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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Buße zu tun. Zwar billigte er ihm für seinen Lebensunterhalt eine jährliche Rente zu, jedoch nur so lange, als sich Raymond gehorsam zeigte. Raymonds Gemahlin Leonora beließ Innozenz „großzügig“, wie er darlegte, die Ländereien ihrer Mitgift oder sicherte ihr gleichwertigen Ersatz dafür zu. „Alle von den Kreuzfahrern eroberten Gebiete, einschließlich Toulouse, dem Mittelpunkt der Ketzerei“, verkündete Innozenz gleichmütig und kühl, „werden Simon von Montfort zuerkannt, diesem mutigen und rechtgläubigen Mann.“ Und hatte der Heilige Vater in der ersten Anhörung Montfort noch deutlich kritisiert, so pries er ihn nun in Abwesenheit als das „Hauptwerkzeug des Glaubenssieges“ und verlieh ihm offiziell den Titel des Grafen von Toulouse.
    Die Besitzungen der Markgrafschaft Provençe indes, die Montfort ebenfalls erobert hatte, überstellte der Papst nun der Kirche, um sie, wie er darlegte, für den jungen, jetzt achtzehnjährigen Grafen Roç zu verwalten, der auf ihn, Innozenz, einen außerordentlich günstigen Eindruck gemacht hätte. „Zeigt Roç von Toulouse sich zukünftig würdig“, sagte er, „wird man ihm diese Ländereien irgendwann übergeben, entweder ganz oder teilweise - je nachdem wie Wir es für geeignet halten.“

    Die Urkunde mit dem endgültigen Urteil, die der Heilige Vater Raymond von Toulouse abschließend persönlich überreichte, brachte diesen an den Rand des Zusammenbruchs, denn sie endete mit folgenden Befehlen: „ ... dass der Graf den Frieden einhalte und desgleichen sein Gefolge; ... dass er heute und immerdar auf Söldnerbanden verzichte; ... dass er den Klerikern ihre Gefälle und Abgaben zurückgebe; ... dass er die verderbten Juden aus seinem Schutz entlasse; ... dass er die Anhänger der Ketzer ausliefere, und dies innerhalb eines Jahres, und ... dass er all ihre Burgen und Festungen zerstöre.
    Innozenz befahl Raymond obendrein, übers Meer zum Jordan zu fahren und dort so lange zu verweilen, wie es die Kardinäle von Rom oder Er, ihr Statthalter, für richtig hielten. Schließlich sollte er in einen Orden eintreten, in den des Tempels oder den des Heiligen Johannes.

    Während Raymond die Stadt am Tiber zutiefst enttäuscht verließ, tat dies Roç nicht ohne Zuversicht, denn er hatte es bei einer letzten Privataudienz geschickt verstanden, Innozenz erneut für sich einzunehmen. Ja, der Heilige Vater hatte ihm im Beisein von Thedisius und Benevent einen klugen Rat gegeben, der sogar schriftlich festgehalten worden war:
    „Nimm nicht, was anderen gehört“, hatte Innozenz zu Roç gesagt und ihm dabei tief in die Augen gesehen, „aber verteidige das Deine.“
    Als sie das Schiff bestiegen, hörte Damian, wie Roç seinem Vater und dem Grafen von Foix zuraunte, er gedächte Innozenz` Rat auf seine Weise zu beherzigen.
    Auf seine Weise? Damian, niedergeschlagen, denn der Fall seiner Mutter war nicht einmal bis zum Vorzimmer des Papstes gelangt, presste die Lippen zusammen. So wie er seinen ungestümen Herrn kannte, bedeutete das nur eines: Krieg.

    „Leonora! Leonora!“ Ohne Vorwarnung platzte Sancha in das Gemach ihrer Schwester. „Eine Nau kommt von Osten gesegelt. Ob es sich um unsere Gemahle handelt?“
    Die Gräfin hob überrascht die Brauen und übergab ihrer Dame das Geschmeide, das sie am gestrigen Abend getragen hatte. „Aus Rom? Wirklich?
    „Ja, gewiss!“ Sancha strahlte und mit einem Mal leuchteten auch Leonoras Augen.
    „Aber vielleicht ist es nur ein Handelsschiff?"
    „Um diese Jahreszeit? Nein, Schwester, ich fühle, sie sind es und sie haben Erfolg gehabt in Rom. Bestimmt wird jetzt alles gut.“
    Bereits beim Aufwachen war Sancha seltsam unruhig gewesen, als hätte sie geahnt, dass sich heute etwas Besonderes ereignen würde. Und noch bevor Gala ihr den Zopf geflochten hatte, war sie im pelzgefütterten Umhang die schmale Wendeltreppe des Turms hinaufgeeilt. Auf der zinnengekrönten Plattform herrschte eine stürmische Brise. Doch Sancha scherte sich nicht darum, dass ihr Haar flatterte und wie eine Wetterfahne ständig die Richtung änderte. Anders als auf dem Adlerturm von Toulouse, wo sie nach dem Baufortschritt der Kathedrale Ausschau hielt, galt hier oben ihr Interesse dem Meer, auf dem an diesem Morgen weiße Schaumkronen tanzten. Dann richtete sie ihr Augenmerk auf den Halbkranz der düsteren, teils noch schneebedeckten Albèresberge, von wo oft, vor allem im Sommer, ein unangenehmer Fallwind herüberkam. Zuletzt studierte sie

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