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Mythor - 044 - Piraten der Wüste

Mythor - 044 - Piraten der Wüste

Titel: Mythor - 044 - Piraten der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner K. Giesa
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W. K. Giesa
    Piraten der Wüste
    Die Wolkendecke riss auf. Schlagartig wurde das leuchtende Farbband am Südhimmel blasser. Hinter den aufbrechenden Wolkenbänken stieg die Sonne auf und brachte die Morgendämmerung. Das eigenartig dunkle Farbband wurde zu einem verwaschenen Etwas, düster und drohend. Ein aufblitzender Funke, der langsam versank, verschwand im Dunkel.
    Langsam wurde es hell. Die Nächte waren nicht mehr so lang, und in diesen südlichen Gefilden währte die Dämmerung nicht so lang wie im Norden. Es dauerte nicht lange, bis es taghell war, aber im Süden blieb das düstere Grau hoch am Himmel heller und tief am Boden fast schwarz.
    Die Düsterzone!
    Sie war schon deutlich zu sehen, darüber die eigenartige, hinter ihr liegende und allem Anschein nach höher aufragende Schattenzone. Der Brennpunkt des Bösen, das seine Klauen nach der übrigen Welt ausstreckte und sie zu verschlingen trachtete wie ein nimmersatter Moloch.
    Wie Nebel, hinter dem ein Regenbogen schimmerte, der nach oben hin heller wurde, wallte und drohte die Schattenzone. Das Leuchten, das die Nacht beherrschte, war jetzt vergangen. Ein eigenartiges Phänomen, fand Mythor. Er schloss wieder die Augen und reckte seinen sehnigen, großen Körper auf dem Fell, das ihm als Unterlage diente. Dann kam sein Oberkörper mit einem jähen Ruck hoch, und er öffnete die Augen.
    Es war Morgen geworden.
    Er sah sich um. Ringsum gab es, von drei Ausnahmen abgesehen, nur Piraten. Die meisten waren bereits beschäftigt; ein paar Feuer knisterten, und irgendwelche Tiere drehten sich an den Bratspießen.
    Mythor kam auf die Knie. Eine Hand tastete über das Fell hinaus und traf auf eine kristallische Substanz, die bemerkenswert hart und ausgetrocknet war. Salz. Überall war Salz. Sie befanden sich weit draußen auf einem riesigen ausgetrockneten Salzsee. Salz und Piraten! Mythor war sicher, für ein paar Wochen lang Salz nicht einmal riechen zu können, ohne dass er Jassams hässliche Visage vor seinem geistigen Auge sah.
    Aber da war auch eine hübsche Erinnerung. Prinzessin Shezad, eine der vielen Tochter des Shallad Hadamur. Sie war kompakt gebaut, besaß aber dennoch ihre Reize. Aber nicht wegen ihrer Schönheit hatten Jassams Piraten sie aus dem Palast in Horai entführt…
    Der andere Nicht-Pirat außer Mythor war der Rafher No-Ango. Sie alle befanden sich in der Hand der Piraten. Eine Flucht hier draußen auf dem Salzspiegel war illusorisch. Auch wenn sie keine Fesseln trugen, waren sie Gefangene. Sie mochten vielleicht aus dem Lager entkommen, aber obgleich es wegen der nahen Düsterzone kühl und das Jahr noch jung war, brannte die Sonne mittags heiß vom Himmel und dörrte die Kehle aus. Und ringsum gab es nur Salz.
    Von Wasser konnte man nur träumen, wenn man sich nicht gerade im Lager der Piraten aufhielt. Hier gab es riesige Behälter, aus Holz gezimmert und mit Pech sorgsam abgedichtet, dass nicht ein einziger Tropfen entweichen konnte.
    Mythor ahnte, dass das Wasser die schwache Stelle der Piraten war, aber spätestens seit sich die Gefangenen im Lager befanden, wurden die Behälter bewacht. Und selbst wenn man sie zerstörte, hatten die Piraten Gelegenheit genug, Ersatz zu beschaffen. Sie besaßen eine Flotte von etwa fünfzig Wüstenseglern, in deren flachen Rümpfen sich Frischwasservorräte befanden, und mit ihnen konnte man innerhalb kurzer Zeit den Salzspiegel verlassen und Frischwasserreserven aus den Flüssen des Festlands heranschaffen. Das war im Grunde das kleinste Problem.
    Das größte Problem für die Piraten war, dass ihr Anführer Tashan sich im Kerker der Festung von Horai befand, zum Tode verurteilt worden war und seiner Hinrichtung harrte.
    Das größte Problem für die Soldaten des Shallad war, dass die Piraten ihrerseits Prinzessin Shezad entführt hatten, um sie gegen Tashan auszutauschen.
    Das größte Problem Mythors war, dass er mitten in diese Auseinandersetzung geraten war. Und der Sohn des Kometen befürchtete, dass sich die Dinge noch weiterentwickeln würden.
    Er sollte recht behalten.
    *
    »Dieses Biest bringt mich um den Verstand«, murmelte Jassam. »Warum muss der Shallad ausgerechnet eine dermaßen eigenwillige unter seinen vielen Töchtern haben?« Entsagungsvoll sah er hinüber zu jener Salzwucherung, hinter der sich im Moment die Prinzessin aufhielt – in Gesellschaft zweier Frauen, die ihr dabei halfen, nach der wahrscheinlich schlaflosen Nacht wieder Mensch zu werden. »Zofen«, knurrte Jassam.

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