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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Hagelstein wird gleich da sein“, sagte die Gräfin zu Pecaire, „er bereitet Euch in der Küche einen Heiltrunk zu.“
    „Vielleicht solltet Ihr den Zobel noch eine Weile auf dem Kopf behalten“, meinte hingegen Damian, „es ist Winter und ...“
    „Lang ... Win ...“ Der schiefe Mund rang mit einem Lächeln und behielt die Oberhand. Irgendwann begann Pecaire sonderbar zu keuchen.
    Hagelstein eilte herein, gefolgt von Gala, die einen Tiegel trug, aus dem Dampf aufstieg. Der Narr, noch immer blass und über die Maßen ernst, wie es Damian vorkam, setzte sich neben den Alten und träufelte ihm mit einem Löffel eine fuchsbraune Flüssigkeit in den Mund, von der jedoch das meiste seitlich wieder herauslief.
    „Unser Gastgeber ist hinfällig und schwach“, sagte er nach einer Weile und legte den Löffel beiseite. „Er will sterben. Halten wir ihn nicht auf. Beten wir für seine Seele.“
    Ein einziges Mal noch kam Aniort von Pecaire zu sich, bevor sein Lebenslicht mit der letzten Fackel erlosch, die an der Wand flackerte. „Gruft“, sagte er laut und deutlich. „Begrabt mich in ...“ Dann verschied er.
    Die Frau des Knechtes, laut weinend, brachte das Totenhemd und ihr Mann entfernte die Bretter vom Fenster, damit die Seele entweichen konnte. Damian wusch den Toten, kleidete ihn an, schloss ihm Augen und Mund. Dann drückte er ihm das goldene Kruzifix in die Hand, mit dem er sich bei seiner Ankunft ausgewiesen hatte. „Behalte es bei dir“, hatte der alte Herr zu ihm gesagt, „du wirst es bald brauchen. Du bist mein Erbe.“ Nun war es soweit. Der Erbfall trat ein und er, Damian hatte als Hinterbliebener dem Burgherrn die letzte Schuldigkeit zu erweisen. Mit einem warmen Gefühl der Dankbarkeit wachte und betete er an Pecaires Seite bis zum Morgengrauen.

    Nach der Gruft befragt, teilte ihnen der Knecht am nächsten Tag achselzuckend mit, er wisse von keiner. Auch der Dorfpriester, der zum Versehgang gerufen worden war und Pecaire dreimal das Kreuzzeichen auf die Stirn malte, schüttelte den Kopf und verwies auf die Familiengräber hinter der Kapelle. Aber weil der Boden gefroren war, kamen sie überein, den Leichnam, bis es taute, in der Brunnenkammer aufzubahren.

    Als Gala das Gemach des Alten säuberte und dabei all die Felle, Kissen und Decken in eine benachbarte Kammer zum Auslüften brachte, entdeckte sie, eingeschlagen in ein Schafsfell, einen großen Schlüssel. Sie rief nach Damian, der bereits überall nach dem Kapellenschlüssel gesucht hatte.
    „Auf ein Wort, Gala,“, sagt er zu ihr, nachdem er sich bedankt hatte. „Der Zeitpunkt mag dir, so kurz nach dem Tod eines Menschen, unschicklich vorkommen, aber … „Kurz gesagt: Ich mag dich, Gala, und ich möchte in ein, zwei Jahren bei der Gräfin um deine Hand anhalten. Was sagst du dazu?“
    Galas Augen begannen zu leuchten, und auf ihren Wangen kamen die Grübchen zum Vorschein, die Damian so gefielen. Bewundernd sah sie zu ihm auf. „Ich mag dich auch. Aber hast du es dir auch gut überlegt? Vielleicht ist ja das Abenteuer dein Glück und du ziehst mit Olivier in die Ferne. Oder die Gräfin führt dir irgendwann eine Frau von Adel zu.“
    „Ich will dich heiraten. Dich und keine andere!“ Er strich ihr übers Haar, zupfte ein paar Spinnweben heraus, die sich dort verfangen hatten, dann bückte er sich und küsste sie. Gala schlang die Arme um ihn, erwiderte seinen Kuss und gab ihm ihr Versprechen.

    Die unscheinbare Kapelle, an drei Seiten eingesponnen von rauem Brombeergerank, besaß eine gemauerte Espadaña auf dem First, die mit zwei kleinen Glocken bestückt war, sowie ein vergittertes Fensterloch oberhalb der Eingangstür. Sie räumten den Schnee weg, schoben zu zweit den schweren Riegel auf, dann steckte Damian mit klammen Fingern den Schlüssel ins Schloss. Er passte. Als sie die Tür aufstießen, knarzten leise die Angeln.
    Mit einer Fackel in der Hand schritt Damian voraus. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich umsah. Wieso war das Zelt Gottes leergeräumt? Kein Altar, kein Taufbecken, kein Weihbrunnen, keine Heiligenfiguren, kein Kruzifix – nichts.
    „Bei Gott, seht euch die Wände an“, hörte er die Gräfin neben sich sagen, und eine mächtige Atemwolke folgte ihren Worten. „Was hat das zu bedeuten?“
    „Ihr habt mir ja nicht glauben wollen!“, merkte Hagelstein eitel an.
    „Die Schrecknisse der Apokalypse, Herrin“, erklärte ihr Damian leise. Er fasste nach Galas Hand; es war ihm gleich, was die

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