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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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flüsterte er jetzt - „der scheint sich vor freien Menschen zu fürchten. Du hast es vorhin am Feuer gehört, er gedenkt zukünftig sogar die Könige zu unterjochen. Dem einfachen Volk hingegen, das eh schon unterjocht ist, setzt er Luzifers Lumpengesind` vor die Nase. Damit schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe."
    "Und gewinnt an Macht über die Welt?"
    "Beim Loch ist die Kuh fett, ja, so ist es. Du bist gar nicht so dumm.“ Fahrig strich sich Olivier das Haar aus der Stirn „Ich trage zwei Winter lang kein Hemd unterm Wams, wenn ich in dieser Sache nicht recht behalte!“
    Im Schein der Fackel sieht Olivier alt aus , dachte Damian bei sich. Überhaupt hatte sich der Freund in den zwei Jahren, die sie im Exil in England verbracht hatten, stark verändert. Er hatte einen Adamsapfel bekommen, war schmal und knochig, aber zugleich außergewöhnlich stark geworden. Derzeit vermochte kaum ein Knappe das Schwert zu führen wie er. Aber es steckte zugleich eine große Unruhe in ihm. Seit seiner Entführung auf der Garonne war er rastlos und misstrauisch gegenüber jedermann. Streitsüchtig. Das schlimme Erlebnis und das anschließende Krankenlager – sie beide hatten an der Schlacht von Muret nicht teilgenommen - gab ihm aber nicht das Recht, ihn, Damian, ständig zu verspotten. Und dass ihm gerade erst ein zarter Flaum im Gesicht wuchs, während sich Olivier angeblich alle zwei Tage den schwarzen Bart scheren musste, lag doch einzig am unterschiedlichen Alter.
    „Weißt du was?“, knurrte er, als Olivier erneut von den Katharern anfing, „ du gibst zuviel auf das Gerede deiner Leute, und ich hab nicht die geringste Lust, die halbe Nacht hier draußen zu verbringen, um über den Teufel zu reden!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und machte sich auf den Weg zurück in dieses moosbewachsene bröckelnde Geisterhaus - einem riesigen, nach Fäkalien stinkenden, quadratischen Turm, stark befestigt und mit zahlreichen Nebengebäuden und Stallungen versehen. Die Grafen von Toulouse und ihre Barone bewohnten hier mehrere Stockwerke, angefüllt mit wurmstichigen Truhen und mottenzerfressenen Bildteppichen an den Wänden.
    „Feigling!“, zischte ihm Olivier hinterher, aber er folgte ihm. Der Kies knirschte unter ihren Füßen. Sie betraten über den Hofeingang den Turm und schoben hinter sich den Riegel zu. In der mit Fackeln erhellten Vorhalle saßen mit angezogenen Beinen zwei römische Wächter auf dem Stroh, neben sich griffbereit die Lanzen, sowie ein Korb mit Äpfeln. Sie kauten und grüßten nur knapp.
    Damian wunderte sich zwar, dass um diese Zeit der schwere Balkenriegel des Eingangstores noch nicht vorgeschoben war, führte dies aber darauf zurück, dass hier in Rom und besonders in diesem merkwürdigen Palazzo ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Den Conte – es sollte sich um einen schrulligen alten Mann handeln - hatten sie überhaupt noch nicht zu Gesicht bekommen.
    Auf der Treppe nach oben warf Damian einen weiteren flüchtigen Blick auf seinen Freund: Der Mund ein Strich! Nun, Olivier hatte keinen Grund beleidigt zu sein. Wer hatte denn wen einen Dummkopf und Feigling genannt!
    Vor dem Eingang zu ihrer Unterkunft hielten mit überkreuzten Lanzen zwei junge Tolosaner Wache, die auch in England mit dabei gewesen waren. „Wo habt ihr euch bloß so lange herumgetrieben“, nörgelte der eine, während der andere eine derbe Bemerkung über die römischen Huren machte.
    „Halt`s Maul, Jehan, und lass uns rein“, zischte Olivier ungehalten.

    Nicht zum ersten Mal seit ihrer Zeit als Knappen wünschten sich die Freunde keine gute Nacht. Doch während Olivier sofort gleichmäßig atmete, wälzte sich Damian unruhig auf seinem Strohsack herum. Irgendwann stand er noch einmal auf, um die obere Ladenklappe zuzuziehen, denn es zog. Wie zufällig fiel sein Blick hinunter auf die Straße. Er stutzte. Da stand ein dunkel gekleideter Mann vor der Zypresse, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.
    Obwohl er kalte Füße hatte, blieb Damian stehen und beobachtete ihn. Dass sich in Rom und obendrein in der Nacht allerlei zwielichtiges Gesindel herumtrieb, war bekannt. Erst gestern hatte er den alten Grafen sagen hören, diese Stadt sei die Brutstätte aller Laster.
    Doch je länger er den Fremden beäugte, desto eigenartiger fühlte sich Damian. Es war fast wie damals, vor dem Überfall auf Saint-Polycarpe. Besaß er vielleicht ein Gespür für heraufziehendes Unheil?
    Mit einem Mal hob der Kerl den Arm. Gab er

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