Samuel Koch - Zwei Leben
bedeutet der Name Samuel in etwa: âVon Gott erbetenâ.
âJaâ, sagt mein Vater, Christoph Koch. âSamuel ist ein Wunschkind, wie alle unsere vier Kinder.â
Meine Eltern Marion und Christoph sind sehr unterschiedlich. Papa, ein Informatiker, wirkt im ersten Moment etwas verschlossener, in sich gekehrter, jemand, mit dem man, wie manche Leute sagen würden, erst âeinen Sack Salz essen mussâ, um mit ihm Freundschaft zu schlieÃen.
Mama ist genau das Gegenteil, sehr lebhaft und offen. Von Beruf ist sie OP-Schwester. Papa ist sieben Jahre älter als Mama, die erst 19 war, als die beiden sich kennenlernten. Was sie jedoch gemeinsam haben, ist ein Hang zur Freiheit. Und eine bedingungslose Liebe zu ihren vier Kindern.
âWarum eigentlich vier?â, habe ich ihn mal gefragt.
Er hat darauf gelächelt und mir geantwortet: âGanz einfach: Zusammen haben Mama und ich vier Hände; und auf zwei Fahrrädern kannst du insgesamt vier Kindersitze unterbringen! Und auÃerdem sind wir mit vier Kindern eine komplette Volleyball-Mannschaft.â
Typisch Papa, eine solche Antwort auf diese Frage! Sein Traum als alter Volleyballer war natürlich, auch seine Familie mit diesem Sport verbunden zu sehen. Und sechs sind eine Mannschaft!
So durften wir Kinder also allesamt als Wunschkinder schlüpfen. Ich war der Erste, und zwischen meinem Papa und mir bestand von Anfang an ein besonderes Band.
Bei meiner Geburt habe ich eine Wunde am Hinterkopf gehabt, und es hat eine Weile gedauert, bis meine Eltern herausgefunden haben, woher sie kam: Meine Mutter hatte sich vor der Schwangerschaft bei einem Sturz aus der Hängematte das SteiÃbein gebrochen, dessen Ende nun in den Geburtskanal hineinragte. Daran muss ich mich unterwegs verletzt haben. Die Wunde heilte schnell wieder ab, aber Haare sind an der Stelle nie gewachsen. Noch heute habe ich diesen Dachschaden am Hinterkopf und werde oft darauf angesprochen, warum ich dort keine Haare habe.
Als ich geboren war, hat mein Papa mich auf den Arm genommen und mir mit leiser Stimme erklärt, in was für einer verrückten Welt ich da gelandet war, wie sie funktioniert und oftmals nicht funktioniert. Von Astrophysik bis hin zum Weltfrieden war alles dabei in dieser etwas einseitigen Konversation.
âSamuel und sein Vater haben eine ganz spezielle und innige Beziehung â immer und von Anfang an gehabtâ, sagt meine Mutter, und die muss es wissen. Sie gesteht sogar ein: âIch gebe zu: Ich war später mehr als einmal auf die enge Beziehung zwischen Vater und Sohn eifersüchtig. Aber Christoph hat mir klargemacht, dass deswegen kein Stück seiner Liebe für mich verloren geht.â
Ja, es stimmt. Mein Vater hat für mich immer etwas Besonderes bedeutet. Ich habe mich oft gefragt, woran das liegt. Meine Mutter hat mir dazu einmal erzählt: âChristoph ist wie sein eigener Vater ein auÃergewöhnlicher Mensch. Er ist begabt mit einer grenzenlosen Liebe und tiefem Vertrauen. Von ihm habe ich gelernt, was Liebe bedeutet: kein Wenn-dann-Geschäft, sondern echte Hingabe.â
Die Familienbande
Nach mir folgten meine Geschwister Elisabeth, Rebecca und Jonathan.
Elisabeth steht für Einfallsreichtum, Fürsorge und Zuverlässigkeit. Sie hat ein gesundes Durchsetzungsvermögen, sie treibt Leute an, und man folgt ihr gern. Sie kann auch schmerzhaft ehrlich sein.
Rebecca ist zärtlich, liebenswert und sensibel. Ihre Art und vor allem ihr schelmisch-schönes Lächeln sind ansteckend. AuÃerdem ist sie bienenfleiÃig, erarbeitet sich ihre Erfolge in der Schule sehr zielstrebig. Mit ihr kann man sich gut über Jungs-Mädchen-Sachen unterhalten.
Jonathan geht seinen eigenen Weg als der âBenjaminâ der Familie. Er ist ein musikalisches Talent. Er erlernt und spielt auf faszinierende Weise fast jedes Instrument und läuft nicht nur dabei zu kreativer Höchstform auf. Die Schule allerdings macht er nur mit Stöhnen, obwohl er wohl durchaus intelligent ist. Mit ihm habe ich jede Menge SpaÃ. Wir verstehen uns super, obwohl er ganz anders ist als ich.
Ebenso wie meine Eltern sind auch wir Geschwister sehr unterschiedlich. Aber die gemeinsame Basis ist trotzdem so breit, dass wir fest darauf stehen können und nicht mal mein Unfall uns als Familie ins Wanken bringen kann. Familie, das heiÃt bei uns Kochs nicht erst seit der letzten Zeit: vertrauen, zusammenstehen,
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