Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
jemandem ein Zeichen?
Damian stellte sich auf die Zehenspitzen, drehte den Kopf und lauschte. Hufgeklapper, das sich entfernte. Katzenschreie. Ein Tor, das sich öffnete? Kein Scheunentor wie seinerzeit, als sie im härenen Sack steckten, es hörte sich an wie das schwere, eisenbeschlagene des Palazzos. Sollte er Olivier wecken? ... Da! Jemand überquerte über die Straße. Einer der Torwächter? Die beiden steckten die Köpfe zusammen. Der Kapuzenmann griff in seinen Umhang und zog etwas heraus. Kein Messer - einen Beutel! Judaslohn?
Alles ging rasend schnell. Kaum, dass der andere die Geldkatze eingesteckt hatte, setzte er wieder über die Straße. Abermals quietschte das Tor - und nun wurde hörbar der Riegel vorgelegt.
Der Fremde musterte kurz das Palatium – Damian trat einen Schritt zurück - drehte sich dann jedoch auf dem Absatz um und verschwand mit wehendem Umhang im gegenüberliegenden Pinienhain.
Verunsichert legte sich Damian auf sein Bett.
Am 14. November war es endlich soweit: Meister Córb, der Hofchronist, hielt für die okzitanische Seite gewissenhaft jedes Wort fest, das im Lateran zu den Besitzverhältnissen des Grafen von Toulouse und seiner Barone fiel.
Für Simon von Montfort, der sich in sein Winterquartier nach Carcassonne zurückgezogen hatte, waren als Fürsprecher sein Bruder Guido, Bischof Fulco und Arnaud Amaury gekommen, jeweils mit großem Gefolge und eigenen Sekretären.
Die Tiara mit dem dreifachen Kronenreif gleißte im Licht der Kerzen - wie auch das breite, mit Goldfäden und Bildnissen der Evangelisten bestickte Pallium, das Innozenz über einem schlichten Gewand trug. Nachdem er das aufgeregte Stimmengewirr allein durch sein Erscheinen zum Verstummen gebracht hatte, zählte er nach der Begrüßung mit leiser Stimme die Anstrengungen auf, die die Kirche gemacht hätte, wie er sagte, um Okzitanien von der Ketzerei zu befreien. Dann kam er überraschend schnell und deutlich zur Sache.
„Raymond, der Graf von Toulouse“, erklärte er, „hat durch einen notariellen Akt seine sämtlichen Domänen dem Heiligen Stuhl als Sicherheit überlassen. Daraufhin wurde ihm die Absolution erteilt. Aus diesem Grunde sind seine Absetzung und die Konfiszierung seiner Güter, wie sie schriftlich und mündlich gefordert werden“ - er warf einen Blick auf Guido von Montfort - , „derzeit ausgeschlossen. Es gibt jedoch noch einen zweiten Grund, die Forderung zurückzuweisen: Es kam Uns zu Ohren“, fuhr er mit jetzt dringlicher Stimme fort, „dass Simon, der Graf von Montfort, Gebiete, Orte und Burgen, die er erobert hat, bestimmten Gefährten überließ, die schwere Verfehlungen an dort ansässigen Rechtgläubigen begingen.“
Getuschel und Geraune im Saal.
Innozenz wartete, bis Ruhe einkehrte. „Doch selbst wenn die hier anwesenden Grafen und Barone des Südens aufgrund ihrer Sünden verdient hätten, dass man ihnen ihre Ländereien nimmt“, fuhr er fort und nun bedachte er Raymond und Ro ç mit ernstem Blick, „mit welchem Recht darf man ihre Söhne enterben?“
Auf diese Einlassung hin meldete sich eilfertig der Graf von Foix zu Wort, um aus freien Stücken seine Reue und Opferbereitschaft unter Beweis zu stellen. Nach einem Fußfall vor dem Papstthron, gestand er mit großer Geste, seine bedeutendste Burg bereits dem hier anwesenden Kardinal-Legaten Peter von Benevent zu treuen Händen übergeben zu haben.
Benevent, der für Rom auch Raymonds Ländereien entgegengenommen hatte, bestätigte dies.
Foix` vorauseilender Gehorsam brachte indes Bischof Fulco in Rage.
„Ihr redet mit dem Schnabel eines Raben, Graf von Foix“, rief er aufgebracht, „dabei wimmelt es nur so von Ketzern in Eurer Grafschaft. Was ist, per exemplum, mit der Feste Montségur, jenem Drachenkopf, der in Euren Ländereien liegt und als Zufluchtsort für die Häretiker gilt? Ja, ist nicht Eure eigene Schwester Esclarmonde eine Katharerin? Eine ordinierte Perfekte gar? Und Ihr selbst? Jedermann nennt Euch den Rammbock Eures Herrn. Nimmermüde, wenn es gilt, aufrechte Christen zu verfolgen. Daher klage ich Euch öffentlich an, Euch des Massakers an den Pilgern von Montgey schuldig gemacht zu haben, vor vier Jahren, und ich klage Euch und Euren Sohn an ....“
Foix sprang auf und gebot Fulco Einhalt. „Erstens: Für die Verfehlungen meiner Schwester kann man nicht mich verantwortlich machen“, giftete er zurück, Schweißperlen auf der Stirn. „Zweitens: Über den Montségur habe ich keine
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