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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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stand ein Stück offen und die behaarte Brust hob und senkte sich regelmäßig. Vorsichtig lupfte sie die Decke und warf einen Blick nach unten, auf seine schmalen Hüften, die dunklen, gekräuselten Haare und sein Geschlecht. Der Anblick dieses schönen, jungen Mannes erregte sie und sie atmete – obwohl sie nicht von der Unzucht besessen war – mit einem Mal schneller vor Verlangen. Sieben Jahre waren seit ihrer Eheschließung vergangen. Sieben Jahre, in denen sie vielleicht zehnmal den Beischlaf vollzogen hatten, wobei Roç sie weder vorher noch nachher - das sollte man festhalten! - geküsst hatte. Auch heute war sie ihm jede Freundlichkeit, jedoch nicht die kleinste Liebkosung wert gewesen. Himmel, sie hatte doch keinen Mönch geheiratet! Andererseits ... ein bisschen war sie sogar stolz auf ihn: Roç war nicht käuflich! Hätte er sich nämlich ausgerechnet heute anders als sonst verhalten, wäre er mit heißen Liebesworten und Zärtlichkeiten zu ihr ins Bett gekrochen, würde das Gold eine Rolle gespielt haben. Dennoch, die Sehnsucht nach seiner Umarmung - nach einer Umarmung - zog ihr fast den Boden unter den Füßen weg.
    Sie wischte sich die Tränen ab, trat ans Fenster, zog den schweren Vorhang beiseite und stellte sich auf die Zehenspitzen. Drohend zerschnitt vor ihr der Turm der Kathedrale die Nacht. Kaum Sterne am Himmel. Sie lauschte: Schlurfende Schritte auf der Straße. Die Wächter der Nacht. Ein bellender Hund. Ein zweiter fiel ein. Eine geifernde hohe Stimme weckte einen Säugling auf. Das Kind schrie ...
    Sancha seufzte tief. Nie würde sie eines zur Welt bringen, nie!
    Sie deckte Roç wieder zu, blies das Nachtlicht aus und legte sich nieder. Wie sie es als kleines Mädchen oft getan hatte, wiegte sie sich eine Weile hin und her, dann jedoch zog sie - ganz die alte Sancha - entschlossen die Decke bis über den Kopf und sank endlich in einen Schlaf voll wirrer Träume, in denen die Leute ihren Roç - lorbeergeschmückt - huldigten, Damian Schafe und Zicklein hütete und der merkwürdige Fries im Gemach des alten Pecaire ihr ein Rätsel aufgab. Sie selbst hatte sich darin unter die Prozession der Helden und Jungfrauen gemischt, hielt jedoch in ihrem alten, maurischen Spiegel aus Silber und Glas verzweifelt Ausschau nach dem rechten Weg.

    „Der Graf von Montfort ist nicht unverletzlich“, widersprach Roç einem älteren Ritter mit galliggelber Gesichtsfarbe. „Wir müssen jetzt klug wie die Schlangen sein, uns aber nach außen wie unschuldige Tauben geben.“
    Erneut hatte sich das tolosanische Lager in der Kirche Notre Dame du Taur versammelt, denn es war ihnen zu Ohren gekommen, dass Montfort frische Kreuzfahrer erwartete – angeworben von Elize, seiner Frau. Dies hatte zumindest Kardinal Bertrand, der neue Apostolische Legat, verlauten lassen. Andere Nachrichten besagten dagegen, Bischof Fulco und Elize wären noch gar nicht losgeritten, nach Paris.
    Die Raymonds, flankiert von Damian und Olivier, standen auf der obersten marmornen Altarstufe. Direkt unter ihnen die Grafen von Foix, Vater und Sohn, sowie der Graf von Comminges. Alle anderen Barone und Ritter waren im Halbkreis um den Altar herum versammelt.
    „Klug wie die Schlangen, Graf Roç?“, fragte der gallige Ritter, dessen warmer Umhang mit einem silbernen Wolfskopfring geschlossen war. Er grinste unverschämt. „Hm ... wie wollen wir das denn anstellen?“ Beifallheischend blickte der Mann in die Runde und zuckte mehrmals gespielt ratlos die Schultern.
    „Wir haben keine Zeit, uns hier zu belustigen, Adhémar!“, schnaubte Ramon von Foix. „Toulouse ist unser aller Troja. Kommen wir zur Sache. Ich bin für dieselbe Strategie, die bei der Rückeroberung von Beaucaire so erfolgreich war. Es ist unsere einzige Chance, den Feind endgültig zu besiegen.“ Mit seiner verstümmelten rechten Hand - eine Verletzung, die er sich in Muret zugezogen hatte - fuhr er sich übers Gesicht.
    „So denkt Ihr an weitere Schutzwälle, Graf?“, rief Lévy, der Geldwechsler aus der Rue des Nobles, hektisch den hohen Hut in der Hand drehend. Sein eisengrauer Bart zitterte.
    „Ganz recht!“ Roç und Foix hatten wie aus einem Mund gesprochen. Foix gab dem Jüngeren den Vortritt.
    „Wir beabsichtigen in der Tat weitere Gräben auszuheben, die Barbakanen uneinnehmbar zu machen und in jeder größeren Straße sowie auf allen wichtigen Plätzen der Stadt Sperren zu errichten. Wir spannen schwere Ketten auf, die kein feindlicher Reiter durchbrechen

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