Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
geweigert, in eine Stadt zu reisen, die seit kurzem als äußerst ungesund galt. Und nachdem ausgerechnet Thedisius als einer der ersten erkrankt war - niemand wusste genau, woran -, erzählte man sich in kirchlichen Kreisen mit bissigem Spott, die Seuche sei offenbar zur rechten Zeit ausgebrochen, um das Konzil wieder absagen zu können.
In der Nacht fasste Montfort einen weitreichenden Entschluss: Er würde ein eigenes Konzil ausrufen. Er allein! Eine Ständeversammlung sollte sich daran anschließen, eine Zusammenkunft des gesamten Adels und Klerus` des Nordens, bei der er – und nicht etwa Thedisius oder gar Amaury mit seinem Gefistele - ein bestimmtes Gesetzeswerk verabschiedete, das ihm, Elize und seinen Kindern Sicherheit und dem Land die Rückkehr zum rechten Glauben versprach. Bei seiner Ankunft in Muret stellte er seine Pläne Guido vor (der seinerzeit mit leeren Händen von Saint-Polycarpe zurückgekehrt war – der Balken war von anderer Hand bereits herausgesägt worden).
„Rom hat mir wahrlich übel mitgespielt“, klagte Montfort. „Ich fühle mich, als hätte man mir über Nacht das Haus über dem Kopf angesteckt. Mit gierigen Händen soll ich nach Ländern gegriffen haben, die angeblich niemals im Verdacht der Häresie standen. Und jetzt befiehlt man mir, die strittigen Gebiete wieder zurückzugeben und die Rechte ihrer legitimen Herren anzuerkennen. Aber ich denke nicht daran. Ich arbeite Tag und Nacht. Ich muss sehen, dass mein geplantes Gesetzeswerk durchgeht.“
Guido verzog den Mund. „Und Toulouse? Sitzen da plötzlich auch nur gute Katholiken?“
„Alors , die Grafschaften Toulouse und Foix gelten noch immer als Ketzerländer, sagt Innozenz, Brutstätten der häretischen Pest. Sie können selbstverständlich bekriegt werden. Meine Schlussfolgerung ist: Traue niemandem mehr über den Weg - auch nicht dem römischen Oberschmeichler Thedisius. Putain de Merde! Wer weiß, was sie hinter meinem Rücken in Rom erzählt haben, um ihre eigenen Saumseligkeiten und Begierden zu vertuschen und sich ins rechte Licht zu setzen.“
„Beruhige dich, in erster Linie bist du der Almohaden wegen ins Hintertreffen geraten. Immerhin hat die Christenheit einen glorreichen Sieg über sie errungen.“
„Zum hundertsten Mal, das weiß ich alles!“ Aufgebracht stapfte Montfort durch das Zelt und stieß dabei einen Schemel um. „Ich frage mich nur, was geschieht, wenn sich Toulouse und Aragón tatsächlich verbünden, um im nächsten Sommer geschlossen gegen mich zu ziehen? Stellt Pedro Toulouse unter seinen Schutz, sind mir die Hände gebunden, denn ich bin sein Vasall, was Carcassonne betrifft.“
Guido runzelte die Stirn. „Ich sehe nur eine Lösung: Du kündigst dem König die Vasallenschaft auf und sagst ihm den Krieg an.“
„Dafür fehlen mir die Soldaten ...“
„Oder du kommst dem Bündnis zuvor, indem du Toulouse noch in diesem Jahr in deine Gewalt bringst. Ein Überraschungsangriff.“
„Aber wie? Sag mir das, Guido! Ein Jahr vergeht wie ein Tag und unser Kranz von Stützpunkten rings um die Stadt hat uns bislang kein Stück weitergebracht, geschweige denn die Überraschungsangriffe. Niemand in Rom oder Paris macht sich einen Begriff von der Größe und Lage dieser Stadt. Gut, ich kann wieder und wieder die Getreidefelder, Obst- und Gemüsegärten verwüsten lassen, und die Weinberge, aber damit ist die Stadt noch lange nicht ausgehungert. Die Raymonds und ihre verfluchten Konsule haben vorgesorgt. Obendrein können wir unsere eigenen Leute derzeit nicht halten. Die Feiglinge, die Hasenfüße und Memmen vermehren sich abermals wie die Fliegen.“
„Die Garonne ist schuld, Simon! Die Soldaten hassen den Fluss. Beim geringsten Regen schwillt er an wie ein Ungeheuer, und unsere Männer ersaufen bei dem Versuch, ans andere Ufer zu gelangen, noch bevor sie einen einzigen Pfeil abschießen. Überhaupt: Was für ein Land! Nichts als reißende Wasser, Schluchten, Fels und Hitze. Die Hitze hat mir in diesem Sommer selbst zu schaffen gemacht!“
„ Alors , das musst du mir nicht erzählen, Guido. Erinnere dich an die Eroberung der Burg Penne. Die Erzbischöfe von Rouen und Aubry waren mit dabei. Du hattest im Osten deine Zelte aufgeschlagen. Da ist mir eine ganze Schar guter Männer in der glühenden Sonne zusammengebrochen. Wäre Elize an diesem Tag nicht gekommen, um die Geschwächten nach Carcassonne zu bringen – sie wären heute allesamt tot. Tot! Versteh doch, Guido, es wird wieder
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