Relaistation Venus
Vorwort
Als Vater des geostationären Nachrichtensatelliten gilt Arthur C. Clarke. Im Oktober 1945 veröffentlichte er in WIRELESS WORLD seine Studie Extra-Terrestrial Relays. Damals erwartete er nicht, die Verwirklichung noch zu erleben; aber es dauerte nur 20 Jahre, bis Early Bird als erster auf Umlaufbahn ging.
Aber in der Science Fiction hatte es Raumstationen und künstliche Satelliten schon seit Edward Everett Hale’s 1869 veröffentlichter Story The Brick Moon gegeben. Im Oktober 1942 erschien in ASTOUNDING SCIENCE FICTION (heute ANALOG) die erste Story von George O. Smith, QRM-Interplanetary. Die Raumstation VENUS EQUILATERAL in dieser Story diente allein der Nachrichtenverbindung – wahrscheinlich erstmalig in der Science-Fiction. Viele weitere Stories folgten, die sich großer Beliebtheit bei den Lesern erfreuten. Unter ihnen war auch Arthur C. Clarke, der 1946 selbst unter die Science-Fiction-Schriftsteller gehen und bald zur Spitzenklasse vorstoßen sollte. Und vielleicht – so sagt er selber in einem Vorwort zu einer neuen Ausgabe der gesammelten Venus Equilateral -Stories – haben ihn gerade diese Geschichten etwas mitbeeinflußt, sich genauer mit der Idee des Nachrichtensatelliten auseinanderzusetzen.
Hat George O. Smith also den modernen Nachrichtensatelliten vorhergesehen? In gewisser Hinsicht sicherlich, wenn auch die Unterschiede beträchtlich sind. Aber das kann auch gar nicht anders sein. Entgegen einem weitverbreiteten Mißverständnis ist es nicht die Aufgabe des Science-Fiction-Schriftstellers, eine genaue Voraussage der Zukunft zu liefern. Diese Aufgabe könnte er beim besten Willen nicht erfüllen; was er tun kann, ist Möglichkeiten der Zukunft zu zeigen. Auch bei kühnster Entfaltung seiner Phantasie kann er das immer nur als Kind seiner Zeit tun, ausgehend von dem jeweils erreichten Stand von Wissenschaft und Technik; und auch bei Entwicklungen, die später wirklich eintreten, wird er mit den meisten Einzelheiten wahrscheinlich falsch liegen. Was zählt, sind aber nicht die Einzelheiten, sondern zu zeigen, daß etwas in Zukunft möglich sein und welche Folgen das vielleicht haben könnte.
Wie sieht es nun, fast 40 Jahre nachdem George O. Smith die erste der hier vorliegenden Geschichten zu Papier brachte, mit seinen Möglichkeiten aus?
Die Ionosphäre hat sich – bei Benutzung der richtigen Frequenzen – als keinerlei Hindernis herausgestellt. In der geostationären Umlaufbahn über dem Äquator drängen sich die Nachrichtensatelliten so, daß unter Einrechnung des notwendigen Sicherheitsabstands kaum mehr Platz ist. Ihre Übertragungskapazität übersteigt alles, was man sich vor 40 Jahren vorstellen konnte. Noch sind sie unbemannt, aber der Platzmangel in Umlaufbahn und die durch die Space Shuttle erweiterten Nutzlastmöglichkeiten haben bereits zu Planungen geführt, anstelle einzelner Satelliten große Plattformen einzusetzen, die eine Vielzahl von Antennen tragen können und zumindest zeitweise für Reparatur und Service eine Besatzung haben werden. Nachrichtenverbindungen mit unbemannten Sonden haben Meßdaten und Bilder von der Marsoberfläche und den Saturnringen zur Erde gebracht. Zur Nachführung der dabei benutzten Antennen wird nicht mühsam eine skurrile Nockenwelle gedreht, sondern ein Computerprogramm eingegeben.
Hat die Nachrichtentechnik die Ideen von Relaisstation Venus bereits eingeholt und teilweise übertroffen, so sieht es mit der Raumfahrt anders aus. Noch wird ausschließlich mit chemischen Treibstoffen gearbeitet; das elektrische Ionentriebwerk ist noch weitgehend eine Sache des Labors und wird auf absehbare Zeit nicht entfernt die Beschleunigungen liefern können, von denen in den Stories die Rede ist. Atomare Antriebe, die das eher könnten, haben nicht nur mit technologischen, sondern auch mit politischen Problemen zu kämpfen. Der Mond ist mit großem Aufwand erreicht worden, aber für bemannte Expeditionen zu anderen Planeten stehen die Aussichten im Zeichen allgemeiner Budgetkürzungen für die nächste Zeit ziemlich schlecht. Eine Kolonisierung anderer Planeten gar liegt in weiter Ferne, zumal die unbemannten Sonden das frühere Bild der Venus als einer jüngeren Erde zu einer unbewohnbaren Hölle korrigiert haben, und das des Mars zu einer unwirtlichen Mondlandschaft.
Die drahtlose Energieübertragung nach Art der alten Marsianer, von der schon der Elektrotechnik-Pionier Nikola Tesla geträumt hatte, scheint auch
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