sie.
    »Nein, das kann ich nicht versprechen. Aber ich kann Ihnen etwas anderes versprechen: Wenn Sie es mir nicht erzählen, werde ich ihm nicht helfen können. Je länger Sie schweigen, desto sicherer ist, dass Mr Carver in diesem Zustand bleiben wird.«
    »Ich versuche nur, ihn zu schützen.«
    Der Satz war kaum mehr als ein Flüstern. Damit wollte sie sich selbst genauso überzeugen wie ihn. Ihre Not war so groß, dass Geisel unwillkürlich die Hand ausstrecken und sie trösten wollte. Aber sein

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