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Der Schwur des Piraten

Der Schwur des Piraten

Titel: Der Schwur des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matteo Mazzuca
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Vorahnungen

    Es lag etwas in der Luft an jenem Abend im Wirtshaus »Der Einäugige« und das war keineswegs der verpestete Atem von Rummy Drinker, der bei Cromwell, dem Wirt, gerade den nächsten doppelten Rum bestellt hatte, und auch nicht der Tabakgestank, der an den zerlumpten Polstern der Stühle und Barhocker haftete.
    »Der Einäugige« war eine jener Schenken, deren Stammgäste in der Regel mit einer Schlinge um den Hals auf einer Falltür vom Leben Abschied nehmen. Ausgekochte Schurken fanden dort alles, was sie brauchten: leichte Mädchen, Schnaps, Würfelbecher und ab und zu eine erfrischende Schlägerei.
    Zwischen den Whiskyfässern suchten fette Ratten nach Futter und oft genug landeten si e – von Cromwell kurzerhand als Pute bezeichne t – auf den Tellern der Gäste. Überall lag dicker Staub und aus dem morschen Holz der Wände blitzten hier und da bedrohlich die Griffe wohlgeschärfter Dolche.
    So war es immer gewesen.
    An jenem Abend jedoch lag etwas anderes in der Luft. Etwas, was von draußen zu kommen schien, aus den engen, dunklen Gassen rund um das Wirtshaus.
    Die Wanduhr hatte bereits Mitternacht geschlagen und Rummy Drinker war über einem wackeligen Tischchen zusammengesunken. Seine Hände umklammerten eine Flasche und sein langer, grau melierter Bart schwamm in einer klebrigen Pfütze aus Rum.
    Draußen war es völlig windstill. Das hölzerne Wirtshausschild, das einen Piraten mit einer Augenklappe zeigte, hing bewegungslos über der Tür. Durch die Fenster der Schenke fiel ein schummriges Licht auf die Gasse und wurde sofort vom Nebel verschluckt.
    In jener Nacht, in der nicht einmal Diebe und Mörder einen Fuß vor die Tür zu setzen wagten, strich nun ein zitternder Schatten an den Mauern entlang auf den Eingang der Schenke zu.
    Als die Tür plötzlich aufsprang, schreckte Rummy Drinker hoch. Ein Mann war zu Boden gestürzt. Da kniete er jetzt und hob mühsam den Kopf. Das fettige Haar fiel auf einen abgewetzten dunklen Mantel, das Gesicht war bleich und die Lippen zyanblau.
    Rummy kicherte. »Noch so ein Drecksack!«
    »Halt’s Maul, du Trottel! Mich kotzt dieses Gesindel an!«, brüllte Cromwell. Seine Hakennase bebte vor Zorn. Dann trat er vor den Störenfried. »Und du, Tölpel! Steh auf! Zum Teufel mit dir und deinesgleichen, zum Teufel mit dem ganzen Pack!«
    Doch anstatt aufzustehen, sank der Unbekannte bewusstlos zu Boden.
    »Drinker! Ruf die Burn!«
    Rummy hatte sich noch nicht gerührt, da stand die Witwe Burn schon neben ihm. Sie war eine stämmige Frau. Das graue Haar hatte sie im Nacken zu einem schlampigen Knoten hochgesteckt. In dem groben Überrock wirkte sie wie eine wandelnde Glocke und ihre klobigen Hände versprachen nicht gerade zartfühlende Behandlung.
    Der Mann war offensichtlich am Ende seiner Kräfte und sein Atmen war nur noch ein schwaches Röcheln.
    Die Burn erteilte mit tiefer Stimme Befehle. »Stellt ein paar Tische aneinander und legt ihn darauf. Sehr gut, genau s o … sachte!«
    Sie beugte sich über den Mann und fühlte seinen Puls.
    »Dem fehlt nichts!«, sagte sie im Brustton der Überzeugung. »Steckt ihn ins Bett und morgen ist er wieder putzmunter.«
    Über der Schenke vermietete Cromwell ein paar Zimmer, wo die Wanzen die Gäste erbarmungslos peinigten. Und so schulterten Drinker und Cromwell den Bewusstlosen und stiegen unter seinem Gewicht ächzend im schwachen Schein einer Kerze die knarrende Treppe hinauf. Nachdem sie den Störenfried den Wanzen preisgegeben hatten, gingen auch sie in ihre Zimmer.
    Der Burn schien es völlig egal, was mit dem Neuankömmling geschah, und Cromwell beschränkte sich darauf, ihn grimmig zu verfluchen. Die Augen des alten Rummy Drinker jedoch funkelten vor Freude und ein böses Grinsen reiner Schadenfreude verzerrte sein ledernes Gesicht.

    Am nächsten Morgen erwachte Cromwell in aller Frühe und sah sofort nach dem Landstreicher. Natürlich hatte ihn nicht die Sorge um das Wohlergehen seines Gastes so zeitig aus dem Bett getrieben, sondern vielmehr eine brennende Neugier auf den Inhalt seiner Manteltaschen.
    Vor der Tür des Mannes angekommen, schaute er sich vorsichtig um. Er fürchtete, die Beute teilen zu müssen, wenn Drinker oder die Burn ihn entdeckten. Aber das Haus war totenstill.
    Cromwell griff nach dem Türknauf und begann langsam und geräuschlos zu drehen, bis er die Tür öffnen konnte. Auf leisen Sohlen betrat er das Zimmer und schlich in Richtung Bett. Dann blieb er wie angewurzelt stehen. Da

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